Die schon jetzt in vielen Fahrzeugen vorhandene Internetverbindung wird durch den gesetzlich vorgeschriebenen E-Call oder vielmehr durch die entsprechenden Lösungen der Automobilhersteller zukünftig in allen Fahrzeugen realisiert. Damit haben die Hersteller Vorrang bei den Fahrzeugdaten und dem Kontakt des Fahrzeuges. Andere Anbieter sind davon abhängig, dass sie Daten von den Automobilherstellern bekommen. Und diese Anbieter versuchen nun ihr Rechtauf diese Daten durchzusetzen. Auch für die Konsumenten könnte die Wahlfreiheit beim Werkstattbesuch dadurch eingeschränkt werden. So hat das Thema auf europäischer Ebene unzählige Mitstreiter, wie Komm.-Rat Ing. Wolfgang Dytrich, Vorsitzender des Berufszweigs Kfz-Teilehandel im Wiener Landesgremium Fahrzeughandel, berichtet. Nach dem Motto "alle gegen einen" lobbyieren die Autohersteller auf der einen Seite gegen die Interessenvertreter von Autofahrern, Werkstätten, Teilehändlern und Leasingfirmen auf der anderen Seite. Namentlich sind das FIGIEFA (Teilehandel), ADPA (der europäischeHerausgeberverband ), AIRC (die Karosseure), CEC-RA (Händler und Werkstätten), EGEA (Gerätehersteller), FIA (Dachverband für das Automobil und den Autofahrer), Leaseurope (Leasingunternehmen) und UEIL (Schmiermittelhersteller).
Nur der Teilehandel ist aktiv
Interessant, dass sich inÖsterreich lediglich der Teilehandel mit dem Verband der freien Kfz-Teilehändler (VFT) und der Berufsgruppe für den Kfz-Teilehandel im Wiener Landesgremium medial merkbar dafür einsetzt. Sollte die Entwicklung so passieren wie von den Skeptikern prognostiziert, wandert ein erheblicher Teil des Aftersales-Geschäfts zukünftig zu den Automobilherstellern. Und das betrifft beileibe nicht nur den Teilehandel. Die Autohändler verhalten sich -wie so oft -zurückhaltend und unterstützen ihre Importeure. Dass sie damit ein weiteres Stück Eigenständigkeit aufgeben und sich noch weiter den Herstellern ausliefern, ist offenbar noch nicht als Gefahr erkannt worden.
"extendedvehicle" als Stand der Technik
Fakt ist: Das von den Automobilherstellern forcierte System "extendedvehicle" ist Stand der Technik und scheint momentan der einzige, ganzheitliche Zugang zu den Daten zu sein. Die Teilekonzerne vertrauen dabei auf die Fairness der Automobilhersteller. "Voraussetzungen sind die Primärforderung wie diskriminierungsfreier Zugang sowie das freie und anonyme Nutzen der Applikationen", erklärt Peter Wagner von Continental Aftermarket die Entscheidung und räumt ein: "Die zweitbeste Lösung ist besser als keine Lösung." Unabhängige Alternativen, wie das von TecAlliance entwickelte Caruso oder das von Mag. Walter Birner initiierte Carmunication sind für die großen Teilehersteller noch nicht weit bzw. komplett genug entwickelt.
OBD-II-Stecker soll bleiben
Für die "Allianz für die Freiheit der Autoreparatur in Europa" stellt hingegen die "alte" Technologie die beste Lösung dar und sie treten daher für die Beibehaltung des OBD-II-Steckers ein, der mit Dongle-Lösungen den Datenzugang ermöglichen soll. "Der OBD-II-Stecker, der Anschluss für die Onboard-Diagnose, soll weiterhin den freien Zugang zu den Daten des Fahrzeuges ermöglichen", erklärt Ing. Wolfgang Dytrich. "Um unsere Interessen sicherzustellen, gibt es momentan keine andere Lösung, als den Stecker zu behalten. Denn das, was in der Cloud ist, behält sich der Hersteller grundsätzlich einmal vor. Das wollen wir verhindern. Wenn, wie von den Herstellern geplant, dieser Stecker entfällt und die Daten nur mehr elektronisch über den Hersteller zu erhalten sind, ist das für die freie Werkstätte, den freien Teilehandel, die Teileindustrie sowie die Hersteller von Diagnosegeräten existenzbedrohend."
Aktuell ist der OBD-II-Stecker daher in der Verordnungüber die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge verankert. Das EU-Parlament hat sich für die Beibehaltung ausgesprochen. "Jetzt ist der Rat am Wort", so Dytrich.
Alte Technologie soll 5 bis 7 Jahre bleiben
Auch einen konkreten Zeitplan können die Bewahrer der freien Reparatur definieren: "Bleibt der Stecker oder eine adäquate elektronische Lösung, kann jeder Dienstleister -das Einverständnis des Kunden vorausgesetzt -den Zugang zu den Daten ermöglichen. Das sollte noch für 5 bis 7 Jahre erhalten bleiben. Damit hat der freie Markt ausreichend Zeit, um andere Lösungen zu entwickeln", berichtet Dytrich. "Die Hersteller sind natürlich an einer raschen Umsetzung der Cloud-Lösung interessiert, weil sie die dadurch entstehenden Vorteile nutzen wollen."
Das Auto wird zukünftig bei Bedarf die Werkstätte kontaktieren und -nach Einführung des vollautonomen Fahrens - auch selbst hinfahren. Jetzt schon entscheidet sich, welche Werkstätte das dann sein wird.
Inspiration durch Austausch
Der Unternehmertag von Obereder/Castrol findet heuer am 28. und 29. November im Kitzbüheler Henri Country House statt.