Besonders soziale Medien, laut Kurier-Glossenschreiber Guido Tartarotti die Durchlauferhitzer für heiße Luft, produzieren in geradezu zerstörerischer Wucht einen permanenten Tsunami an Unwahrheiten. Nicht dass Täuschen nicht schon früher der Fall gewesen wäre, gerne wird die Lüge genutzt, um ein Motiv und eine Chance zu nutzen, sich einen Vorteil zu verschaffen. Das Risiko, getäuschtzu werden, ist größer geworden.

Unser Gehirn ist darauf programmiert, Informationen, die unseren vorgefassten Meinungen oder Hoffnungen entsprechen, grundsätzlich zu akzeptieren. Eine Stimmung wechselseitigen Gebens und Nehmens, neusprachlich Win-win-Situation, ist insbesondere in der Autobranche verbreitet. Rosstäuscherei war früher. Heute werden Hightech-Produkte mit einem Preisfeuerwerk in den Markt gedrückt, dass einem dabei Hören und Sehen vergeht. Tageszulassungen werden genutzt, um die Ware als Jungwagen an die Kunden zu bringen. Also ist Rosstäuscherei doch wieder modern.

Was passiert, ist den Protagonisten klar: Die Käufer warten vorerst ab und gehen auf Schnäppchensuche. Dabei wirkt das Internet wie ein Röntgengerät. Jede noch so kleine Differenz wird zutage gefördert und sogleich wieder vom Wettbewerb ausgeschlachtet. Am Ende verfällt die Marge, Verkauf und Service geht die Luft aus.

Dabei rät die Fachliteratur bei heiklen Fragen wie der Preis-und Leistungsangabe zu großer Vorsicht. Und das ist schon die erste "gedruckte" Lüge. Ohne Basisvertrauen im Austausch von Informationen kann man kein Win-win-Geschäft tätigen.

Wahrheit bringt ungünstige Verhandlungsposition

Es gibt nicht allzu viele Menschen, die sich eine ehrliche Beantwortung von Fragen leisten können, weil sie sich durch eigene Unwahrheiten selbst in eine ungünstige Verhandlungsposition manövrieren könnten. Wer seine Absatz-und Leistungsstrategie auf Lügenbeine stellt, wird- früher oder später -durchschaut. Unternehmer, die dieser Versuchung widerstehen können, haben tatsächlich mehr Erfolg. Nur leider ist deren Spielraum begrenzt und die Teilnehmerzahl sinkt.

Inkognito geht das Flunkern halt leichter. Daher wurden ja von den Konzernen, die es bisweilen selbst mit der Seriosität ihres Kaufmannsgeschäftes recht locker nehmen, Compliance-Regeln angewendet. Juristisch ist das ein wunderbarer Hebel, Ausweichmanöver zu starten, ohne selbst die Lüge strapazieren zu müssen.

Eines ist klar: Angebot und Nachfrage bestimmen nach wie vor das Kaufmannsgeschäft. Wie man es auch dreht und wendet, den Märkten in unseren Breiten fehlt das organische Wachstum. Aktuell bestimmt das Überangebot den Preis, und das ist dank Internet-Transparenz preisanfällig geworden.

Dennoch posaunen die großen wie die kleinen Spieler Wachstum in den Markt. Dabei teilen immer mehr Leute, anstatt zu besitzen, und immer weniger Menschen können sich das alles leisten. Das macht aber nichts, denn globale Abschöpfer schauen drauf, dass die sich verringernde Kaufkraft dennoch in deren Töpfen sammelt. Sonebenbei wird auch noch die Privatsphäre attackiert, der Mensch verkommt zum gläsernen Absatzwerkzeug. Er wird nicht mehr als Kunde respektiert, sondern nur noch als Massenprodukt.

Lügen wie gedruckt, kommt ans Ende dieses Aufsatzes wieder zum Vorschein. Weil die Aktionäre nicht enttäuscht werden dürfen, spielen die Konzerne auf ihrer eigenen Klaviatur und leisten sich einen falschen Ton nach dem anderen. Da kann der Chor an der Basis dagegen ansingen, wie er will. Die Umsatzprognosen werden weiter zu optimistisch eingeschätzt werden und die sozialen Netzwerke nicht in der Lage und Willens sein, die Gefahr für Wirtschaft und gesellschaftliches Wohlbefinden richtig einzuschätzen. Es wird weiter geflunkert, so lange, bis die Geldwirtschaft selbst an die Wand geknalltist. Statistische Wahrheiten von heute, das Doping des Handels, werden morgen umgeschrieben, weil sie der Lüge zum Opfer gefallen sein werden.

Arbeitslose ziehen uns nicht aus der Krise Die wachsende Zahl Arbeitsloser oder Mindestlohnbezieher werden uns nicht aus der Wirtschaftskrise ziehen können. Das Absaugen der lokalen Wirtschaftskraft in ausländische Kanäle verstärkt diesen Effekt und den vor Ort verbliebenen Menschen helfen in ihrer Existenzgestaltung auch noch so gut gemeinte Ratschläge nicht weiter.

Die Masse kann auf keine Regelkonformität wie die Industriegiganten pochen. Sie schaut ins wirklich nicht kostenlose Internet, beschäftigt sich unreflektiert mit der eigenen Meinung und den vielen "günstigen und oft kostenlosen" Angeboten und vergisst dabei, das ihr persönlicher Spielraum immer enger bemessen ist. Das Full-Service-Erlebnis wird in der unendlichen Angebotsvielfalt gesucht und selten mehr gefunden. Dabei wäre hier der Ratschlag angebracht: "Warum denn in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah!". Übrigens ist das die einzige Wahrheit, die ich ans Ende dieses Aufsatzes stellen kann.