Schlau. Redegewandt. Geschäftstüchtig. Humorvoll. Wertschätzend. Erfolgreich. Hilfsbereit.

Gerhard Lustigs Liste an lustigen, listigen und lästigen Eigenschaften auf beruflicher und menschlicher Ebene ließe sich unendlich fortführen. Als Geschäftsführer und Verlagsleiter in einer Person hat er Lederers Medienwelt zum führenden automotiven Fachverlag ausgebaut, die Anzahl der Medien von 1 auf 8 erfolgreich gesteigert und die Branche nachdrücklich geprägt. Kurz bevor er die operativen Geschäfte an seine Nachfolger Philipp Hayder und Stefan Binder übergeben hat und noch bevor er sich in der Herausgeberrolle profilieren wird, habe ich mich mit dem damaligen Geschäftsführer und Verlagsleiter Lustig an einen Tisch gesetzt. Um endlich Klartext zu reden und zu schreiben

Petra Mühr: Schön, dass Sie sich beide auf dieses Abenteuer einlassen. Wie geht"s Ihnen im Moment?

Geschäftsführer: Wem jetzt?!- Das ist schon seltsam, sich selbst zu interviewen

Verlagsleiter (fällt ihm, vielmehr sich, ins Wort): Das ist sicher wieder so eine Lifestyle-Idee! Aber wenigstens nicht, das etwas andere Interview", das jedes Medium macht. So etwas brauch" ich sicher nicht!

Geschäftsführer: (setzt währenddessen unbeirrt fort) noch dazu, wo wir bald nur mehr einer in Form des Herausgebers sind.

Verlagsleiter: Maximal bis zum 70. Lebensjahr. Dann ist wirklich Schluss mit Lustig.

Geschäftsführer: Ich habe vernommen, dass du dich ab sofort in deiner Heimatgemeinde mehr engagieren willst, mit Gemeindezeitung und ähnlichen Projekten

Verlagsleiter: Das hast du richtig gehört wie steht"s bei dir nun mit einem politischen Amt?

Geschäftsführer: Ich habe niemals ein Parteibuch gehabt und werde das auch weiterhin so halten. Daher ein klares Nein zu einem politischen Amt -selbst wenn"s nur ein Amterl wäre.

Aber für deine Gemeindezeitung werde ich dir sicher noch ein Inserat herausreißen

Verlagsleiter: Apropos, was war dein absolut bestes Geschäft?

Geschäftsführer: Dass mich Helmuth Lederer als Partner für seine Verlagsideen gewählt hat. - Und welche war deine absolut beste Story?

Verlagsleiter: Ich habe das Detektiv-Video eines frustrierten Autohändlers, der sich vom Verkaufsdirektor ständig angelogen fühlte, in die Hände bekommen, den Text abgetippt und veröffentlicht. Das hat dem Importeur nicht gefallen, alle anderen haben sich köstlich amüsiert.

Geschäftsführer: Nach der A&W-Hofübergabe wolltest du ursprünglich den Jakobsweg umgekehrt, also von Santiago de Compostela nach Wien, laufen. Aus gesundheitlichen Gründen gibt"s nun ein Ersatzprogramm

Verlagsleiter: Schade, denn ich wollte beim Laufen den entgegenkommenden Menschen andächtig in die Augen sehen können und diese Eindrücke in Buchform bringen.

Sohin gebe ich bereits die soziale Richtung an, die mich hoffentlich dann fesseln wird.

Geschäftsführer: Schaust du eigentlich niemals auf dich?

Verlagsleiter: Du auch noch, das kann ich schon nicht mehr hören ,auf mich schauen"! Ich hab" mein Leben lang gern gearbeitet und dabei auf mich nicht vergessen.

Mühr: Wofür brannten Sie mehr, fürs Chefredakteur-oder Geschäftsführer-Dasein?

Geschäftsführer: (grinst) In meiner Omnipräsenz für alles, was dem Verlag und der Autobranche dienlich ist.

(Geschäftsführer und Verlagsleiter lachen, heben die Hand und schlagen ein.)

Mühr: Da sind sich die ach zwei Seelen in Ihrer Brust ja wieder einmal einig! Aber ernsthaft: Im Zweifelsfall lieber das gute Geschäft oder die Top-Aufdeckerstory?

Verlagsleiter: Ich schaffe beides. Einmal das und einmal das andere zuerst!

Geschäftsführer: Ich ebenso. Sag, gab es eigentlich jemals eine Geschichte, an der du dir die Zähne ausgebissen hast und aufgeben musstest?

Verlagsleiter: Der Arbeitskreis der Automobilimporteure hat sich bis heute einem klaren Bekenntnis zum Autohandel-Fort-

bestand entzogen. Aber aufgegeben habe ich noch lange nicht. Geschäftsführer: Wenn ich bei der Recherche merke, dass meine Story unschuldige Menschen um ihre Existenz brächte. Auch das ist passiert. Mühr: Welchen Satz von der Mama werden Sie nie vergessen?

