Viele Jahre ist es bei Forstinger rund gegangen. Der 1962 von Norbert Forstinger in einem 25 m2 großen Kellerlokal gegründete Autozubehörhandel erlebte 2001 seine erste Megapleite. In der Folge gab es einen munteren Reigen von Insolvenzen und Eigentümerwechseln. Zuletzt schien es, dass mit dem Einstieg der Unternehmerfamilie Schmid Schmidsfelden alle Altlasten erledigt wurden. Doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Bilanzfälschungen.
Ein Rückblick: Nach dem Konkurs der Forstinger Privatstiftung im Jahr 2001 stieg Erhard Grossnig mit seinen beiden Sanierungsvehikeln Value Management Services (Wien) und der Orlando Management GmbH (München) bei der maroden Autozubehör-Kette ein. Er stellte der 2002 durch einen Ausgleich entschuldeten Firma frisches Kapital zur Verfügung und erreichte unter der Geschäftsführung von Dr. Paul Niederkofler und Dr. Collin Schmitz-Valckenberg den Turnaround. Als größter Einzelhändler für Zubehör und Ersatzteile erzielte Forstinger 2003 mit seinen 113 Filialen und 900 Mitarbeitern bei 120 Millionen Euro den beachtlichen Ertrag vor Steuern und Zinsen von 6,8 Millionen Euro.
2004 wurde die Forstinger-Kette im Rahmen eines Management-Buy-outs mit Unterstützung des paneuropäischen Finanzinvestors Bridgepoint Capital Ltd. an die Geschäftsführer verkauft. Bridgepoint-Geschäftsführer Dr. Anthony Bunker erklärte, diese Transaktion ermögliche es, die Expansion in Österreich und in den Nachbarländern weiter voranzutreiben. Nach der angekündigten Expansionsoffensive gab es im Frühjahr 2009 eine neue Hiobsmeldung: Bridgepoint, die 2004 angeblich über ein Kapital von 4 Milliarden Euro verfügt hat, konnte oder wollte die Kosten des Management-Buy-outs nicht finanzieren. Forstingers Muttergesellschaft, die FHS Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Wien-Liesing, musste mit 43 Millionen Euro Passiva Konkurs anmelden. "Die Schulden kommen zum Großteil noch vom Erwerb der Kette 2004", erklärte der damalige Forstinger-Chef Walter Karger den verdutzten Gläubigern.
Viele Eigentümerwechsel in wenigen Jahren
Banken und Lieferanten wollten Forstinger nicht hängen lassen. So erklärte sich drei Monate später Alcar-Chef Alexander Riklin "vorbehaltlich kartellrechtlicher Genehmigungen" bereit, bei Forstinger einzusteigen. Schließlich wäre Forstinger ein blendendes Vehikel, um Alcars Stahl-und Leichtmetallräder zu vermarkten. "Das Unternehmen soll gemeinsam mit dem Forstinger-Management langfristig solide entwickelt werden und weiter expandieren", erklärte Riklin.
Doch der Deal platzte. Der Masseverwalter schritt zur Verwertung. Er verkaufte im September 2009 das Kerngeschäft, die Forstinger Handel- und Service GmbH, um 11 Millionen Euro an eine Eigentümergruppe um die eMobile, ehemals Better Place. Davon übernahm kurz darauf die Bank Austria mit ihrer EK Mittelstandsfinanzierungs AG (EK FIN) 32 Prozent. "Die Banken wollten beim Gesellschafterwechsel von den neuenEigentümern auch Bares sehen", erläutert Kurt Wayd, ein ehemaliger Freund des eMobile-Hauptgesellschafters Dr. Wolfram Themmer, den zusätzlichen Finanzbedarf. Den konnten Themmer und seine Partner, der Wirtschaftsberater Walter Dienstl und Norbert Gertner, Ex-Chef der Constantia Privatbank, nicht decken.
Darlehen wurden nicht zurückgezahlt
"Um Forstingers Eigenkapitalsituation besser darzustellen, habe ich Forstinger mit Freunden eine Million als nachrangiges Darlehen zur Verfügung gestellt", sagt Wayd. Dieses Geld sollte binnen fünf Jahren retourniert werden. Ein weiteres Darlehen von 900.000 Euro kam von der EK FIN. Doch die Gesellschafter kamen sich wegen strittiger Beraterhonorare kräftig in die Haare. 2011 wurde die Forstinger International GmbH abgespalten, dieForstinger Handel und Service GmbH in Forstinger Österreich GmbH umbenannt und diese gemeinsam mit der Forstinger spol.s.r.o. in die neue Holding integriert. Auf eines wurde vergessen - auf die Rückzahlung der ausgeliehenen 1,9 Millionen Euro.
