Wenn es nach den Prognosen der Zukunftsforscher geht, hat das Auto für die Jugend -vor allem im urbanen Bereich - keine Bedeutung mehr. Verblüffend ist jedoch, dass all diesen Prognosen zum Trotz der Fahrzeugbestand kontinuierlich zunimmt. Nach einer Untersuchung von Prof. Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Duisburg-Essen kamen in Deutschland in den vergangenen 10 Jahren 5,8 Millionen dazu. Das war bis 2019 ein Anstieg um 14 Prozent. Dieser Trend hat auch vor den Großstädten nicht haltgemacht. In Berlin kletterte der Fahrzeugbestand um 11,3 Prozent auf 1,21 Millionen, in Hamburg betrug das Plus 11,7 und in München sogar 18,5 Prozent.
Kfz-Bestand steigt auch in Österreich
Ähnlich sieht es laut Statistik Austria in Österreich aus. Da stieg der Bestand in einem Dezennium um 16,2 Prozent auf zuletzt (2018) 4.978.852 Pkws. Die Pkw-Dichte ist mit 561 Einheiten je 1.000 Einwohner fast gleich hoch wie bei den Deutschen. Nur Wien, wo sich die Statistik auf den tatsächlichen städtischen Kernbereich beschränkt, ist anders. Und in diesem haben sich die Zahlen von 395 Pkws pro 1.000 Einwohner im Jahr 2007 auf 371 Stück rückläufig entwickelt.
Diese Zahlen zeigen, dass sich die Zukunftsforscher mit ihren Prognosen von zentralen urbanen Entwicklungen täuschen ließen. Das betrifft auch das jahrelang gehypte Carsharing. Ein Mobilitätsmodell, an dem sich schon manche trotz Fusionierungen wirtschaftlich die Finger verbrannt haben. Deutschlandweit sind magere 20.200 Fahrzeuge im Angebot. Das entspricht 0,04 Prozent des Pkw-Bestands.
Das Interesse am eigenen Auto bleibt also hoch. Aber wer kauft diese Autos - und welche werden gekauft? Und wo werden diese gekauft?
Nach den Plänen der Autokonzerne sollten die Konsumenten zur Senkung der Vertriebskosten ihr Auto via Internet direkt beim Produzenten kaufen. Nach den jüngsten Erhebungen, welche die OGM-Meinungsforscher im Auftrag des Wiener Fahrzeughandels durchgeführt haben, informieren sich 80 bis 100 Prozent der Käufer online, parallel dazu (mit 70 Prozent) auch beim Autohandel. Doch Online-Käufe kämen auch in Zukunft nur für 13 Prozent aller Österreicher infrage. Die Studie zeigt: Zum jetzigen Zeitpunkt wird der Kaufabschluss ausschließlich im Autohaus gemacht.
Zuerst Gebrauchte, dann Neuwagen
Eine breite Untersuchung über das Kaufverhalten wurde von der Nürnberger Marktforschung "puls" gemacht. Ausgewertet wurden 1.900 Neuwagen und 3.800 Gebrauchtwagenkäufe oder konkrete Kaufplanungen des Jahres 2018. Dabei ergab sich ein Durchschnittsalter von 48 bzw. 42 Jahren. Dabei erfolgt bei diesen Neuwagenkäufen meist ein Umstieg vom Gebrauchtwagen zum Neuwagen. Das trifft vor allem für teurere Marken zu. So haben 57,9 Prozent aller BMW-Neuwagenkäufer bereits vorher einen Gebrauchten dieser Marke gefahren. Bei Audi sind es rund 55 Prozent, Opel, VW, Citroën und Mercedes liegen mit rund 50 Prozent gleichauf. Bei Marken, die erst später Marktanteile erobert haben, wie etwa Skoda, Nissan oder Seat, liegt diese Markentreue nur zwischen rund 13 und 16 Prozent.
