Beginnen wir bei A wie Audi: Der Ende März 2020 ausscheidende Vorstandschef Bram Schot überraschte die rund 400 Kongress-Teilnehmer mit einer Entschuldigung, nämlich bei den Händlern der Marke mit den vier Ringen. Die Komplexität an Motoren-Getriebe-Kombinationen habe "Audi fast umgebracht", konstatierte Schot: Daher habe man in denvergangenen Monaten die Zahl der möglichen Kombinationen um 27 Prozent reduziert: Diese Komplexität habe auch dazu geführt, dass Audi im Herbst 2018 bei der Einführung von WLTP ein Desaster erlebt habe, weil man über weite Strecken nicht lieferfähig gewesen sei. "Wir haben die Händler im Stich gelassen. Es tut mir leid, das wird nicht mehr passieren."

Kommen wir zu M wie Mercedes: Der seit wenigen Monaten amtierende CEO Ola Källenius muss sparen an allen Ecken und Enden: Um die Masse der Arbeitnehmer zu finanziellen Zugeständnissen bewegen zu können, sollen laut Betriebsrat weltweit 1.100 Führungskräfte abgebaut werden. Anstatt dafür traditionelle Standorte zu bedienen, will das Management die Gesamtwirtschaftlichkeit jedes Projekts im Konzern durchleuchten. Konkret geht es um den elektrischen Antriebsstrang für die nächste Generation von E-Fahrzeugen in Untertürkheim. Am Standort, an dem 10.000 der 19.000 Jobs an Verbrennungsmotoren und Getrieben hängen, wäre das angesichts der Umstellung auf die deutlich weniger Aufwand erfordernde Elektromobilität mit Jobabbau verbunden. "Jetzt treffen wir Entscheidungen für Fertigungsarchitekturen von 2025 bis 2030. Da muss man vereinfachen und konsolidieren", so Källenius.

Wie weit werden Preise für E-Autos sinken?

Nächster Konzern, R wie Renault: In seinem Referat konzentrierte sich Olivier Murguet, Vice President Sales&Regions, vor allem auf Elektroautos. Heuer sei deren Absatz weltweit um 59 Prozent auf 1,031 Millionen Stück gestiegen. Auf Europa entfallen 228.000 Einheiten, auf China rund 586.000 Einheiten. Für 2020 rechnet Murguet mit etwa 2,9 Millionen Stück, 2025 werden sogar 10,6 Millionen neue E-Fahrzeuge weltweit erwartet -das wären etwa 10 Prozent des gesamten Absatzes. Gelingen werde dies, weil die Betriebskosten für die Kunden weiter sinken, so Murguet. Wenn man ein Fahrzeug im B-Segment auf 4 Jahre berechne, könne es schon 2021 so weit sein, dass ein E-Auto günstiger komme als ein Fahrzeug mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor, für die Murguet steigende Kosten vorhersagt - vor allem wegen der zusätzlichen technischen Erfordernisse zur Abgasreinigung. Oder P wie PSA: Dort bat Maxime Picat, Executive Vice President, um Geduld, was die mögliche Kooperation mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) betreffe. "Wir stehen erst am Anfang, werden aber dann, wenn alles läuft wie geplant, mit8,7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr der viertgrößte Hersteller der Welt sein", so Picat. Man habe durch die erfolgreiche Integration von Opel viel Erfahrung in diesem Bereich. "Die operative Marge von PSA lag 2013 noch bei -2,3 Prozent, heuer sollen es +8,7 Prozent sein. Das ist die höchste Marge in der Autoindustrie." Bis 2025 werde PSA 100 Prozent seiner Palette in einer elektrifizierten Version anbieten; im Vorjahr seien es 2 Prozent gewesen.

Noch einmal P, nämlich wie Polestar: Ein kleiner Hersteller wie Polestar könne nicht in allen Ländern zeitgleich starten, sagte Vorstandsvorsitzender Thomas Ingenlath: Vorerst wird Polestar, eine Tochter von Volvo und Geely, mit 25 "Polestar Spaces" in Europa, 20 in China und einigen in den USA (vor allem in Kalifornien) starten. Diese werden von Volvo-Händlern betrieben und sollen vorwiegend in Innenstädten angesiedelt sein. "Jene Partner, die in die Polestar Spaces investiert haben, werden prozentual an jedem Polestar, der in ihrem Gebiet verkauft wird, beteiligt -egal, ob der Kunde je im Polestar Space war oder nicht." Der Service erfolgt im bisherigen Volvo-Netzwerk. Ab Februar 2020 kommt der Polestar 2 auf den Markt: Dieses Auto richtet sich gegen den Tesla 3; der Preis soll zwischen 40.000 und 60.000 Euro liegen.

Weit bodenständiger ist weiterhin das Business von Seat: Laut Wayne Griffiths, Vice President Sales&Marketing bei Seat und CEO von Cupra, ist eine Rendite von 2 Prozent das Minimum dessen, was Autohändler haben sollten: "Unsere Händler sind da ganz gut mit dabei." Griffiths wies auch auf die Steigerungen hin, die Seat in den vergangenen Jahren erzielt hat: +53 Prozent beim Volumen und +51,9 Prozent beim Marktanteil seit 2016. Mit 46 Jahren liege das Durchschnittsalter der Neuwagen-Käufer bei Seat um 8 Jahre unter dem Durchschnitt in der Pkw-Branche, die Eroberungsrate sei bei 55 Prozent . Das biete große Chancen für die Zukunft. Bis 2021 sollen bei Seat 6 reinelektrisch betriebene Fahrzeuge bei Plug-in-Hybriden auf den Markt gebracht werden. Der Schlüssel, um Seat auf die nächsteStufe zu bringen, sei aber nun die Marke Cupra: Heuer habe man bereits 20.600 Cupra Ateca und Cupra Leon verkauft. Nächstes Jahr werde mit dem Launch des Cupra Formentor (Plug-in-Hybrid) die nächste Stufe gezündet. "Wir sehen Cupra als großes Potenzial zwischen dem Massenmarkt und den Premiummarken." Der el-born, ein rein elektrisch betriebener Seat in der Kompaktklasse, wird voraussichtlich 2020 bei den Händlern stehen.

Spannend war auch das Abendreferat von Günther Oettinger, Haushaltskommissar der Europäischen Union: "Man darf nicht nur die S-Klasse exportieren, sondern auch den Frieden." Sonst könnte es in den 6 Ländern des Westbalkans (Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien) möglicherweise zu (neuen) militärischen Auseinandersetzungen kommen. Die EU müsse aber auch zusammenhalten gegen China: "Die stehen früher auf als wir, duschen kürzer und kälter als wir und sagen sich: ,Die packen wir, weil sich die Deutschen ihre Autoindustrie ohnehin selbst zerstören.'" Zur Klimapolitik sagte Oettinger, dasses unrealistisch sei, dass Deutschland mit nur 1 Prozent Anteil an der Weltbevölkerung das Klima allein retten könne: "Aber ich bin gespannt, ob die deutsche Gesellschaft noch die Kraft hat, sich vor das Gutmenschentum der Greta&Co KG hinzustellen und zu sagen: ,So geht es nicht.'"