Nach 400 Vorserienmodellen des ID.3, etwa für Testläufe und um die IAA in Frankfurt mit einer spannenden Weltpremiere zu bestücken, begann im November 2019 die Serienproduktion dieser völlig neuen Elektroauto-Generation im Volkswagenwerk Zwickau.

Der Weg, bis im sächsischen Mosel – einem Stadtteil, der erst 1999 eingemeindet wurde – die Verbrennungsmotoren stillstanden, war lang und ereignisreich. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden hier die Horch- und Audi-Werke gegründet. „Die Wiege der Sächsischen Automobilindustrie“ wurde schnell zum geflügelten Wort für die Gegend, der es nach dem zweiten Weltkrieg jedoch an Material mangelte. Der Umzug von Audi nach Ingolstadt war die Folge der Stahl-Knappheit. Mit Kunststoff gab es kein Problem, sodass dann 1955 der P 70 (mit den Markennamen AWZ bzw. Sachsenring) als Vorgänger des Trabant mit einer Kunststoffkarosserie vom Band lief.

Massenproduktion
Und dann kam der Trabant aus Zwickau. Frontantrieb, quer eingebauter Motor, ein echt moderner Kleinwagen, der gleich 34 Jahre lang in den VEB Sachsenring Automobilwerken produziert wurde – bis er eben nicht mehr ganz so modern war. Bereits Ende 1989 gründete der Volkswagen Konzern mit dem IFA-Kombinat PKW der DDR die Volkswagen IFA-PKW GmbH. Drei Monate lang war die Wende der Zeit 1991 besonders intensiv spürbar: Trabbi und VW Polo liefen parallel vom Band. Dann ging es Schlag auf Schlag: Im sich im Aufbau befindlichen neuen Fahrzeugwerk in Mosel bei Zwickau wurde mit dem Golf die Massenproduktion eingeläutet. Waren es im Oktober 1991 20.000 Exemplare, feierte man im September 1992 bereits den 100.000 Golf aus dem DDR-Werk – das war bereits ein Golf III.
Interessant, dass der Umweltschutz im Werk schon damals groß geschrieben wurde. Ein auf Erdgas basiertes Heizwerk und ein Abwasserzentrum stelten sich diesen Herausforderungen. Dazu kamen der Golf Ecomatic, dessen Motor sich bereits 1993 bei Nichtbenutzung des Gaspedals abstellte und der Golf CitySTROMer (1994). Dies resultierte für das Werk 1996 in der Auszeichnung mit dem europäischen Umweltzertifikat.

Aber jetzt: ID.3
7700 Mitarbeiter wurden und werden auf das neue Zeitalter der Elektromobilität in Zwickau vorbereitet, 1560 Mitarbeiter machen einen Hochvolt-Führerschein, bis 2022 sollen insgesamt 13.000 Trainingstage in die Zukunft investiert worden sein. „Zwickau kann zu einem Vorbild für die Transformation unserer Branche werden“, sagte Volkswagen-Chef Dr. Herbert Diess bereits im Frühling 2019. Natürlich werden auch die Kommunen und die Politik in die Pflicht genommen, denn ohne deren Engagement beim Ausbau der Ladeinfrastruktur kann sich die mögliche Kundschaft zieren. Im und am Werk installiert Volkswagen selbst 180 Ladepunkte für den ID.3 und seine Brüder. Der kompakte Parallel-Golf – der Klassiker wurde gerade in seiner 8. Generation vorgestellt – bleibt ja nicht allein: ID. Crozz (SUV), ID. Roomz (eine Art Limousine), ID. Buzz (der Bulli der Zukunft) und sogar ein ID. Buggy standen als Showcars bereits auf Messen, dazu kommen kleinere Fahrzeuge, welche die Zahl im Namen des ID.3 rechtfertigen. Heute gibt es ja auch den Polo und den Up!, die unter dem Golf positioniert sind.

Kunden von Fremdmarken
Eine Fabrik krempelt sich komplett um und startet unter neuen Vorzeichen. Weltweit ist diese vollständige Transformation einer großen Automobilfabrik erstmalig. Über eine Milliarde Euro wurden von Volkswagen investiert, kein Vergleich zum Wechsel von Trabbi auf Polo. Zudem ändert sich nicht nur der Antrieb der hier gebauten Fahrzeuge. Vielmehr sollen Kunden ein Auto bekommen, das über die gesamte Liefer- und Fertigungskette CO2-neutral produziert wurde. Eine Vereinbarung mit den Lieferanten besagt, dass diese für die Produktion der Batteriezellen grünen Strom aus erneuerbaren Quellen einsetzen müssen.

Bei der Österreich-Premiere des ID.3 im Oktober 2019 in Wien betonte Konzernstratege Michael Jost, dass in den kommenden Jahren weitere 30 Milliarden Euro in die Elektromobilität investiert werde, denn „die Zukunft des Autos ist elektrisch“. Mit einem Blick auf die Vorreservierungen des neuen Kompaktwagens stellte Jost klar, dass der Fokus von Volkswagen auf Eroberung liege, denn 75 Prozent der Interessenten kämen von Fremdmarken.

Es scheint, in Zwickau findet eine Vorzeige-Veränderung statt. 

Im Video: Der Livestream von der Eröffnung des ID.3-Werks zur Nachschau...