Bei allen Veränderungen durch die Digitalisierung wird eines bleiben: die regionale Betreuung des Reifenkunden vor Ort. Die Montage eines neuen Reifens und der Wechsel zwischen Sommer-und Winterreifen brauchen definitiv einen Fachmann in der Umgebung. "Das Internet montiert keine Reifen", so der viel zitierte Satz in der Branche. Alle technologischen Entwicklungen haben und werden die Handhabung der Pneus schwieriger und komplizierter machen, und das ist gut für die Branche. Größere und breitere Reifen, spezielle Lösungen für Automarken, Laufrichtung, Run-Flat und RDKS sind Realität. In Zukunft kommt eine Vielzahl an Sensoren, die Räder werden ein essenzieller Bestandteil des autonomen Fahrens und müssen dazu viele Aufgaben zu 100 Prozent verlässlich erfüllen. Der Reifenwechsel daheim ist damit ebenso Geschichte wie jener beim freundlichen Nachbarn. Das alles spricht für den regionalen Reifenfachbetrieb. Damit ist die Zukunft des Reifenspezialisten bei der Montage von Neureifen wie auch der saisonale Wechsel gesichert.
Möglichst alles online
Anders sieht die Situation beim Reifenverkauf aus. Natürlich wird es weiterhin einen Teil der Kunden geben, die alles über den Reifenhändler abwickeln. Ein großer Teil der nachkommenden Generationen wird aber alles, was nur irgendwie möglich ist, online abwickeln. Beim Reifenhändler wegen Termin anrufen, hinfahren und mit ihm über die Reifenwahl sprechen, wo doch alles online so einfach funktioniert? Eher nein.
So werden viele Kunden das passende Reifenmodellüber Online-Recherche eruieren und schon entschieden haben, was sie haben möchten, bevor der Händler überhaupt weiß, dass der Kunde einen Reifen braucht. Die Entscheidung erfolgt online, warum also nicht gleich auf "Kaufen" drücken? Und was dann? Wohin wird der Reifen geliefert? Und wer montiert die Gummis aufs Auto?
Idealerweise betreibt der regionale Betrieb den Webshop ohnehin selbst. Oder er bietet einen Online-Shop in seinem Namen, der im Hintergrund von einem großen Partner umgesetzt wird. Eine weitere Möglichkeit: Die Reifenindustrie oder der Großhandel betreiben einen Onlineshop und setzen ihre etablierten Partner als hochwertigen Montagepartner ein, mit entsprechender Provision für den Reifen und fairer Bezahlung für die Montage, denn nur so funktioniert's für beide. Dann arbeiten die Qualitätsprofis zusammen: wenige Player, wenige Fehler und vor allem: weniger Preiskampf.
Preis, Provision und Montagekosten
Entscheidend ist: Zu welchen Preisen werden die Reifen im Webshop angeboten, und was bekommt der ausliefernde und montierende Händler an Provisionen und Montagekosten bezahlt? Das klingt für viele etablierte Reifenfachbetriebe unvorstellbar. Hersteller, die darüber nachdenken, werden kritisiert. Dabei ist das Thema ist doch längst Realität.
Internationale Großhändler und diverse Plattformen bieten ihre Produkte (oft zu Dumpingpreisen) online und mithilfe von Montagepartnern an. Häufig sind das Hinterhofwerkstätten, kleine Reifenbetriebe, die unter Druck stehen, und leider auch unqualifizierte Betriebe. Geben Sie in Google "Montagepartner" ein, und Sie werden unzählige kleine Werkstätten finden, die das jetzt schon in Kooperation mit verschiedenen Plattformen anbieten. Das wird nicht mehr weggehen, dieser Kuchen wird verteilt werden.
Die Frage lautet also nicht mehr: Onlinehandel ja oder nein? Die Frage lautet längst: Onlinehandel mit wem und zu welchen Konditionen?
Aus Online-Kunden werden wieder Stammkunden Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass durch die reine Auslieferung der Kunde sehr leicht zum Stammkunden werden kann, weil er schon dieses Mal, sicher aber beim nächsten Saisonwechsel auch Einlagerungsbedarf hat. Denn das Heimschleppen der Reifen ist bei bequemen "Online-auf-der-Couch-Käufern" kein Thema. Und so kann der Online- Konsument bei überzeugendem Service zum Stammkunden vor Ort werden.
Am Onlinehandel führt kein Weg vorbei, damit müssen sich auch gute und erfolgreiche Reifenfachbetriebe auseinandersetzen. Die Frage ist nur: wer macht das Geschäft, und mit wem?