Dem Duktus führender Hersteller folgend, gehören in „Verwendung“ des Wortes Klimawandel Regen, Minusgrade und Schneefall zu den saisonal unüblichsten Zeiten mittlerweile zu den größten Herausforderungen im Ersatzreifengeschäft. Die Mengenbetrachtung bestätigt erneut eine seit Jahren stagnierende Nachfrage bei wachsendem Wettbewerb in allen Angebotskategorien.

Dazu sorgen herstellereigene, oft nicht sauber operierende Vertriebskanäle, so die breite Meinung des Reifen(fach)handels, für anhaltenden Margendruck, der meist nur durch begleitende Kfz-Serviceleistungen kompensiert werden kann. Angesichts weiter steigender Kosten – Stichwort Standards und teures, dennoch immer schwerer zu findendes Fachpersonal – sind längerfristig geplante Investitionen immer schwerer zu stemmen. 

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass die Digitalisierung das Interesse der Fahrzeugindustrie und der Zulieferwirtschaft bevorzugt und die kleinen meist familiengeführten Reifenspezialisten schauen müssen, wo sie in ihrem Erfolgsstreben bleiben. Dennoch ist diese Spezies im Betriebsergebnis vermutlich zwischen drei und fünf Prozent Umsatzrendite gesünder dran, als die meisten vom Hersteller quersubventionierten Ketten. Dennoch leistet sich die Industrie weiter diesen Luxus.

Intakte Chance für Ertragsplus bleiben Dienstleistungserweiterungen v. a. ins Flottenbusiness und in die Ausbildung. Jeder Betriebsverantwortliche muss seine Energie dem Geist der Veränderungsbereitschaft unterordnen und teamfähig sein. Nur dann kommt im Social-Media-Sumpf diese Bemühung beim Endverbraucher zum Tragen und lässt sich in dauerhaften Erfolg ummünzen. Zahlreiche Beispiele belegen, dass gelebte Kundenzufriedenheit letztendlich jedes Bewertungsportal überflüssig macht.

Da sich auch heuer kein organisches Wachstum einstellen wird, ist Stabilisierung auf „hohem Niveau“ der Leitsatz zur Motivation, das Betriebsergebnis ausbauen zu müssen, um die Investitionen der ­Zukunft stemmen zu können.

Dazwischen liegen die Schicksale einst stolzer Reifengroßhändler österreichischen Zuschnitts wie Ruhdorfer, Bruckmüller oder jüngst John. Die einen wie Ruhdorfer und Bruckmüller sind verschwunden und gänzlich vom (inter)nationalen Mitbewerb sub­stituiert worden, andere wie John (Weichberger findet in dieser Satzstellung noch keine Zuordnung) haben gerade noch den Sprung in die rettenden Arme der Industrie geschafft oder reizen wie Forstinger im Wechselspiel von Insolvenz und Rabattgier die Geduld vieler Lieferanten aus.

Die gestandenen Reifenhändler haben weiterhin wenig Angst vor Verbannung aus den Bezugsquellen. Groß ist das Überangebot in allen Reifendisziplinen. Niemand kommt zu kurz, wenn sie sich nicht von den Schalmeienklängen der Lieferanten die Lager im Sell-out bis unter die Dachkante vollstopfen lassen. Natürlich sind die Hersteller nervös, weil momentan der Verkauf an die Konsumenten besser ist als das Sell-in. Dabei warnen die Verbände seit Jahren davor, dass bei gesättigten Märkten kein quantitatives Marktwachstum realistisch ist. Ausnahmen begründen sich allein im Verdrängungskampf. 

Kein Indiz für reales Marktwachstum

Woher auch? Der Fahrzeugbestand entwickelt sich marginal, die km-Laufleistung pro Fahrzeug ist tendenziell sinkend, lediglich die Nutzungskilometer im Flotteneinsatz steigen. 

Wachstum ist bei geschickter Ausnutzung der Marktumgebung lediglich in den qualitativen Elementen Preisstabilität, Produkt- und Dienstleistungsmix realistisch. Eine Disziplin, die im aktuellen Konzentrationsprozess immer weniger Reifenspezialisten zur Entfaltung bringen können. Dass bis hierher gelesene Betrachtungen auch nicht immer richtig sein müssen, erläutert Edmund Niederländer, für den der beste zu vermarktende Reifen der ist, der vorrätig ist. Der Normalverbraucher kann in der Regel die zahlreichen Reifentests im Unterschied nicht erkennen, also kommt es auf das Argument am Point of Sales an. Er baut als Nutznießer vorsichtiger gewordener Einlagerungsverhalten in Schwanenstadt weiter seine Vorratslager aus, um finanziell kurzatmigere Reifenfachhändler und Werkstätten zu jeder Tages- und Nachtzeit beliefern zu können.

In diesem Zusammenhang rücken die Marken­autohäuser noch weiter ins Interesse der Lieferanten, ein Absatzkanal mit starkem Lenkungseffekt aus der Erstausrüstung. Global aufgestellte Reifenhersteller sind entsprechend gerüstet, wenn Neufahrzeuge verstärkt achtfach bereift an die Kunden ausgeliefert werden. Ein weiterer Stressfaktor ist der Ganzjahresreifen, der speziell im Flottengeschäft zum Tragen kommt und den Handlungsspielraum des klassischen Reifenhandels reduziert. 

Des einen Freud, des anderen Leid

Am Ende dieser Betrachtung steht zwischen Erfolg und Misserfolg jener Umstand, der dem jüngsten Winterverlauf geschuldet ist: Entlang der Alpennordseite fiel übermäßig viel Schnee, sodass bis in den Februar noch satt Winterware verkauft werden konnte. Vom mit weit weniger Schnee begünstigten Alpensüdkamm wurden überschüssige Reifen, Schneeketten, Batterien etc. in den Norden umverteilt. Überregionale Ketten waren da gegenüber lokal orientierten Standorten im Vorteil. 

Kommende Saison wird es vielleicht wieder anders ausschauen, der eine oder andere Player vom Markt verschwunden sein oder in neuen Konstellationen sich auftun. Die Poolzahlen sagen immer weniger aus, weshalb wir sie hier auch nicht anführen.

2019 wird es wieder punktuelles Wachstum geben, der Generationswechsel den Reifen(fach)handel in die digitale Welt begleiten und mit „maßgeschneiderten Kooperationskonzepten der Lieferanten“ werden wieder jede Menge Marktgewinner entwickelt. Familienbetriebe müssen im aggressiven Wettbewerbsumfeld ihre Abläufe selbst definieren, sich weiter durch den Kalkulationsdschungel kämpfen, ihre Warenlager und Kundendepots im Griff behalten. Das Geldverdienen am Produkt Reifen wird nicht einfacher. •