Wer hat eigentlich im Zweiradhandel die Nase vorn? Und wie laufen die
Geschäfte? Wir haben diesen Markt genauer unter die Lupe genommen.
In der auf das Autogeschäft fixierten Kfz-Branche läuft das
Zweiradgeschäft oft nur "nebenbei", daher findet man dazu nur wenige
handfeste Daten. Am ehesten noch bei der Arge 2Rad, welche regelmäßig
die Zulassungszahlen veröffentlicht. Aber auch bei Eurotax, die diese
Zahlen noch näher analysiert.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Economica taxiert dasösterreichische Zweiradgeschäft auf 1,4 Milliarden Euro. Davon
entfallen 40 Prozent auf die heimische Zweirad-und Teileproduktion.
Um die übrigen 840 Umsatzmillionen kämpfen ein gutes Dutzend
Importeure und die von ihnen bedienten 350 Händler und Werkstätten.
Die 3.500 von Economica im Handel ermittelten Arbeitsplätze zeigen,
dass die "Papa-&-Mama"-Läden mit Umsätzen knapp über einer Million
Euro dominieren. Ferdinand O. Fischer, Österreichs größter
Harley-Davidson-Händler, geht davon aus, dass es lediglich 80 größere
Betriebe gibt -in erster Linie jene 20 Prozent, die parallel zum
Zweiradgeschäft auch im Autohandel mitmischen.
Mit einer Marke allein ist es schwer
Nur wenige -wie etwa BMW und Harley -sind dabei "Monobrands". Alle
anderen haben eine mehr oder weniger breite Palette an Marken und
Modellen im Angebot -mit einem Lieferanten allein kann kaum einerüberleben.
Das liegt schon daran, dass der Verkauf der "nackten" Motorräder,
Roller und Scooter nur einen Teil des Umsatzes spiegelt. Nach der
Schätzung von Hans Zimmermann, der gleich für vier Länder den
Yamaha-Vertrieb managt, entfallen 50 Prozent des Händlerumsatzes auf
Neufahrzeuge. 15 Prozent werden mit der Werkstätte erwirtschaftet,
weitere 15 Prozent mit dem Zubehör und dem "Budel-Verkauf" von
Ersatzteilen. Die restlichen 20 Prozent des Umsatzes kommen von den
Gebrauchten.
Daraus ergibt sich, dass sich aus den 40.463 Neuzulassungen des
Jahres 2014 keine Umsatzzahlen hochrechnen lassen. Dazu kommt das
höchst unterschiedliche Preisgefüge dieser Zweiräder. Am einen Ende
gibt es die "Boss Hoss" mit einem V8-Motor um 70.000 Euro. Am unteren
Ende tummeln sich in den Baumärkten, den Versandhäusern oder bei
A.T.U Motorroller mit 50 ccm um 639,99 Euro.
Eine bunte Markenvielfalt gibt es nicht nur bei den Händlern, sondern
auch bei den unabhängigen Zweiradimporteuren. Insgesamt hat die Arge
2Rad 110 Marken gelistet. Angeführt wird dieses 2014er-Markenranking
von Vespa mit 6.220 Neuzulassungen. Allerdings brachten die Italiener
zusätzlich noch 1.494 Piaggio, 1.588 Derbi, 217 Scarabeo und 154 Moto
Guzzi auf den Markt. Damit liegt die Faber GmbH mit diesen 5 Marken
in der Neuzulassungsstatistik mit einem Marktanteil von knapp 25
Prozent klar an der Spitze.
Mit einem Umsatz von 36 Millionen Euro muss sich Faber knapp der KSR
Group in Krems geschlagen geben. Die kam europaweit mit 8 Marken -so
etwa Ride, Explorer, Generic und LML -auf 50.000 Stück. Von diesem
Umsatz entfallen aber nur 20 bis 25 Prozent auf den österreichischen
Fachhandel. Michael Kirschenhofer macht jedoch darauf aufmerksam,
dass über die Vertriebsschienen Forstinger (Ride, 2.257 Stück, Platz
5 der Zulassungsstatistik) und A.T.U (Explorer, 575 Stück, Platz 20)
vieleseiner "Exporte" letztlich doch bei heimischen Käufern landen.
BMW, KTM, Honda, Yamaha, Harley ...
Dem Ehepaar Johann und Margarita Ginzinger ist es geglückt, Import
(60 Prozent) und Einzelhandel (40 Prozent) unter einen Hut zu
bringen. Insgesamt schaffen sie damit einen Umsatz von 23 Millionen
Euro. Einerseits mischen sie mit den Aprilia-Modellen auch bei den
"schweren" Maschinen mit, anderseits haben sie mit SYM einen der
größten taiwanesischenScooter-Produzenten im Programm. Dank ihrer
sieben Filialen sind sie nicht vom Wohl und Wehe einzelner
Lieferanten abhängig. Mit der von manchen Herstellern propagierten
Markenexklusivität hat die Chefin nichts am Hut: "Wir sind in der
Freizeitbranche, da ist das fehl am Platz." Markenexklusivität wäre
bei den "Modeschwankungen" der Zweiradbranche für den einzelnen
Händler auch viel zu riskant.
