Die Frage nach der Zukunft der Importeure wird derzeit in den Zentralen der Kfz-Hersteller intensiv erörtert. Insbesondere für kleine Länder wie Österreich wird an neuen Strategien getüftelt. Der Verkauf der Frey-Importorganisation an den Toyota-Konzern und die Auslagerung einiger Ford-Importeursagenden in die Zentrale in Köln zeigen deutlich: Die Vertriebssysteme befinden sich in einem massiven Umbruch.
Nun sind Vertriebskosten dran
„Zuerst wurden die Produktionskosten gesenkt; jetzt sind die Vertriebskosten dran“, analysiert Dr. Gustav Schweiger, ein profunder Kenner des Kfz-Geschäftes, die Entwicklung. Er hat seine Salzburger ÖFAG mit Opel- und Nissan-Verträgen bereits 2008 an die AVAG-Gruppe verkauft. Heute ist er durch seine Anteile an der Autowelt Linz und der CSS Schweiger Software als Investor im Geschehen.
So findet er es erstaunlich, dass angesichts höchst unterschiedlicher Unternehmenskulturen die PSA-Gruppe Opel gekauft hat. „Es ist ein Rechenexempel des Herstellers, was ihn die Importorganisation kostet“, sagt Schweiger. Aus seinen Erfahrungen wird diese Frage letztlich nicht von den Vertriebsleuten, sondern von den Controllern entschieden. Diese waren bisher überzeugt, dass der Großhandel durch eigene Landesgesellschaften billiger kommt. „Das ging in der Vergangenheit zulasten der privaten Importeure“, erinnert er sich etwa an Tarbuks Schicksal mit Nissan, Saab und Jaguar sowie das von Hinter-egger als Ford-Importeur.
Die Liste einstiger österreichischer Kfz-Großhändler lässt sich mit Opel, Citroën, Peugeot, Fiat und letztlich auch VW (durch den Verkauf des Porsche-Piëch-Clans an die Wolfsburger) beliebig fortsetzen.
Renault war einer der Vorreiter
Die Übernahmen all der selbstständigen Importeure erfolgten in der Erwartung, damit die Strategien der Konzernzentralen effizienter umsetzen zu können, um mit geringeren Kosten höhere Stückzahlen zu erreichen. So ging Renault nach seiner Beteiligung an Nissan im Jahr 1999 unter dem Sanierer Carlos Ghosn davon aus, den Europa-Vertrieb zentral ohne Landesimporteure abwickeln zu können. Die Nissan Center Europe GesmbH sollte auch den österreichischen Markt betreuen.
Ihre Niederlassung in Wien wurde als schlankes Kontaktbüro konzipiert – wie es etwa Ford zu Zeiten Hintereggers in Salzburg hatte. Inzwischen mutierte dieses Büro zur Betreuung der österreichischen Händler wie unter Tarbuk zur ganz normalen Import-Organisation. Mit all den Funktionen, die etwa die Renault Österreich GesmbH als eigene -Landesgesellschaft für die Renault-Händler bietet.
Immer weniger Privatimporteure
Mit wie viel Marktanteil rechnet sich eine eigene Landesorganisation? „Bei Denzel mit Mitsubishi macht das sicher noch Sinn“, streut Schweiger dem einzigen noch verbliebenen nationalen Großhändler Rosen. „Wir werden in Brüssel um Artenschutz ansuchen, dann ist unser Überleben gesichert“, nimmt Ing. Alfred Stadler, lange Jahre Chef der Denzel-Gruppe, diese Entwicklung mit Humor. Hat aber Verständnis dafür, dass außer Mitsubishi und Hyundai alle anderen Hersteller die Großhandelsfunktion in Österreich selbst übernommen haben. „Früher waren die lokalen Unterschiede größer“, verweist er auf die europaweit einheitliche Fahrzeugzulassung, mit der nationale Importbewilligung und Überprüfungen überflüssig wurden.
Den größten Vorteil eines selbstständigen Importeurs sieht Stadler in der Kontinuität. Die Niederlassungsleiter der Konzerne haben eine nationale Verweildauer von 3 bis 4 Jahren. „Damit sollen lokale Einflüsse auf die Umsetzung von Konzernentscheidungen möglichst blockiert werden“, sagt Stadler. Aus seiner Sicht verursacht diese Strategie angesichts der österreichischen Topografie und Händlernetzstruktur einige Probleme.
