Joseph Brot ist zum Inbegriff von Qualität geworden und erteilt der
Geiz-istgeil-Mentalität eine klare Absage. Die Menschen stehen vor
seinen Geschäften Schlange für das wahrscheinlich beste Brot, das
Wien zu bieten hat.
Im besten Restaurant des Landes wird es frisch von der Bröselkutsche,
wie die Kellner das große Wagerl nennen, mit dem sie von Tisch zu
Tisch fahren, gereicht. Auf dieses Wagerl hat es das Brot von Josef
Weghaupt mit viel Wille und noch mehr Qualität geschafft. Und das zu
einem Zeitpunkt, als mit dem Namen Joseph Brot noch kaum jemand etwas
anzufangenwusste. Heute zählt er zu den bekanntesten Bäckern Wiens
und in Gourmet-Kreisen spricht man gar in ganz Europa über ihn. Nur
Gutes, versteht sich.
In Zeiten, in denen jeder immer alles und sofort haben muss, ist es
schwierig oder fast unmöglich geworden, den Unterschied zwischen
günstig und billig allgemeingültig zu definieren. Noch schwieriger
ist die Situation, wenn es um "richtig gut" gegen "gerade noch
genießbar" geht, womit wir wieder beim Brot wären. Zehn Semmeln um
einen Euro oder doch lieber nur eine Semmel um knapp weniger als
einen Euro? Was ist richtig?
Nicht nur das Automobilgeschäft ist ein reiner Verdrängungswettkampf
in einem gesättigten Markt. Die Situation, mit der die
österreichischen Bäcker konfrontiert sind, ist um nichts besser.
Verkauft wird fast schon rund um die Uhr, geliefert wird von überall
her und der Preis ist, wie nicht anders zu erwarten, komplett amBoden. Das gilt leider hie und da auch für die Qualität, die
Kompetenz des Verkaufspersonals und das Ambiente der Shops.
Schwierige Branchen: Auto und Brot
Wenn sich jemand dennoch dazu entschließt, künftig neue Autos oder
frisches Brot verkaufen zu wollen, dann muss er ein Narr sein.
Weghaupt ist so einer. Das mag daran liegen, dass er nie daran
gezweifelt hat, dass Qualität seinen Kunden etwas wert sein muss.
Mangels der Möglichkeit, gleich richtig groß zu expandieren, hat er
seinenWeg mit einer Waldviertler Bäckerei als Haus-und Hoflieferant
in der heimischen Spitzengastronomie bestritten. Auch deswegen, weil
ihm die Banken -wenig überraschend -kein Geld gaben, um in einem
Markt zu starten, der von Schließungen und Pleiten geprägt war und es
bis heute ist.
Wenn sich auf der Landstraßer Hauptstraße im 3. Wiener Gemeindebezirk
mehrmals pro Woche eine Schlange bildet, die fast bis Wien Mitte
reicht, dann ist es nicht der 1-Euro-Shop oder der Konkursabverkauf
von XY, sondern der Wunsch vieler Kunden, für gutes Geld
ausgezeichnetes Brot und hervorragendes Gebäck zu kaufen.
Spitzenverdiener muss man dafür keiner sein, man muss nur Prioritäten
setzen, wenn es darum geht, Qualität zu kaufen und Ramsch außen vor
zu lassen.
Die Menschen in der Schlange auf der Landstraße -sie wissen, was sie
wollen, und sie wissen auch, was sie für ein paar Minuten des
Anstellens geboten bekommen.
Qualität muss etwas wert sein
So muss das früher auch einmal in der Autobranche gewesen sein, als
die Menschen noch vor dem Geschäft ihr Nachtlager aufschlugen, um
frühmorgens als erste den Kaufvertrag für das neue Modell
unterschreiben zu können. Keine Ahnung, ob das heute auch noch
möglich wäre. Einen Versuch wäre es vermutlich wert, denn auch bei
den Autokäufern gibt es jene, denen Qualität etwas wert ist. Geiz ist
geil bringt uns mittelfristig alle um. All jene, die diese
Einstellung teilen, dürfen sich zwischenzeitlich an drei Standorten
in ganz Wien über Joseph Brot freuen und in der Gastronomie ist
Joseph längst nicht mehr nur in der obersten Preisklasse zu finden.
Ohne das Können und den eisernen Willen von Weghaupt zu schmälern,
sei an dieser Stelle noch eine Anmerkung erlaubt: Ich kaufe dort mein
Brot, weil Joseph Brot genau jene Qualität bietet, die mein Bäcker im
Nachbarort auch einmal geboten hat. Nur dass das jetzt schon bald 40
Jahre her ist.