Es zeigt auch, dass wir noch nicht in der Lage sind, relativ einfache Probleme zu lösen, aber uns in großspuriger Manier über Problemstellungen wie selbstfahrende Autos und sogar über selbstfahrende Lkws unterhalten. Es wäre angebracht, einen kleinen Schritt nach dem anderen zu setzen, um uns nicht einen Haufen neuer Probleme einzuhandeln.

Grundsätzlich geht's um fehlende Sicht. Die ist nicht nur für Lkws von Bedeutung, sondern ein allgemeines Risiko, dem viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Die meisten Probleme bereitet meiner Erfahrung nach eine oberflächliche Verkehrstechnik, spitze Kreuzungswinkel, schlampige Planungen etc. Dazu kommt eine Verkehrsorganisation, die nicht auf die Erfordernisse einzelner Verkehrsteilnehmer Rücksicht nimmt. Vom modernen Trend des friedlichen Miteinander, wie es uns in sogenannten Begegnungszonen vorgegaukelt wird, ganz zu schweigen. Aber auch die Fahrzeugtechnik trägt einiges dazu bei. In einem heutigen SUV benötigt man mindestens eine Rückfahrkamera und wegen der massiven A-Säule muss man sich bei jedem engeren Abbiegen vorneigen. Beim Lkw geht der Trend zum Lang-Lkw, das wird in dicht besiedelten Gebieten zur echten Herausforderung.

So gut gemeint und menschlich verständlich die Aktivitäten von Bürgerinitiativen, die rasch mit Allheilmitteln bei der Hand sind, auch sein mögen, sie werden uns kaum weiterhelfen oder sachliche und rechtlich machbare Lösungen sogar blockieren. Die geforderten Abbiegeassistenten basieren auf 2 technischen Prinzipien, Radar- oder Kamera-basiert. Abgesehen von fehlenden international verbindlichen technischen Spezifikationen haben beide die Problematik, nicht nur das zu zeigen, was tatsächlich eine Gefahr bedeutet. Nicht zuletzt ist bei gegliederten Fahrzeugen nicht nur die rechte Innenseite zu beachten, sondern diese schlagen auch ohne jede Sichtmöglichkeit für den Fahrer nach außen aus. Gliederbusse haben beim Wenden mit ihrem ausschwenkenden Anhänger schon Menschen getötet.

Die Lösungen der "Expertenkommission" des Verkehrsministers, an deren erster Stelle ein weiterer Spiegel für Kreuzungen steht, können nur als schlicht realitätsfremd eingestuft werden. Ein Lkw-Fahrer hat dank internationaler Gesetzgebung bereits vier (!) verschiedene Spiegel an seinem Fahrzeug gleichzeitig zu beachten, ein Vorgang, der auch bei höchster Konzentration mehr als eine Sekunde in Anspruch nimmt. In dieser Zeit ist aber schon wieder einiges passiert, also genügt einmal hinschauen sicher nicht. Als ob das nicht schon genug wäre, kommen einige Schreibtischtäter dann auf die Idee, einen fünften Spiegel aufzustellen, der erst einmal gesucht werden muss, weil er an x-beliebiger Stelle am Gehsteig steht. Das soll nur an gefährlichen Kreuzungen geschehen. Jede einzelne Kreuzung ohne entsprechende Ausrundung, die Lkw-Schleppkurven berücksichtigt, ist demnach eine sogenannte "gefährliche Kreuzung"! Gering geschätzt sind dies 70 Prozent aller Kreuzungen und das mal 4, für jede Ecke einen Spiegel! Start-up-Unternehmer hört zu, Spiegel sind der neue Trend!

Die Routenwahl von Navis nach dem Prinzip des kürzesten Weges bereitet beim Lkw zusätzliche Probleme. Ohne Rücksicht auf die Infrastruktur werden ortsfremde Lenker durch Stadtgebiete gelotst, wo sie wirklich nichts verloren haben. Aus Umweltgründen werden auch ganze Gebiete für den Durchgangsverkehr gesperrt. Das Prinzip des friedlichen Miteinander hat seine Grenzen. Jeder Gruppe von Verkehrsteilnehmern sollte eine sicherheitsgerechte Infrastruktur zur Verfügung stehen. Schutzwege und Radwege lassen sich so anlegen, dass keine Konflikte mit Fahrzeugen entstehen. Pfusch im Straßenbau darf nicht weiter akzeptiert werden.