Es kommt immer darauf an, wen man fragt, um aktuell die Bedeutung von
Ausstellungen bzw. Messen einzuschätzen. Ein Versuch an den
Beispielen Essen Motor Show und AutoZum Salzburg.
Wir konfrontierten mit unserer Einschätzung, dass Messen in ihrer
Wirksamkeit dringend einer Erneuerung bedürfen, Veranstalter,
Aussteller und Besucher. Das Ergebnis überrascht nicht: Messemacher
loben sich ihre Veranstaltungen schön, Aussteller stöhnen bei
sinkendem Besucherinteresse über steigende Kosten und Besucher über
unzeitgemäße Ausstellerkultur. Ein in Messekommuniqués verwendeter
Einstieg lautet stereotyp so: "Aussteller-und Besucherrekord,
Exponenten und Besucher zufrieden!" Das ist natürlich zunächst einmal
nur die halbe Wahrheit. Die einen nutzen Ausstellungen als Treffpunkt
für Meinungsaustausch. Produkte und Dienstleistungen treten dabei in
den Hintergrund, weil während des Jahres bei organisch längst nicht
mehr wachsenden Märkten ohnehin Hersteller, Lieferanten und
Dienstleister bei ein und derselben Klientel sich gegenseitig die
Türklinke in die Hand drücken. Hausmessen sind ob der Gleichheit
ihrer Aussteller auch kein längerfristiges Lösungsmodell, kosten aber
einen Haufen Geld und bedienen wieder nur dieselbe Kundschaft.
Festgefahren im alten Denken Dennoch verteidigt jeder
Messeveranstalter sein Reich mit Zähnen und Klauen und die
zuständigen Fachmedien spielen mit, weil sie bislang wirtschaftlich
davon partizipieren. Für das Neue, das Fremde will man sich nicht
öffnen. Lieber nimmt man die Lüge mit der Ausstelleranzahl in Kauf
(zuletzt exerziert von der "Essen Motor Show"), als im sich
wandelnden Kundengewinnungsprozess neue Beziehungen einzugehen.
Dieser Gefahr setzt sich soeben die Traditionsmesse "AutoZum" in
Salzburg aus: 2019 droht weiterer Exodus von Ausstellern, die bislang
diese Veranstaltung prägten. Schon im Jänner 2017 litt die
Kfz-Fachmesse an Ausstellerschwund, längst ist sie keine
repräsentative Fachmesse mehr mit einem kompletten
Angebotsquerschnitt. "Alles schrumpft, nur die Besucherzahlen nicht",
ätzt Rudolf Bayer, Geschäftsführer von Autoteile Klein, der sich
bereits vor Jahren von dieser Messe verabschiedet hat. Aber auch
Fahrzeugtuner Fosab, Onliner willhaben.at oder zahlreiche
Reifenhersteller zeigen sich, wenn überhaupt, nur noch auf
Gemeinschaftsständen. Die Lackindustrie ist weitgehend verschwunden.
Zahlt sich nicht mehr aus, klagt sie. Da wundert es nicht, wenn
mancher Verlag auf neue Ideen kommt und eine Messeveranstaltung an
neuem Ort selbstaufziehen möchte. Erste Versuche (Stichwort
Tabakmesse) gingen allerdings daneben. Wissensaustausch findet statt
aus der Branche für die Branche -am besten auf etablierten Plätzen im
lebendigen Austausch internationaler Fachkompetenz, die neue
Geschäftsmodelle vermittelt, ohne alte Erfolgsmodelle zu
substituieren. Die Wirtschaft signalisiert den Messemachern
Veränderungswillen. Reed-Chef Benedikt Binder-Krieglstein will
reagieren.
Neue Zeiten, neues Denken Ein Unterfangen, das völlig neue
Denkansätze erfordert. Mit dem Austausch von Projektleitern wie
Langzeitmessegestalter Andreas Wetzer allein ist es nicht getan. Aber
auch nicht mit Konfrontation. Obwohl Thomas Zembachers Idee vom ÖWV
nach einer neu definierten "Automesse" einige Fans gewinnen könnte,
sind diejenigenlachende Dritte, die überhaupt raus wollen aus den
Messekosten. Mit dem gleichen Problem kämpfen die
Automechanika-Macher und auch die Autosalon- Giganten in Frankfurt
oder Genf. Eurotax, Jahrzehnte Meinungsmacher für die Autowirtschaft,
hat bereits den Neujahrsempfang abgesagt. Zu teuer!
Am Scheideweg Mit wachem Auge blicken die Erstausrüster auf die
Entwicklung. Noch sind Stahlgruber, WM-Trost oder Derendinger dabei.
Bosch spart und auch mancher Schmierstoffanbieter verkleinert sich
oder -Stichwort Castrol - ist nicht mehr dabei. Einzig Birner,
Österreichs Ass in der Liga der Komplettversorger von Kfz-Betrieben,
oder Traditionalisten wie Kastner, Siems&Klein oder Würth und
Berner halten bislang an Salzburg fest. Fällt eine dieser Säulen und
kommt kein Mobilitätsanbieter neuer Denkkultur in die Hallen an die
Salzach, steht auch die AutoZum am Scheideweg. (LUS)
WM-Trost-Österreich-Statthalter Marc Piniek hat den
Kosten-Nutzen-Effekt auf der AutoZum im Blick, schätzt den Wert von
Hausmessen und kann sich solche künftig auch in Österreich vorstellen
Mag. Ernst Kieslinger (Autobedarf Kastner, Innsbruck) sieht im
Messeauftritt auf der AutoZum weiterhin beste
Kundenzugangsmöglichkeiten