Verlagsleiter: (wie aus der Pistole geschossen) "Herrgott, gib" mir bitte noch einen wie diesen!"

Geschäftsführer: Die Geschichte dazu: Ich habe zuhause vorgetäuscht, der Klassenbeste zu sein. Als meine Mutter vom Klassenvorstand die gegenteilige Realität erfuhr, streckte sie die Hände gen Himmel und rief: "Herrgott, gib" mir bitte noch einen wie diesen!" Der Klassenvorstand blickt sie verwundert an und wollte wissen, wie sie das meine. Sie darauf: "Damit ich den einen mit dem anderen erschlagen kann."

Verlagsleiter: (lacht) Und nun sitzen wir tatsächlich zu zweit da.

Geschäftsführer: Sag" daher nie, du gehst einen Berg allein hinauf! Du brauchst auf irgendeiner Passage immer jemanden, der dir die Hand gibt oder das Seil hält. Fehltritte macht man ohnehin genug.

Verlagsleiter: Mir war oft bewusst, dass ich für eine Entscheidung die Watschn kriege, aber da bin ich unbeirrbar durchgegangen.

Mühr: Sie wirken stets unerschrocken. Hatten Sie jemals vor irgendetwas Angst?

Verlagsleiter: Als Sechsjähriger musste ich in der Steiermark die Kühe Resla und Bleaml von der Wiese nächtens durch einen dunklen Wald in den Stall bringen. Also habe ich die eine Kuh links und die andere rechts genommen und ich bin in der Mitte geblieben. Indem ich ins Unbekannte hineinging, habe ich meine Angst überwunden. Die Tragweite dieses Erlebnisses ist mir natürlich erst viel später bewusst geworden.

Mühr: Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?

Verlagsleiter: Nein, letztlich hat sich alles gefügt, obwohl ich ohne spezifische Ausbildung einen Branchenwechsel vorgenommen habe, was heutzutage wohl nicht mehr so leicht möglich wäre.

Geschäftsführer: Nun ja, eigentlich wollte ich Pilot werden ...

Mühr: Was hat Sie daran gehindert, wo Sie doch sonst alles erreichen, was Sie sich vorgenommen haben?

Geschäftsführer: Ich hatte schon alle Tests absolviert, war bereits auf dem Weg nach München und wäre von dort aus weiter in die Welt gezogen. Doch dann traf ich in einem Lokal meine damalige Frau Ich bin also der Liebe wegen von einem Tag auf den anderen in Österreich geblieben -um dann die Automobilbranche bearbeiten zu können!

Verlagsleiter: (grinst verschmitzt) Das Schicksal hat es mit dieser Branche eben selten gut gemeint ...

Mühr: Worauf sind Sie bis dato in Ihrem Leben am meisten stolz?

Geschäftsführer: Auf meinen Zu-und Umgang mit Menschen, die in schwierigen oder Notsituationen sind. Das kannst du in keinem Managementkurs lernen, das lernst du nur durchs Leben.

Verlagsleiter: Dass ich Monat für Monat eine gute Zeitung gemacht habe. Da waren Ausgaben darunter, mit denen wir wirklich etwas bewegt haben!

Geschäftsführer: Hattest du jemals ein Vorbild?

Verlagsleiter: Nein ... und du?

Geschäftsführer: Lederer ausgenommen, nicht wirklich. Der Graf Victor Lustig hat mir allerdings (augenzwinkernd) imponiert. Er wollte um die Jahrhundertwende den Eiffelturm als Schrott verkaufen. Heute würde er Neuzulassungen en masse verscherbeln!

Mühr: Ihre Antworten betreffen vor allem das Geschäft. Was berührt Sie?

Geschäftsführer: Hoppla, jetzt kommt"s auf die persönliche Ebene. (denkt nach) Hm, also wenn Unternehmer ihre Grenze übersehen und mit allem Hab und Gut in die Armut stürzen.

Verlagsleiter: Wenn Dummheit gegen Blödheit spielt, ist das immer ein Unentschieden.

Mühr: Fehlten Ihnen eigentlich auch einmal in einer Situation die Worte?

Geschäftsführer: Ja, wenn es die kaufmännische Disziplin erforderlich macht.

Verlagsleiter: Nein, denn mit dem Namen Lustig kommst du aus nahezu jeder Sackgasse hinaus! Wenn einer zum Beispiel sagt: "Lustig, Sie bringen mich zur Weißglut!", sag" ich darauf: "Lustiger geht"s ja kaum!"

Mühr: Noch zwei Fragen, die erste: Welche Frage würden Sie nie beantworten?

Geschäftsführer: Diese Frage hat sich noch nie gestellt.

Verlagsleiter: So ist es.

Mühr: Abschließend: Welche Frage wurde Ihnen noch nie gestellt?

Verlagsleiter und Geschäftsführer unisono: Diese hier.

Verlagsleiter: Ein solches Interview habe ich ohnehin noch nie gemacht.

Geschäftsführer: (blinzelt listig) LUSTIG war"s, schön war"s und erfolgreich. Somit erübrigt sich jede weitere Frage.