Die im Vorspann zitierten Fragen sind ein fast alltägliches Problem, vor dem Werkstätten stehen. Dr. Johann Kriegner, Konsumentenschützer bei der Arbeiterkammer in Linz, hat all dies näher unter die Lupe genommen. Mit dem Ergebnis, dass die Interessen der Geschädigten durchaus mit jenen der Kfz-Werkstätten harmonieren.
Vor allem beiälteren Autos führen schon relativ geringe Schäden dazu, dass der Reparaturaufwand den Zeitwert überschreitet. "Der Geschädigte kann im Totalschadensfall nicht die Reparaturkosten, sondern nur die Differenz zwischen dem Wert des Autos vor dem Unfall und dem Wert des Wracks - Zeitwert minus Wrackwert - verlangen", sagt Kriegner. Er zeigt an einem Rechenbeispiel die damit verbundene "deutliche Ersparnis des Versicherers" (siehe Tabelle nebenan):
Der Geschädigte hat nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zwar auch in einem solchen Fall die Möglichkeit, mit einer "sparsamen, aber dennoch ordnungsgemäßen Reparatur" die Totalschadensabrechnung auszuhebeln. "Er wird aber in der Regel keine Kenntnis davon haben, dass er unter diesen Voraussetzungen die Reparaturkosten verlangen kann", erklärt Kriegner. Meist resignieren die Geschädigten, "wenn aufgrund des Gutachtens eine Totalschadensabrechnung ermittelt wurde".
Reparaturkosten 110 Prozent des Zeitwertes
Hinzu kommt das "Prognoserisiko": Nach der Judikatur ist eine Reparatur nur "tunlich", wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten 110 Prozent des Zeitwertes nichtübersteigen. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die tatsächlichen Reparaturkosten einer Zeitwertreparatur diese kritische Schwelle überschreiten, müsste der Geschädigte - wegen der Untunlichkeit - auf Totalschadensbasis abrechnen. Insofern würde er auf einem "Differenzschaden" sitzen bleiben.
Für Kriegner ist daher der Sachverständige "der archimedische Punkt der Schadensregulierung, da er durch sein Gutachten die Richtung für die Schadensabwicklung vorgibt". Er steht zwischen dem Interesse des Geschädigten nach einer voll angemessenen Entschädigung und dem Ersatzpflichtigen, nicht mehr zahlen zu müssen als notwendig. Entscheidend ist daher, wie der Sachverständige die Höhe der Kosten ermittelt. Der Frage, wer die Höhe der Kosten ermittelt, kommt oft eine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Wer beauftragt den Sachverständigen?
Für Kriegner ist diese Frage in Österreich zulasten der Verbraucher völlig unbefriedigend gelöst. Der Geschädigte hat zwar nach den allgemeinen Beweislastregeln den Beweis für die Höhe des Ersatzanspruches zu erbringen. "Aber es gilt die eiserne Regel, dass der Sachverständige vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners beauftragt wird." Diese Sachverständigen stehen sogar oftmals in einem direkten oder indirekten Angestelltenverhältnis zum Haftpflichtversicherer . "Diese Praxis führt meines Erachtens zu einem Interessenkonflikt", meint Kriegner.
Diese Einschätzung deckt sich mit den Erfahrungen vieler Werkstätten. Etwa wenn der Gutachter mit Erfolgsprämien honoriert wird, wenn es gelingt, einen Schadensfall kostensparend mit einer Totalschadensablöse zu liquidieren. "Es wäre zweckmäßig, wenn der Sachverständige - so wie in Deutschland - vom Geschädigten beauftragt würde", glaubt der AK-Experte. Dadurch wäre die Gefahr eines Abhängigkeitsverhältnisses zum Versicherer weitgehend ausgeschlossen. "Es besteht dann keine Gefahr, dass der Sachverständige im Grenzbereich im Zweifel zugunsten des bezahlenden Auftraggebers entscheidet."
Werkstätten sollten die Judikatur kennen
Die Rechtsgrundlage für eine derartige freie Auftragsvergabe existiert schon jetzt. Nach ständiger Judikatur müssen dem Geschädigten die Kosten des Gutachtens aus dem Titel des Schadenersatzes ersetzt werden. Es nützt aber die konsumentenfreundlichste Judikatur nichts, wenn die Unfallopfer diese nicht kennen. Dannbesteht weiterhin die Gefahr, dass sie von Versicherungsagenten und Schadensabwicklern über den Tisch gezogen werden.
Die Kfz-Werkstätten sind die ersten Ansprechpartner, mit denen die Geschädigten Kontakt aufnehmen. An denen liegt es, ihre Kunden über deren Rechte aufzuklären. Sie sollten sich das Fachwissen und die EDV-Programme besorgen, um den Schadensabwicklern in den Haftpflichtversicherungen bei der Abwehr von Totalschadensabrechnungen Paroli bieten zu können.
Zeitwert€ 1.000.-
Reparaturkosten€ 1.200.-
Restwert€ 500.-
Totalschaden
Zeitwert minus Restwert€ 500.-
Reparaturkosten€ 1.200.-
Ersparnis der Versicherung€ 700.-
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