Im Jahr 2010 verkündete der ehemalige VW-Boss Dr. Martin Winterkorn vollmundig, dass der VW- Konzern bis 2018 circa 3 Prozent des Umsatzes mit Hybrid- und Elektrofahrzeugen erzielen werde: "Wir wollen der Autobauer sein, der das Elektroauto im Massenmarkt etabliert." Im gleichen Jahr schritt Daimler mit seinem chinesischen Partner BYD zum Traualtar und besiegelte den elektrischen Mobilitätsbund mit der Daimler New Technology Co. Ltd, ein 300 Millionen Dollar schweres Joint Venture, das den Markt in China für hochwertige Elektroautos aufrollen sollte. Daimler-Vorstandschef Dr. Dieter Zetsche orakelte 2010: "Mit der BYD-Kooperation setzen wir unseren Anspruch fort, weltweit Marktführer in der Elektromobilität zu sein."

Sechs Jahre später ist der EV-Markt in China für deutsche Autobauer in noch weitere Ferne gerückt: VW hat bis heute kein einziges Hybrid- oder Elektroauto in China produziert, BMW hat immerhin schon 432 (!) Fahrzeuge vom Mild-Hybrid BMW 531Le aus dem Werk in Shenyang verkauft.

Daimler lahmt gewaltig

Aus der Ehe zwischen BYD und Daimler wurden im Jahr 2015 exakt 2.888 DENZA-Elektroautos zum Preis von 38.380 Euro verkauft (nach Abzug der staatlichen Förderung von 11.600 Euro). 2016 waren es bis Ende Oktober nur mehr 1.420 Einheiten. Kein Wunder, denn der Elektromotor (86 kW, 290 Nm) mit Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (62 kWh) von BYD beschleunigt die biedere Stufenhecklimousine mit 2,1 Tonnen erst in 14 Sekunden auf 100 km/h. Von 0 auf 60 km/hschafft es der Wagen in 4,5 Sekunden. Seit Produktionsstart im Jahr 2014 wurden insgesamt 4.500 Einheiten verkauft, ein echter EV-Flop aus dem Hause Daimler in China.

Mit dem DENZA EV sichert sich Daimler dieses Jahr einen Marktanteil von 0,6 Prozent im NEV-Segment der Batterie- und Hybrid-Fahrzeuge.

Hybrid-Limousinen wurden weiter entwickelt

Dass es auch ganz anders gehen kann, zeigt die chinesische Braut: Im gleichen Zeitraum seit 2014 verkaufte BYD auf dem Heimmarkt mehr als zehn Mal (48.041) so viele Elektroautos der Marke Qin 300 EV, e6 und e5.

Der smarte BYD-Chef Wuang Chan Fu stärkt die EV-Eigenmarken durch die Weiterentwicklung der Plug-in-Hybrid-Limousine Qin zum Vollelektriker und drängt damit den LV-Elektriker DENZA weiter ins Abseits: Bis Ende Oktober 2016 wurden 60.000 Fahrzeuge verkauft. Mit dem leistungsfähigem BYD EV 300 und seinem 218 PS starken Elektromotor (310 Nm, 7,9 s auf 100 km/h) und mehr Komfort-Elektronik ist er dem DENZA überlegen. Dank der BYD-eigenen Batterie, gleicher Akku wie im DENZA wohlgemerkt, sind 250 Kilometer Reichweite realistisch.

Ausländische Unternehmen müssen kooperieren

Der Anteil aller deutschen Autobauer in dem stark wachsenden NEV-Markt beträgt lächerliche 0,75 Prozent: Tendenz fallend. Dabei stieg die Anzahl aller neu zugelassenen Elektro- und Hybridfahrzeuge in China 2016 auf circa 300.000 Stück; seit 2011 waren es etwa 750.000 Einheiten.

Grund für die geringe Marktpräsenz sind die angeblich harschen Regierungsvorgaben im "NEV Industry Development Plan 2011 - 2020". Darin werden die ausländischen Joint-Venture-Partner zum Technologie-Transfer in Schlüsselkomponenten (Batterie, Elektronik, ) verpflichtet. Kein deutscher OEM wollte 2010 die (vermeintliche) Technologie-Führerschaft in diesem Segment mit seinem lokalen Partner teilen; japanische bzw. koreanische Autobauer und Batterie-Lieferanten wie Samsung waren hier einfach pragmatischer.

Chinesische Marken dominieren EV-Segment

Die chinesischen OEMs hatten nach "Ausschaltung" des westlichen Partners genügend Zeit, die Technologie von internationalen Tier-1/2-Lieferanten legal zu erwerben und konnten dank extrem hoher Subventionen die Früchte ernten.

Der Markt für Elektroautos in China wird zu 95 Prozent von lokalen Marken dominiert; unter den sechs absatzstärksten OEM-Marken finden sich drei alte Bekannte, die schon in einer EV-Studie aus dem Jahr 2009 bekannt waren.

Damals standen auf der einen Seite westliche, etablierte Autobauer aus Amerika, Westeuropa, Japan und Südkorea; auf der anderen Seite gab es die chaotische Welt der mehr als 30 chinesischen EV-Startups, die Golf-Carts, Squads oder langsam fahrende Elektroautos im Kleinformat produzierten.

Doch jetzt ist alles anders: Im Ranking der meistverkauften LS-EV Ende Oktober 2016 liegt der Geely Zhidou D2 auf Platz sechs. Mit 15.928 verkauften Fahrzeugen hat der Kleinwagen mit Straßenzulassung einen Marktanteil von 7 Prozent. Unter den bis Ende Oktober verkauften Top-5-NEV-Autos ist BYD mit drei Modellen vertreten: An erster Stelle liegt der Power-Hybrid SUV BYD Tang (505 PS, 850 Nm). 22 Prozent des gesamten Pkw-Umsatzes macht BYD inzwischen mit Hybrid- und Elektro-Fahrzeugen.

BYD wird heuer mehr als 120.000 Hybrid-und Elektroautos verkaufen. Der Trend geht eindeutig in Richtung Batteriefahrzeug. Bis Ende Oktober waren 63 Prozent aller verkauften NEV-Modelle rein elektrisch angetrieben.

Man kann gespannt sein, wie Daimler-Chef Zetsche seinen Aktionären bei der nächsten Aufsichtsratssitzung das Joint-Venture-Erfolgsmodell verkaufen wird.