Attraktive Angebote an die Händler
Was macht nun einen guten Importeur aus? „Er muss entsprechende Leistungen erbringen“, geht es laut Stadler den Herstellern dabei in erster Linie um Stückzahlen und Marktanteile. „Wir sind in Österreich immer unter den Ersten im Ranking“, freut er sich. Gleichzeitig muss er seinen Händlern attraktive Angebote bieten können. Daher zählen für ihn die Verhandlungen mit den Herstellern über Preise und Volumina zu den schwierigsten Aufgaben. „Das muss sich dann zu den von den Herstellern angebotenen Konditionen ausgehen“, sieht er Denzel als Mittler zwischen Herstellern und Händlern. Eine wichtige Kommunikationsaufgabe, „da der Händler am besten weiß, wo am Markt der Schuh drückt“.
„Ich wundere mich, wie die mit den Spannen noch leben können“, verweist Peter Leißing, einst als Geschäftsführer von Mercedes-Benz Österreich auch Sprecher der Kfz-Importeure, auf den Kostendruck, unter dem auch die Vertriebsniederlassungen stehen. „Theoretisch brauche ich in der EU keine - nationalen Importeure mehr.“ Doch die Hersteller müssen dennoch auf die Mentalität der jeweiligen Bewohner Rücksicht nehmen. „Eine zu starke Zentralisierung wäre sicher eine Fehlentwicklung“, findet er es sinnlos, heimische Kfz-Techniker zur Schulung nach Stuttgart zu schicken.
Wie Leißing sieht auch Dipl.-Ing. Dr. Edmund Leischko, einst Bundesgremialobmann und gleichzeitig auch Bundesinnungsmeister, keine Notwendigkeit nationaler Vertriebsorganisationen. „Früher oder später werden es nur noch Kontaktbüros sein“, verweist er auf das sich rapid ändernde Kaufverhalten. „Den Fernseher kaufen die Leute heute schon bei Amazon, beim Auto wird es nicht anders sein. Ich verstehe nicht, warum sich manche noch um Händlerverträge reißen“, können selbst die Werksniederlassungen die ständigen Umgestaltungen nicht mehr erwirtschaften.
Wie eigenständig darf der Importeur handeln?
„Früher war die Marke eine Prestigesache, heute ist sie ein finanzielles Abenteuer geworden“, sagt Leischko: „Es ist kein angenehmes System mehr, wenn es von oben bis unten nur noch Befehlsausgaben gibt.“ Seiner Meinung nach gehört es für ihn zu den Aufgaben eines unabhängigen Importeurs, „mit seinen breiten Schultern die gröbsten Fehler der Hersteller abzufangen“.
Die Qualität eines Importeurs ist für Gottfried Scharf, einst Importchef von Kia und dann von SsangYong, immer davon abhängig, wie eigenständig dieser handeln kann. Diese Eigenständigkeit ist im Zuge der Globalisierung immer geringer geworden. „Die Handschlagqualität ist von riesigen Verträgen abgelöst worden.“ Ein privater Kfz-Unternehmer weiß heute nicht mehr, auf was er sich beim Importeur noch verlassen kann. „Da gibt es viel Personal, aber nur wenig Kontakt zum Händler“, fasst er heute als Softwarelieferant die vielen Klagen der Händler zusammen: „Der Außendienst traut sich gar nicht mehr raus, egal bei welcher Marke“, fürchten sich viele Händlerbetreuer vor den immer lauter werdenden Beschwerden an der Verkaufsfront.
Klaus Oberhammer ist überzeugt, dass es in kleineren Ländern keine eigenen Vertriebsorganisationen mehr geben wird. Sie werden von Konzernzentralen oder Länderclustern ferngesteuert. „Mein oberstes Ziel war es, unsere Partner im Händlernetz zu unterstützen.“ Dafür hatte er bei Citroën in vielen Ländern Erfahrungen sammeln können. Zuletzt als Chef von Citroën Österreich, wo sein Job knapp vor seiner Pensionierung dem Zusammenschluss von Peugeot und Citroën zum Opfer fiel. Damals wurde auch der Außendienst weitestgehend zurückgefahren. Ein Schicksal, das auch noch anderen Mitarbeitern in den Importorganisationen blühen dürfte.