A&W: Wie beurteilen Sie die jüngste Entwicklung des österreichischen Reifenhandels?

James Tennant: Eine Beurteilung fällt hier sehr schwer. Zu beobachten ist aber, dass sich der Markt etwas beruhigt und die Konzentration darauf liegt, das Service nach vorne zu pushen. Schließlich ist das Service am Menschen noch das Einzige, was uns vom Internet unterscheidet. Der Reifenspezialist lebt den Reifenhandel - diverse Internetanbieter betreiben diesen nur.

Welche Wünsche haben Sie an die Reifenindustrie?

Tennant: Bemerkbar ist, dass die Industrien, welche die Kritik der letzten Jahre positiv verwerten konnten, Rückenwind haben. Es bleibt der Wunsch nach einer transparenten Kommunikation. Natürlich wäre ein kontrollierter Warenfluss erstrebenswert - auch flexibleres Reagieren auf den Markt bleibt ein Wunsch. Hier muss man aber den Industrien Erfindergeist zugestehen, und so wird von Industrie zu Industrie anders mit den Problemen umgegangen. Es sollte Rücksicht aufeinander genommen werden, Industrie und Reifenhandel gehören nun mal zusammen. Wer sonst kann als Vollsortimenter vor Ort punkten und die Ware dann auch noch fachmännisch montieren?

Wo sehen Sie das größte Potenzial für die nächsten Jahre?

Tennant: Provokant gesagt sehe ich das Potenzial im Reifenhandel. Ja, ganz richtig, der Reifenhandel hat Potenzial. Wichtig ist nur die Ausrichtung für die Zukunft. Spezialisten sind immer gefragt. Schauen wir mal in die Handwerksbranche. Wer gutes Personal hat und verlässlich arbeitet, hat die Auftragsbücher voll. Als Vollsortimenter im Reifenhandel hat man schon seine Ausrichtung. Es ergibt sich dann, dass es nicht nur die Frühjahrssaison und die Wintersaison gibt, sondern auch andere Bereiche dann Saison haben. (z. B. Motorrad im Sommer) Die Branche bekommt wieder einen Ruck nach vorne - wir müssen mit topmotiviertem und topgeschultem Personal die Servicequalität in den Vordergrund rücken. Wir müssen aber auch für Nachschub sorgen. Der Reifenfachhandel muss als Arbeitsplatz sexy werden, und die Kunden müssen angelockt werden - aber das darf nicht über den Preis passieren.

Wie wird sich der regionale Reifenspezialist im Bereich beim wachsenden Onlinehandel positionieren?

Tennant: Sicherlich gibt es hier noch Aufholmöglichkeiten, aber diejenigen, die der Überzeugung sind, mit dem Internet "reich" zu werden, sind schon positioniert und vertreiben schon über alle möglichen Kanäle ihre Produkte. Manche mit Erfolg, manche nutzen diese Kanäle aber auch nur, um ihr Lager in den Griff zu bekommen oder liquide zumachen. Ob jetzt als Montagepartner oder als "All-in-One-Shop", ist es wieder wichtig, seinen Preis zu verlangen, der es ermöglicht, immer wieder Investitionsreserven zu haben, um am Ball zu bleiben. Das Internet ist nicht mehr wegzudenken, allerdings auch schon sehr gut bzw. fast zu stark besetzt.

Was empfehlen Sie den VRÖ-Mitgliedern?

Tennant: Ich empfehle, Ruhe zu bewahren, kurz innezuhalten und seine eigene Situation einmal zu durchleuchten. Und ich meine die eigene Situation und nicht die des nächsten Reifenhändlers. Einmal vor der eigenen Türe zu kehren, um seine Stärken wachsen zu lassen und die Schwächen zu finden und entweder auszumerzen oder zu lernen, damit umzugehen. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Geschäft mit der Organisation steht und fällt. Time Management ist dasA und O. Ablauforganisationen sind oft veraltet. Die Zukunft ist jetzt leben wir jetzt.