Der steigende Kostendruck und das geänderte Informationsverhalten,
das sich negativ auf die Showroom-Frequenz auswirkt, standen bei der
"1. AutoRetail Europe Conference", die Anfang Juni in Wien stattfand,
im Mittelpunkt der Diskussion.
Europas Automarkt kommt wieder auf Touren, auch wenn die
Verkaufszahlen noch lange nicht das Vorkrisenniveau erreicht haben.
In diesem Punkt waren sich die rund 70 internationalen Teilnehmer der
"1. AutoRetail Europe Conference" einig. So betonte etwa Pierluigi
Bellini, stellvertretender Direktor von IHS Global Insight
Automotive, dass "die Verkaufszahlen im 1. Quartal besonders
dynamisch angezogen haben". Wobei insbesondere Spanien und Italien
derzeit einen Aufschwung erlebten und "zweistellige Zuwachsraten im
Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnen" könnten. Klar sei jedoch
auch, dass "das Wachstum von einem niedrigen Niveau" ausgehe. Einig
war man sich auch in einem weiteren Punkt: Das volle Marktpotenzial
lässt sich erst dann abschöpfen, wenn sich wieder mehr Privatkunden
ein neues Auto leisten wollen.
Herausforderungen durch Kostendruck
Dieser Umstand und der steigende Kostendruck zwinge die Branche zum
Umdenken, ist sich Denis Gorteman, Vorstandsvorsitzender D"Ieteren
Auto aus Belgien, sicher. "Wir müssen unser Businessmodell neu
erfinden, weil die traditionelle Variante zu teuer wird." Vor allem
"im Bereich der Umsatzrendite" finde "seit Jahren eine massive
Erosion statt", die Investitionen behindere. Dabei müsse man sich
bereits heute auf das Connected Car einstellen, weil "die dauernde
Verbindung zum Kunden die Arbeit der Branche so massiv verändern
wird", dass man "darauf nur langfristig reagieren" könne. Die nötigen
Mittel dafür würden jedoch fehlen, "weil die durchschnittliche Marge
mittlerweile bei nur einem Prozent liegt". Abgesehen davon müsse man
Synergien schaffen, um den Kostendruck abzufedern.
Hoher Bedarf nach Mehrmarkenhäusern?
Eine Möglichkeit dafür wären Mehrmarkenhäuser. Doch die sind vor
allem in der Branche nicht beliebt. Steve Young, Managing Director
ICDP Automotive, brachte es auf den Punkt: "Was die Kunden lieben und
die Hersteller hassen, sind Multi-Brand-Autohäuser." So bevorzugen
laut einer ICDP-Umfrage "mehr als 50 Prozent aller Kunden
Mehrmarkenhäuser".
Dieses Verlangen gehe auf ein relativ neues Service von Webseiten
zurück, mit dem Fahrzeugmodelle unterschiedlicher Hersteller
miteinander verglichen werden können. "Es ist deshalb nur logisch,
dass sich die Kunden diese Möglichkeit im Showroom wünschen."
Generell müsste das Credo "Wenn die Kunden dich nicht finden, musst
du zu ihnen kommen!" stärker im Bewusstsein der Branche verankert
sein. Auch Roland Berger, Präsident Honda Central Europe, ist der
Meinung dass "die Zeiten hoher Showroom-Frequenz" vorbei seien und
man deshalb "dorthin gehen muss, wo die Kunden sind -und die sind nun
mal im Internet".
Kundenverhaltenändert sich
"Man könne und wolle den Händlern nicht erklären, wie sie Autos
verkaufen sollen", sagte Lorenz Loidl, Marketing Direktor
Autogott.at, doch "die Unmenge an Daten", über die die
Online-Plattform verfüge, gebe Aufschluss über das Käuferverhalten:
"Wir wissen u. a., dass 80 Prozent der Autogott-User in den nächsten
6 Monaten ein Auto kaufen werden, wobei 65 Prozent sich noch nicht
für eine Marke entschieden haben -meistens stehen zwei in der engeren
Wahl."
Young ergänzte: "Autokäufer beginnen im Schnitt 5 bis 6 Wochen vor
dem Kauf damit, sich online über ihr Wunschauto zu informieren, und
zwar umfassend über technische Daten, die Ausstattung, die
Finanzierung, Versicherung und Service-Intervalle." Nach dieser Phase
würden sie meist "nur mehr einen Anruf bei einem Händler tätigen, um
eine Probefahrt zu vereinbaren". Habe dieser Händler nicht das
passende Auto parat, dann "würde der Kunde einfach zum nächsten
wandern". Insgesamt mache die Branche in diesem Punkt "einen
furchtbaren Job, da viele Kunden nach dem Erstkontakt im WWW an
andere Parteien verloren gehen".