Dabei sind die Argumente derÖl-Bosse auf den kommenden Seiten dieser Sonderausgabe für ihre Top-Produkte absolut richtig: Noch nie hatten wir so hochwertiges, hochentwickeltes Motoröl zur Verfügung - für Motoren, die immer leistungsfähiger, sparsamer und umweltfreundlicher werden. Von jedem Auto-Hersteller werden eigeneSpezifikationen verlangt und gemeinsam mit Öl-Herstellern entwickelt. Nach 0W20 kommt nun 0W16, 0W12 und irgendwann bestimmt auch wasserähnliches 0W08, weil die Autobauer jedes einzelne Gramm CO 2 nutzen müssen, das irgendwo einzusparen ist. Für die Werkstatt wird die Herausforderung, das richtige Öl bei seinem Lieferanten zu finden und verfügbar zu haben, immer größer. Vor allem für freie Betriebe, also auch für jede Markenwerkstätte mit Auslastungsproblemen und Mehrmarkenstrateige, trifft diese Entwicklung zu.

Geiz ist nun einmal geil

Dem Kunden ist das meistens egal. Er geht davon aus, dass seine Kfz-Werkstätte das richtige Öl verwendet. Es soll halt nicht zu teuer sein. Geiz ist nun einmal geil, niemand will übervorteilt werden und sich auch nicht vor dem Nachbarn blamieren, der ohnehin im Internet ALLES besser und billiger kauft. Gut, wenn es das vermarktete Produkt im Internet gar nicht zum Vergleich gibt. Schlecht, wenn der Kunde den Preis in der Werkstätte nicht bezahlen will, weil ihm die Ölmarke gänzlich unbekannt ist. Die Diskrepanz ist klar: Welches Öl ist für meinen Betrieb, für meinen Fahrzeugpark, für meine Kunden und vor allem für meinen Ertrag das richtige. Das sind individuelle Entscheidungen, die jeder Unternehmer für sich selbst treffen muss. Das gesamte Gefüge hängt sehr stark von der Strategie des Öllieferanten ab.

Vertriebschaos inÖsterreich

Auf der Vertriebsseite ist inÖsterreich momentan sehr viel in Bewegung: Castrol lagert an Obereder, Adamol und Stahlgruber aus, Petronas vertreibt über Birner, Q8Oils wechselt von Obereder (teilweise) zu Leikermoser, Lukoil strukturiert um und Öl-Profi Claus Gruber wechselt von Birner wieder zurück zu seiner Adamol.

Direktvertrieb kann noch punkten

Der Direktvertrieb wird zur Ausnahme und verhilft konsequent agierenden Organisationen wie Total zu Zugewinnen. Die Vertriebsmodelle reichen von Vertriebskooperationen mit wenigen oder exklusiven Partnern wie etwa Shell (Haberkorn), Motorex (Derendinger), Motul (Trost) oder Eurolub (Klein) bis zur Vertriebs-Gießkanne, nach dem Motto: Volumen schaffen über möglichst viele Vertriebskanäle. Für die Preisstabilität ist das freilich sehr gefährlich, die Reifenbranche kann ein Lied davon singen.

Gleichzeitig ist es für traditionsreiche Marken wie Veedol, die nach dem Neustart in Deutschland auch nach Österreich kommen, gar nicht einfach, einen guten und exklusiven Vertriebspartner zu finden.

Ist die Werkstatt als Kundeüberhaupt attraktiv?

Dabei ist es nachvollziehbar, dass der lange Zeit gängige Vertrieb nicht aufrecht erhalten bleibt. Mit dem eigenen, kostenintensiven Außendienst muss die Werkstätte intensiv betreut werden. Nach jeder Verhandlung - über den kostenintensiven Außendienst - wird der Einkaufspreis noch günstiger.

Da klingt es erst einmal logisch, dass ein Online-Verkauf an den vergleichsweise gut zahlenden Endkunden interessant erscheint. Ob diese Strategie nachhaltig funktioniert, bleibt abzuwarten. Vielleicht hat die Branche auch gar nicht mehr die Zeit, abzuwarten. Das von Castrol entwickelteÖlsystem Nexcel braucht vermutlich keine Werkstätte mehr. Die vom Endkunden (online?) gekaufte Ölbox samt Filter kann offenbar auch vom Autofahrer schnell und einfach getauscht werden. Und in nicht ferner Zukunft wird das Fahrzeug schon selbst online bestellen, sobald der Ölwechsel ansteht.

Noch ist dasÖl nicht obsolet

Bis es so weit ist oder dasÖl ohnehin aufgrund der Elektrifizierung obsolet wird, kann und muss die Werkstätte ihren Öl-Ertrag so lang wie möglich sichern - durch starke Partnerschaften, durch die richtigen Lieferanten und durch Nischen, die sich noch immer auftun. So ist der Klassikbereich stark im Wachstum. Den Oldtimer- und Youngtimer-Fahrern ist das Beste für ihren Liebling gerade gut genug. Der Bereich AdBlue, also die Harnstoff-Einspritzung zur NOx-Reduktion, wird stark wachsen. Zwar ist am Mittel selbst nicht viel zu verdienen, aber die Dienstleistung ist dem Kunden etwas wert.

Automatikgetriebeöl wechseln

Ebenso werden der Service und derÖlwechsel beim Automatikgetriebe immer mehr zu Thema. Einerseits verabschieden sich die Hersteller von der Lifetime-Füllung und empfehlen wieder regelmäßigen Getriebeöl-Tausch. Gleichzeitig steigt die Durchdringung mit automatischen oder automatisierten Getrieben, Beispiel Doppelkupplung, starkan. Diese Dienstleistung wird noch nicht oft angeboten und kann - zumindest vorübergehend - ein kleines Alleinstellungsmerkmal darstellen.