Wie von Versicherungsseite mit einem Totalschaden umgegangen wird,
hängt vor allem davon ab, ob es sich um einen Haftpflicht-oder
Kaskofall handelt. Wir erklären das Einmaleins der
Totalschadenabwicklung.
Ein Verkehrsunfall mit Sachschaden ist schnell passiert. Im
Haftpflichtfall hat der Geschädigte gemäß Allgemeinem Bürgerlichen
Gesetzbuch (ABGB) Anspruch auf Reparaturkostenersatz durch die
Haftpflichtversicherung seines Unfallgegners, falls eine Reparatur
möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Anders ist das, wenn ein
wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, also die Reparaturkosten den
Zeitwert des Kfz zum Unfallzeitpunkt erheblich übersteigen. Praktisch
führt dies vielfach dazu, dass Kraftfahrzeuge nicht repariert werden,
sondern über Wrackbörsen als Havarie ins Ausland verkauft werden. Der
Eigentümer erhält den Erlös aus dem Verkauf der Havarie und eine
Aufzahlungder Versicherung auf den Zeitwert.
Für die Frage, ab wann ein Totalschaden vorliegt, existiert kein
starrer Prozentsatz. Vielmehr zählt der Einzelfall. Eine mäßige,
wirtschaftlich vertretbare Zeitwertüberschreitung durch Reparatur ist
jedenfalls unschädlich. Der Oberste Gerichtshof hat bereits
Zeitwertüberschreitungen bis rund10 Prozent akzeptiert, in der
Praxis wird teilweise auch mehr anerkannt.
Praxisbeispiel: Versicherungskalkulation nachprüfen!
Was das in der Praxis bedeutet, zeigt der Fall von "Frau Susanne"
(Name geändert). Sie hatte Ende 2015 einen Verkehrsunfall mit reinem
Sachschaden (Heck links) an ihrem Skoda Octavia (81-kW-Dieselmotor,
Laufleistung rund 200.000 Kilometer, Erstzulassung August 1999).
Die gegnerische Haftpflichtversicherung schätzte den Zeitwert des
Skoda auf 1.350 Euro und erhob über die Wrackbörse einen Wrackwert
von 660 Euro. Die Reparaturkosten (4 Arbeitstage und Material) wurden
mit 4.014,96 Euro bemessen. Die Versicherung ging von einer
Zeitwertüberschreitung von rund 200 Prozent und damit von einem
Totalschadenaus. Frau Susanne gab sich damit nicht zufrieden. Sie
liebt ihr Auto und wollte den Schaden daher bei einer Fachwerkstätte
reparieren lassen. Ein von ihr selbst eingeholtes Gutachten ergab
einen Zeitwert von 1.750 Euro bei Reparaturkosten von 1.800 Euro.
Rechnerisch ergab dies eine Überschreitungdes Zeitwertes um rund 3
Prozent, was von der Rechtsprechung toleriert wird. Dieses Beispiel
macht klar, dass es in Haftpflichtfällen jedenfalls lohnt, die Zahlen
der Versicherung nachzuprüfen.
Vertragsfreiheit bei Kaskoversicherungen
Wie sieht es nun bei Kaskoschäden aus? Alle Kaskoversicherungen
basieren auf Verträgen zwischen den Versicherungen und den
Fahrzeughaltern, in denen auch definiert wird, wann ein Totalschaden
vorliegt. Eine 2011 vom Obersten Gerichtshof als zulässig bestätigte
Klausel lautet wie folgt: "Ein Totalschaden liegt vor, wenn [ ]die
voraussichtlichen Kosten der Wiederherstellung zuzüglich der
Restwerte den[ ] Wiederbeschaffungswert übersteigen." Müsste sich
Frau Susanne aus dem obigen Beispiel an eine Kaskoversicherung
halten, von der die genannte Klauseln verwendet wird, könnte sie ihr
Fahrzeug also nicht reparieren lassen. Anzumerken bleibt, dass
Kaskoversicherungsverträge von Versicherung zu Versicherung nicht
ident sind. Der Halter eines Kfz kann damit mit kluger Wahl der
Versicherung seines eigenen Glückes Schmied werden kann, zumal es
Kaskoversicherer gibt, die eine Totalschadenreparatur bis zu 100
Prozentdes Zeitwertes anbieten. Aus Sicht der Reparaturbetriebe ist
somit neben der Bereitschaft, sich mit der Vermittlung von
Versicherungsverträgen zu beschäftigen, entsprechende
Beratungskompetenz gefragt!