Bis 2025 werde aufgrund der Digitalisierung jedes 3. Autohaus zum
Zusperren gezwungen sein, meint die Unternehmensberatung A.T.
Kearney. Tritt das oftmals prophezeite Händlersterben diesmal
tatsächlich ein?
Nicht nur inÖsterreich sind die Umsatzrenditen im Autohandel
miserabel. Gleichzeitig bedrohen Elektrifizierung, Assistenzsysteme
und der immer geringer werdende Wartungsaufwand traditionelle Säulen
der Branche. Den entscheidenden Anstoß zu einer drastischen
Strukturbereinigung werde aber die Digitalisierungdes Vertriebs
geben, meinen die Autoren einer kürzlich von A.T. Kearney
vorgestellten Studie: "Nahezu jeder Zweite wird sein Fahrzeug künftig
online kaufen."
Direktvertrieb als Zukunftskonzept?
Im Jahr 2025 würden in den etablierten Weltmärkten rund 35 Millionen
Neuwagen im Internet erworben, prognostiziert Dr. Marcus Hoffmann,
Partner und Automobilexperte bei A.T. Kearney. Parallel dazu würden
die Autohersteller einerseits Konkurrenz durch bisher branchenfremde
"digitale" Firmen bekommen, andererseits biete der "Sprung ins
digitale Zeitalter" durchaus Chancen: Gelinge eine Erweiterung des
klassischen Geschäftsmodells aus Produktion, Vertrieb und Service um
"Mobilitätsund Mehrwertdienste", winke bei stabilem Fahrzeugabsatz
ein zusätzliches Umsatzpotenzial von jährlich knapp 100 Milliarden
Euro.
Die Chance der Hersteller ist freilich die Bedrohung der Händler.
"Der Kunde wird sein Auto nicht mehr nur im Autohaus um die Ecke
kaufen, sondern mobil auf dem Smartphone", sagt Andreas Form,
Vertriebsexperte bei A.T. Kearney. Er rät den Autobauern daher zu
einer "integrierten Multikanal-Lösung, die sich über Apps,
stationären Handel und Drittanbieter erstreckt". Entscheidende
Erfolgskriterien seien dabei die Kontrolle der Kundenschnittstellen,
Preishoheit und Preistransparenz. "Dies kann optimal im
Direktvertrieb erreicht werden", heißt es wörtlich in der Studie.
Dramatisches Händlersterben
Angesichts dessen gehen die Autoren davon aus, dass die Zahl
klassischer selbstständiger Autohändler massiv zurückgehen wird: "Bis
2025 werden 30 bis 40 Prozent des heutigen Händlernetzes durch neue
Verkaufsformate und Direktvertrieb ersetzt." Nur "zusätzliche
Kompetenzen" und eine "Weiterentwicklung des Vertriebsmodells"
könnten die Zukunft der Autohäuser absichern -was,wie Branchenkenner
anmerken, für die ohnehin schon finanziell ausgeblutete Mehrheit der
Klein- und Mittelbetriebe aber kaum zu bewerkstelligen sein dürfte.
Hersteller als Profiteure
Auf Hilfe von den Herstellern dürfen die Autohändler jedenfalls nicht
hoffen. Diesen wirkt laut Hoffmann in der zukünftigen Vertriebswelt
nämlich eine deutlich bessere Ertragsstruktur: "Veränderte
Verantwortlichkeiten, Kanäle und Formate sowie die Konsolidierung
physischer Netze werden die Vertriebskosten deutlich senken. Durch
die Anpassung des Margensystems an die neuen Aufgaben des Handels und
die Reduzierung taktischer Maßnahmen sinken die Vertriebskosten trotz
steigender Großhandelsaufwendungen bis zu 5 Prozentpunkten - mit
direkter Profitwirkung."