Hintergrund war ein Vorabentscheidungsersuchen des deutschen Bundesgerichtshofes, der sich mit der Klage der Handelsvertreterin Yvonne Karaszkiewicz auseinanderzusetzen hatte, die ihren Ausgleichsanspruch gegenüber der Marchon Germany GmbH eingeklagt hatte. Marchon vertreibt als Großhändler von Brillengestellen eine Produktpalette verschiedener Modelle, Marken und Kollektionen an Optiker. Dabei betraut Marchon Handelsvertreter mit einzelnen oder mehreren Marken, sodass die Handelsvertreter innerhalb ihres Marktverantwortungsgebietes im direkten Wettbewerb zu Handelsvertretern mit anderen Marchon-Marken stehen. Karaszkiewicz war von Marchon mit dem Vertrieb der Brillengestelle zweier Marken betraut worden und erhielt zu diesem Zweck eine Liste von Optikern, mit denen Marchon bereits Geschäftsverbindungen hinsichtlich der Brillengestelle anderer Marken unterhalten hatte. Karaszkiewicz vermittelte in der Folge überwiegend an diese Optiker die ihr zugewiesenen Brillengestelle. Nach Beendigung der Vertragsbeziehung forderte sie den ihr zustehenden Ausgleichsanspruch und bezog in ihre Berechnung auch jene Optiker als "Neukunden" ein, die zuvor schon auf der Kundenliste von Marchon gestanden waren -aber eben für andere Marken. Marchon entgegnete, dass es den fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Handelsvertreters und jenen des Unternehmens unterlaufen würde, wenn der Unternehmer schon bei einer Erweiterung der Produktpalette einen Ausgleich zahlen müsste.
Klare Entscheidung
Nachdem Karaszkiewicz bereits in den ersten beiden Instanzen mit ihrem Anspruch durchgedrungen war, bestätigte schließlich auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 7. April 2016 (C-315/14), dass der Begriff des "neuen Kunden" nicht zu eng ausgelegt werden dürfe. Als "neu" im Sinne von Artikel 17 der bezughabenden Richtlinie 86/653/EWG sind Kunden auch dann anzusehen, wenn sie bereits wegen andererWaren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhalten haben. Dem Vorbringen von Marchon, dass es für den Handelsvertreter einfacher wäre, neue Waren an solche Personen oder Firmen zu veräußern, hielt der EuGH unter Verweis auf seine bisherige Judikatur entgegen, dass diese Behauptung lediglich zu einem Billigkeitsabschlag im Rahmen der Prüfung der Höhe des Ausgleichsanspruches führen kann. Ein gänzlicher Entfall ist dadurch jedoch nicht gerechtfertigt.
Auch dass die bereits vertriebenen und die neu vermittelten Brillengestelle einander bis auf die Marke weitgehend entsprechen, reicht nach Ansicht des EuGH nicht aus, um den Ausgleichsanspruch auszuschließen. Vielmehr ist zu überprüfen, ob der Vertrieb der neuen Waren auf Seiten des Handelsvertreters Vermittlungsbemühungen und eine besondere Verkaufsstrategie erfordert hat.
Markenspezifische Geschäftsverbindung
Folgt man der bisherigen Judikatur desösterreichischen Obersten Gerichtshofes (OGH), so ist der Begriff des Neukunden branchenbezogen zu interpretieren. Als Neukunde wäre demnach ein Kunde auch dann anzusehen, der schon bisher mit dem Unternehmer in Geschäftsbeziehungen stand, wenn er für einen anderen Geschäftszweig geworben wurde(10 Ob 75/14y). Die Frage, was unter diesem "anderen Geschäftszweig" zu verstehen ist, ließ der OGH bis dato unbeantwortet, jedoch erhält sie durch die aktuelle Entscheidung des EuGH neue Brisanz. Müssen bei Mehrmarkenhändlern, die von einem Konzern beliefert werden, beim Ausgleichsanspruch nur jene Kunden berücksichtigt werden, die ein Fahrzeug derselben Marke gekauft haben? Oder liegt ein Neukunde auch dann vor, wenn er beispielsweise zuerst einen VW und beim nächsten Kauf einen Audi ersteht?
Der EuGH hat nunmehr eine klare Antwort auf diese Fragen: So findet der Vertrieb von Waren im Allgemeinen je nach Marke in einem anderen Rahmen statt. Marken stellen ein Instrument der Geschäftsstrategie dar, das zu Werbezwecken oder zum Erwerb eines Rufes eingesetzt wird, um den Verbraucher zu binden. Marken stellen daher stets auch immer ein Instrument der Geschäftsstrategie dar, das zu Werbezwecken oder zum Erwerb eines Rufes eingesetzt wird, um den Verbraucher zu binden. Der Handelsvertreter muss daher mit jedem Kunden eine markenspezifische Geschäftsverbindung begründen. Somit sind wohl das vom OGH verlangte Erfordernis des "anderen Geschäftszweiges" und auch der ausgleichsbegründende Neukundenbegriff erfüllt und der Ausgleichsanspruch steht auch für diese Kunden zu.
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