"Die Teile wollen was erzählen", war die Botschaft im Rahmen einer Werkstättenschulung von Schaeffler Aftermarket. Konkret ist damit gemeint, dass Verschleißerscheinungen an Motorenteilen von falschem oder zu lange verwendetem Motoröl zeugen. "Wenn die Teile trotz eines Service nach Herstellervorgaben nicht aussehen wie nach Herstellervorgaben, dann sollte man den Kunden damit konfrontieren und über die Ölwechselintervalle reden", so Schulungsleiter Jürgen Ballhause.

Die Technik hat sich in den vergangenen Jahren massiv geändert, und das kommt nun mit älteren Fahrzeugen auch verstärkt in den freien Werkstätten an. Schaltbare Tassenstößel, elektromagnetische Ventile, verstellbare Nockenwellen, filigranere Steuerketten, Kettenspanner: Die Bauteile sind komplexer und durch das Downsizing kleiner geworden. Die Toleranzen sind heute generell deutlich geringer.

Entscheidend ist das Öl

"Entscheidend für die Funktion ist immer das Öl - der Verschmutzungsgrad darf heute lediglich im Mü-Bereich liegen", so Ballhause. "Der Abrieb bleibt durch die verlängerten Ölwechselintervalle länger im Motor", ergänzt Ing. Peter Spatzierer von Lukoil die grundsätzliche Veränderung. Bei Überschreitung der Wechselintervalle werden zudem die Additive weniger und die Verschmutzung mehr.

Doch was hat die Schulung eines Teileherstellers mit dem Ölgeschäft zu tun? Die Erfahrungen der Fachleute, die intensiv mit freien Werkstätten und mit älteren Fahrzeugen zu tun haben, zeigen die tatsächlichen Auswirkungen von falschem, schlechtem oder zu lange genutztem Motoröl. Eine Entwicklung, die in Markenwerkstätten eher selten auftritt, aber natürlich bei jungen Fahrzeugen ihre Ursache hat.

Zunehmende Konsequenzen

"Es passiert viel zu wenig", beklagt beispielsweise Reinhold Amschl von Fuchs Schmierstoffe, und er meint damit die (noch) geringen Konsequenzen durch die Verwendung falscherÖle. Während ein großer Verschleiß mit entsprechender Reparatur oder gar ein Motorschaden heute noch selten auf den falschen Öleinsatz zurückgeführt wird und kaum der Werkstätte vorgeworfen wird, kann das Thema durch verlängerte Garantielaufzeiten, aber auch durch Telematik und Diagnose deutlich an Bedeutung gewinnen. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, weil es Spezialisten und Experten erfordert. Nur wirklich auf das Modell, den Motor und den Einsatzbereich zugeschnittene Schmierstoffe dürfen zum Einsatz kommen. Und diese Kompetenz wird nur die Fachwerkstätte in Zusammenarbeit mit ihren Ölpartnern bieten können.

Konstruktionselement und flüssiges Ersatzteil

"Motorenöl ist mittlerweile ein Konstruktionselement", weiß Gerhard Graf von LSA. Thomas Paukert von Liqui Moly ergänzt: "Wichtig ist, dass Werkstätten verinnerlichen, dass heutzutage Öl ein flüssiges Ersatzteil ist, das genau zu dem jeweiligen Motor passen muss."

Das Bewusstein ist die eine Sache: Es umzusetzen und vor allem dem Kunden zu erklären, der nächste, sehr wichtige Schritt. Die Schmierstoffhersteller sind sehr engagiert, ihre Kunden, die Werkstätten, zu informieren und zu schulen.

Weil es nicht "wurscht" ist

Es ist nun einmal nicht "wurscht", was in den Motor hineinkommt und wie lange es drinnen bleibt. Die größten Auswirkungen werden diese Entwicklungen auf die freien Werkstätten haben. Bislang sitzt in den Köpfen der Autofahrer die Meinung, dass bei einem älteren Fahrzeug auch ein "billiges" Öl verwendet werden kann. Das ist mehr denn je falsch. Die Komplexität der Motoren (und Getriebe) kommt nun nach und nach auch bei älteren Fahrzeugen an. Um intensiven Verschleiß oder gar einen Motor- bzw. Getriebeschaden zu vermeiden, braucht es über das ganze Fahrzeugalter das exakt richtige Produkt.

Besser geht nimmer

Auch der bislang umgekehrte Schluss "Besser geht immer" gilt nun nicht mehr. Die Rückwärtskompatibilität, wonach neue - und damit eigentlich bessere - Schmierstoffe auch bei alten Motoren zum Einsatz kommen, ist mittlerweile problematisch. Dem Kunden muss klar werden, dass es ganz entscheidend ist, das exakt richtige Produkt zu verwenden. Und die Werkstätte muss das konsequent umsetzen und leben. Dann wird auch die Diskussion um den Ölpreis vielleicht wieder abnehmen.

Die Verwendung des richtigen Öls wird im Schadenfall auch rechtlich zu einem entscheidenden Aspekt. Und die dazu notwendige Kompetenz und richtige Argumentation gegenüber dem Kunden sichert den so wichtigen Ertragsbringer ab.