Diese Darlehen gingen durch die Abspaltung auf ForstingerÖsterreich über, wurden Ende 2011 wieder von Forstinger International übernommen. Sie verpflichtete sich, diese Darlehen samt Zinsen bis 31. März 2014 zurückzuzahlen. Dann gab es im März 2013 einen neuen Eigentümerwechsel: Die Bank Austria wollte ihre EK FIN los werden und verscherbelte dieses Finanzierungsvehikel an den Bestbieter, Michael Tojners Montana Tech Components AG (MTC). Damit wurde Tojner nebenbei auch stolzer Eigentümer von 32 Prozent an der Forstinger International GmbH und der damit verbundenen Darlehensforderung von 900.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Für Tojner war klar, dass er die EK FIN so schnell wie möglich filetiert und deren drei Beteiligungen - darunter auch Forstinger - so lukrativ wie möglich veräußert werden sollten. Das war für Norbert Gertner und seine Mitgesellschafter der Anlass, sich ebenfalls von Forstinger zu trennen. Interesse zeigte DI (ETH) Martin Schmid Schmidsfelden, dem als Manager der Schweizer Finanzierungsgruppe Patrimonium Asset Management AG auch die entsprechende Finanzierungsmöglichkeit zur Verfügung stand.
Mit dem von IKEA kommenden Manager Klaus Müllner war er bereit, die Gesellschaftsanteile von Tojners EK FIN (941.176,48 Euro) und der eMobile Austria GmbH&Co KG (2 Millionen Euro) ihre Anteile abzukaufen. Neue Eigentümerin wurde die dafür im Oktober 2013 gegründete PS-Markt GmbH, deren Grundkapital von mageren 10.000 Euro die im Schweizer Baar ansässige CMC Capital Management&Consulting AG hält. "Die jetzigen Eigentümer sind die Retter der Gesellschaft", beurteilt der kurzfristige Forstinger-Aufsichtsrat Weyd die derzeitige Geschäftsentwicklung. Ärgerlich ist für ihn nur, dass es Rechtsanwalt Themmer im Zuge der Spaltungen und Umstrukturierungen "übersehen" hat, das Millionen-Darlehen in den Bilanzen auszuweisen. Im Jahresabschluss 2012 verzichtete Forstinger International gegenüber Forstinger Österreich auf diese Forderung und hat diese mit einer Wertberichtigung von 2,28 Millionen Euro auf null reduziert. Womit sich automatisch auch der Buchwert der Firma erhöhte. Dieneuen Eigentümer durften daher davon ausgehen, dass diese Forderung gar nicht mehr existiert - und daher künftig auch nicht zu bezahlen ist. Gleichzeitig konnten Themmer, Tojner&Co durch diese Bilanzkosmetik für ihre Gesellschaftsanteile einen besseren Preis lukrieren. Wie viel die Forstinger-Kette Schmid Schmidsfelden tatsächlich wert war, ließ sich anhand der Bilanzen nicht eruieren.
Strafanzeige gegen (Ex-)Manager
Weyd nahm den Beteiligten ihre "Gutgläubigkeit" nicht ab und erstattete Strafanzeige. Diese richtet sich gegen einen noch immer aktiven und zwei ehemalige Geschäftsführer von Forstinger Österreich und Forstinger International. Wobei nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz auch die beiden Unternehmen selbst betroffen sind. Daneben gibt es auch noch einen Zivilprozess beim Handelsgericht. "Dr. Themmer war mein Freund und kämpft jetzt wie ein Löwe, dass er nichts zurückzahlen muss", bedauert Weyd diese Entwicklung. "Ich verstehe das, wenn sie nicht zahlen könnten. Bei einer neuerlichen Forstinger-Pleite wäre das nachrangige Darlehen tatsächlich wertlos geworden. Aber durch das Einsteigen von Schmid Schmidsfelden ist die Firma komplett saniert."
Vielleicht wird sich durch ein von der Staatsanwaltschaft bestelltes Sachverständigen-Gutachten letztlich doch noch klären, ob Kredite wie von Zauberhand aus Bilanzen verschwinden können. Wenn das tatsächlich gelingt, könnten sich viele andere Kfz-Betriebe an diesem Trick ein Beispiel nehmen.
Die kompetente Argumentation
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