Demografie ist die Bevölkerungswissenschaft, die sich mit der Entwicklung der Bevölkerungsstrukturen auseinander setzt. Mit deren Erkenntnissen kann ein normaler Kfz-Betrieb naturgemäß wenig anfangen. Die von der Europäischen Union ins Leben gerufene "Demografieberatung" hat damit auch kaum etwas zu tun. Warum die Technokraten in Brüssel für diese sinnvolle Aktion einen so sperrigen Namen gewählt haben, bleibt auch den dafür eingesetzten Betriebsberatern ein Rätsel.
Fragen der Arbeitswelt
Federführend ist dabei die ÖSB Consulting GmbH unter der Projektleitung von Alexandra Weilharter, nach Eigendefinition "Österreichs führendes Unternehmen zu Fragen der Arbeitswelt". Mit im Boot ist auch die Deloitte-Gruppe sowie die BAB Unternehmensberatung in Graz, die ebenfalls diese geförderte Beratung offeriert.
"Wir hatten dieses Jahr bis Ende Oktober bereits 62 Informationsveranstaltungen, gemeinsam mit Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer", wundert sichÖSB-Berater Florian Groiss über die geringe Bekanntheit dieses kostenlosen Förderungsprogramms in der Kfz-Branche. Immerhin sind dafür 83 Berater mit 300 Jahren Berufserfahrung unterwegs. 690 Unternehmen haben diesen Service schon in Anspruch genommen -im Kfz-Bereich allerdings nur das Autocenter Mühlbacher in Kufstein.
"Andere Beratungen sind stark zahlenlastig", unterstreicht Groiss den Unterschied zur "normalen" Betriebsberatung. "Wir unterstützen im Personalmanagement und in Fragen der Mitarbeiterführung", geht es dabei darum, "die Mitarbeiter zu optimieren". Sowohl in deren Interesse als auch im Interesse des Unternehmens, das von der Motivation und den Kenntnissen der "optimierten" Mitarbeiter profitiert. In der Praxis wird dem Personalthema im Betrieb zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Deshalb verweist ÖSB schon auf der Homepage auf einige aktuelle Problemsituationen: "Verlässt eine Schlüsselperson für längere Zeit -bei Krankheit und Urlaub -oder für immer -bei Pensionierung, internem Jobwechsel oder Kündigung -ihren Arbeitsplatz, stehen das Team und Führungskräfte vor der Herausforderung, eine Nachfolge oder Stellvertretung zu rekrutieren und zeitnah einzuarbeiten. Zum Glück gibt es da eine Stellenbeschreibung der Vorgängerin -aber ist diese noch aktuell? Was machte die eigentlich genau? An welchen Projektenwar sie wie beteiligt? Wie hießen ihre Ansprechpartner in den verschiedenen Bereichen? Welche beruflichen Kontakte und Vernetzungen pflegte die Betreffende?"
Erfahrung geht verloren
Eines ist in solch einer Situation klar: Wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, gehen wertvolle Erfahrungen verloren. Meist ist unbekannt, ob und wo diese festgehalten wurden, wofür sie angewendet werden können oder wer die entscheidenden Kontakte sind. Genau wie der Vorgänger muss auch ein Nachfolger einen Lernprozess mit entsprechender Einarbeitungszeit durchlaufen -viele Wiederholungen und ineffiziente Arbeitsabläufe inklusive. Fazit: Das Rad wird bei personellen Wechseln (zu) oft neu erfunden.
Anhand solcher Beispiele untersuchen die Berater, wie fit ein Unternehmen ist; wie gut es aufgestellt ist, um neue Mitarbeiter anzuwerben. "Wir schauen, dass die passenden Bewerber zum passenden Betrieb kommen", wird laut Groiss bei der Beratung nichts neu erfunden, sondern "an vielen kleinen Rädchen gedreht". Wie schaut dabei die Kooperation mit den Schulen aus? Wie attraktiv ist die Internetpräsenz und wie kann man die verbessern?
Arbeitsabläufe und Führungskultur
Daneben geht es natürlich auch um die Untersuchung der Arbeitsabläufe und die Führungskultur. Wie schaut das Betriebsklima aus und was lässt sich dabei optimieren?"Wir sorgen für Karriereentwicklungsprogramme, um die Mitarbeiter aufzuwerten", sieht Groiss darin eine wesentliche Chance, dass sich die Mannschaft stärker mit dem Betrieb identifiziert und so gute Leute dem Betrieb erhalten bleiben. Der Beratungsablauf ist einfach strukturiert -und beginnt mit einer eintägigen Situationsanalyse. Dabei wird die Altersstruktur des Personals unter die Lupe genommen unddamit eine Bedarfsprognose erstellt: Wann werden in nächster Zeit wo welche Mitarbeiter benötigt? Neben den Gesprächen mit der Führungsetage gibt es dafür auch Gespräche in den Fachbereichen. Das heißt mit jenen, die tatsächlich die Arbeit erledigen. Mit ihnen werden Arbeitsabläufe und Verbesserungsmöglichkeiten erörtert. Daran anschließend liefert die Beratung eine Maßnahmenplanung mit Vorschlägen zur Umsetzung. "Am Schluss schauen wir, welcher Mehrwert aus dem Ganzen resultiert", benötigt ein derartiger Beratungsprozess aus Groiss' Erfahrungen bei ÖSB vier bis sechs Tage understreckt sich auf sechs bis zwölf Monate.
Autocenter Mühlbacher
Dipl.-Ing. Lisa Mühlbacher vom Autocenter Mühlbacher im Tiroler Kirchbichl ist in der Kfz-Branche offenbar die Erste, die diesen kostenlosen Service genutzt hat. Im ersten Schritt ist es ihr damit gelungen, für ihren Seat-und Citroën-Betrieb nach zweijähriger Suche endlich zwei tüchtige Lehrlinge und einen guten Kfz-Techniker ins Haus zu bekommen. "Durch den wachsenden Kundenstock wird das Team noch erweitert und daher noch eine weitere ausgebildete Kfz-Fachkraft gesucht. Mittelfristige Effizienzsteigerung erwarte ich mir durch Workshops mit den Mitarbeitern der Werkstatt. Gemeinsam werden wir Verantwortungsbereiche, Aufgaben und Erwartungen überarbeiten, um die Eigenverantwortung auszubauen", beschreibt ÖSB-Beraterin Marion Amort ihre weiteren Aufgaben bei Mühlbacher.
Für die junge Unternehmenschefin hat sich die Zusammenarbeit jedenfalls gelohnt: "Das kostet nur die Arbeitszeit, die ich selbst und meine Mitarbeiter in dieses Projekt investieren", könnte dies ein Vorbild für all jene Unternehmer sein, die Wissen, Kompetenz und Motivation innerhalb ihres Kfz-Teams fördern wollen.