Mit 24 Millionen Euro ist die Hans Leeb GmbH in Wolfsberg bereits ein
Schwergewicht der Branche. Als Generalimporteur der Taiwanesen
Beeline (Scooter), TGB (Quads) und Daelim (Roller und Motorräder) für
Deutschland und Benelux spielt der österreichische Markt nur eine
untergeordnete Rolle. Das gilt auch für die Enmoto Fahrzeughandels
GmbH, deren taiwanesische Gesellschafter in Panama logieren. Mit
1.369 Stück Kymco liegt sie auf Platz 10 der Stückzahlenskala.
Einschließlich der 444spanischen Tauris-Roller kommt sie auf 8
Millionen Euro.
Mit 3.614 Neuzulassungen lag KTM 2014 auf Platz zwei des
Markenrankings. Mit zusätzlichen 347 Husqvarna kam Österreichs
Zweirad-Flaggschiff (Jahresproduktion 175.000 Stück) bei einem
Konzernumsatz von 846,6 Millionen Euro am Heimmarkt auf knapp 40
Millionen Euro. Mit 3.017 Neuzulassungen folgt Honda an dritter
Stelle. Davon sind allerdings nur 817 Stück in der teuren Kategorie
L3. Durch den höheren Anteil bei den kleineren Modellen schaffte
Honda Austria bloß 15,7 Millionen Euro. Dafür kommt BMW mit 1.667
Stück als Spitzenreiter bei den "schweren" Motorrädern dank teuren
Zubehörs auf geschätzte 22 Millionen Euro.
Weniger Händler in den kommenden Jahren?
Harley-Davidson sitzt den Deutschen knapp auf den Fersen: Die im
Hochpreissegment fest verankerten Amerikaner konnten im vergangenen
Jahr (1.279 Stück L3) den Österreich-Umsatz von 15,4 Millionen Euro
auf stolze 19,5 Millionen Euro pushen. Die Differenz zwischen
Stückzahlen und Umsatz zeigt sich auch bei Yamaha. Im Markenranking
mit 2.282 Stück am vierten Platz, entfällt davon jedoch mehr als die
Hälfte auf leichte Maschinen -womit der "nackte" Zweiradverkauf ohne
Zubehör in Österreich lediglich knappe 10 Millionen Euro
hereinbrachte.
Für die Händler geht es weniger um Stückzahlen, sondern um den
Ertrag. Da ähneln die Spannen-und Rabattsituation dem unerfreulichen
Bild des Autohandels. Der Verkauf gebrauchter Bikes hat sich
zunehmend ins Internet verlagert.
Auch im Werkstättengeschäft ist nur schwer Geld zu verdienen, da die
verrechenbaren Stundensätze im Durchschnitt um 25 Prozent unter dem
Niveau der Autowerkstätten liegen. Dazu kommt, dass es -saisonal
bedingt -nur eine achtmonatige Auslastung gibt. Letztlich kommt es
daher auf das Zusatzgeschäft mit dem "Zubehör" an, ob sich der
Zweiradhandel rentiert oder nicht. Unter diesen Umständen gehen
Branchenkenner davon aus, dass sich die Händlerdichte in den
kommenden Jahren etwas lichten wird.
Verwirrende Typenvielfalt
Etwas verwirrend ist die EU-Fahrzeugklassenunterteilung der 40.463
Neuzulassungen (2014).
Relativ einfach ist es mit L1e, dem "zweirädrigen Kleinkraftrad". Das
sind all jene "Mopeds" oder "Motorroller", die nicht schneller als 45
km/h fahren dürfen. Dieser -rückläufige -Markt (in den Statistiken
auch als "Motorfahrräder" tituliert) kam 2014 auf 15.281 Stück. 2012
gab es in dieser Klasse der "Fünfzigerl" noch 21.201 Neuzulassungen.
Alle anderen sind die Klasse L3e mit mehr als 50 ccm, die statistisch
aber in Kleinmotorräder, Leichtmotorräder und "schwere" Motorräder
unterteilt werden. Von diesen 25.182 Neuzulassungen sind laut Arge
2Rad 12.521 Stück Motorräder über 125 ccm. Davon sind 9.195 "schwere"
Maschinen (L3).
Dieübrigen 12.661 Neuzulassungen gehören den "Rollern" über 125 ccm.
Diese beiden Segmente (L3e-Roller und Motorräder) halten sich somit
stückzahlenmäßig die Waage. Was jedoch nichts über die Umsatzvolumina
aussagt.