Univ. -Prof.
Dr. Bernhard Geringer, Vorstand des Instituts für
Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien, im Interview zu
WLTP und seinen Folgen.
A&W: Wo liegen die großen Vorteile von WLTP im Vergleich zum NEFZ?
Dr. Bernhard Geringer: Realitätsnäherer Verbrauch und damit weniger
Klagen der Abweichung Ist-zu Prospektwerte. Unterschiedliche
Fahrzeugausführungen (insbesondere mit Gewichtseinfluss - je nach
Sonderausstattung) werden daraus resultierende WLTP-Verbrauchsangaben
haben.
Was wird sich Ihrer Meinung nach bei den Verbrauchswertenändern?
Geringer: Im Allgemeinen werden diese WLTP-Werte gegenüber dem NEFZ
nach oben gehen (aktuell spricht man von 22 Prozent im Schnitt). Der
Realverbrauch ändert sich durch den neuen Zyklus natürlich nicht.
Werden sich die Autokäufer von den höheren Werten in ihren
Entscheidungen beeinflussen lassen? Geringer: Teilweise schon: Durch
die höheren Verbrauchswerte werden auch längerfristig die Steuern
(NoVA, CO2-Abgabe) beim Autokauf steigen. Das hat auch einen Einfluss
auf die Motorisierungsauswahl.
Welche neuen Motoren-Entwicklungen sind in kommender Zeit marktreif?
Geringer: Verbrauchsgünstigere Verbrennungsmotoren mit zusätzlichen
Variabilitäten (variable Verdichtung, mehrstufige Aufladung) und
insbesondere die breite Einführung der 48-Volt-Hybridisierung sind zu
erwarten.
Welche Treibstoffeinsparungen werden diese Motoren bringen? Geringer:
15 bis 25 Prozent, wenn man auch Hybridisierung einrechnet.
Werden damit die CO2-Vorgaben der EU für die Autohersteller
erreichbar sein?
Geringer: Die Vorgaben bis 2021 werden -gemeinsam mit geringen Raten
an Plug-in-Hybriden und reinen batteriebetriebenen Fahrzeugen - damit
erfüllbar sein. Die geplanten CO2-Vorgaben ab etwa 2025 aber nicht
mehr. Da sind weitere ca. 15 Prozent Absenkung an CO2 erforderlich.
Wird die derzeitige Kaufzurückhaltung der Privatkunden beim Diesel
von längerer Dauer sein oder wird sich der Trend zum Benziner wieder
umkehren?
Geringer: Dies wird primär von der öffentlichen Diskussion und der
möglichen Einführung von Diesel-Fahrverboten entschieden. Ohne
politischen und medialen Einfluss würde sich der Dieselanteil wieder
erhöhen.