Ausgewertet wurde auch, ob oder wie intensiv die Käufer Apps nutzen. Da liegen Seat und Audi mit je 63 Prozent Kopf an Kopf vorn, gefolgt von Mercedes (61), BMW (58) und Opel (55 Prozent). Verblüffend ist dabei die Altersstruktur: Bei der App-Spitzengruppe - Navi- und Stauwarn-Apps - liegen die über 50-Jährigen mit 80 Prozent an der Spitze, die unter 35 Jahre nutzen dies nur zu 65 Prozent. Im Ranking an vierter Stelle rangieren die Fahrzeugbörsen-Apps. Die werden in der Altersgruppe 31 bis 50 Jahre zu 39 Prozent genutzt, bei der über 50 Jahre nur zu 26 Prozent. An neunter Stelle kommen Mitfahrgelegenheits-Apps, in die immerhin 27 Prozent der unter 30-Jährigen hineinschauen. Bei Personen über 50 Jahre sind es nur 9 Prozent - der geringste Wert aller App-Nutzungen.
Wie wird es nun mit der Mobilität weitergehen? Dem ist "willhaben.at" im September 2019 auf den Grund gegangen. Mehr als 1.000 reale Kaufinteressenten wurden online mit Fragebogen über ihre Perspektiven befragt. 90 Prozent wollen auch in 10 Jahren ein Auto besitzen - und nicht nur nutzen. Rund 76 Prozent gehen davon aus, in Zukunft auch gleich viel oder mehr mit ihrem Auto zu fahren. Einkäufe, Ausflüge und Urlaube stehen an der Spitze dieser Motivation.
Wie gut ist der Autohandel vorbereitet?
Full Service und alternative Antriebe werden bei den potenziellen Kunden in den nächsten fünf Jahren die Kaufentscheidung am meisten beeinflussen. 52 Prozent aller Befragten sind davon überzeugt, dass der Autohandel dafür gut vorbereitet ist. Rund 59 Prozent gehen davon aus, dass die Händler auch in Zukunft die gleiche Rolle spielen wie heute, 19 Prozent sehen dafür sogar eine steigende Notwendigkeit. Vor allem die Nachbetreuung nach dem Kauf steht für 88 Prozent bei der Kaufmotivation an der Spitze - mit weiterhin stark steigender Tendenz. Bei der Kaufentscheidung erwarten 68 Prozent der Autohändler für Jungwagenangebote, Kurzzulassungen und Garantien in den nächsten Jahren eine steigende Nachfrage.
Die Studien haben gezeigt, dass derartige Fahrzeugbörsen am stärksten Personen zwischen 30 und 50 Jahren ansprechen, Ältere nur zu 26 Prozent. Diese beiden Gruppen stellen das Gros aller Neuwagenkäufer. Es nutzt daher nichts, wenn die unter 30 Jahre von Elektroautos begeistert sind - denn das sind die typischen Gebrauchtwagenkunden. Sie werden vom E-Antrieb schwärmen - und in den nächsten Jahren weiterhin klassisch gebrauchte Verbrenner fahren.
Ing. Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, fasste die Strategie der Hersteller Ende November in der "AUTO-Information" zusammen: "Die einen geben Werte vor, einzelne planen Strafzahlungen und andere lassen einfach Modelle weg. Schwierig wird es dann, wenn wir Zahlen für Elektroautos vorgegeben bekommen. Diese werden vom Kunden noch nicht angenommen, weil nötige Werbung und in einzelnen Gemeinden die Infrastruktur fehlen. Viele Autos scheinen im Prospekt auf, doch wir bekommen diese nicht so schnell geliefert, wie wir sie für die CO2-Zielvorgaben brauchen."
Werden die Händler einen Teil der Strafe zahlen?
Was bedeutet das für den Handel? "Jeder Betrieb wird künftig für sich schauen müssen, ob er - wenn der Kunde ein bestimmtes Fahrzeug mit hohem Ausstoß haben will - dann noch die eigenen CO2-Ziele erreicht. Eine laufende Evaluierung, wo man steht, um nicht draufzuzahlen und Boni zu verlieren, wird unumgänglich sein."
Realistisch besteht die Gefahr, dass die Hersteller versuchen werden, zumindest einen Teil der zu erwartenden Strafzahlungen auf die Händler - als das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette - abzuwälzen.