Jetzt, im Rückblick, kann Harald Nössig lächeln: Doch als der Geschäftsführer des Autohauses Lüftner im Sommer 1999 mit einem Fiat Multipla "Natural Power" in den Urlaub nach Sardinien fuhr, machte ihm (und natürlich dem Motor) das zusätzliche Gewicht durch die Erdgastanks zu schaffen: "90 PS waren für ein so schweres Auto natürlich an der untersten Grenze", sagt der Innsbrucker heute.
Seiner Begeisterung für Erdgasautos tat das aber keinen Abbruch -und das macht sich seit einigen Jahren bezahlt. Jetzt, wo Erdgasautos rein fahrerisch mit Benzin-und/oder Dieselkollegen mithalten können, gilt das von Nössig geführte Autohaus Lüftner in Innsbruck als allererste Adresse, wenn es um Erdgasautos geht.
Keine Großaufträge, fast nur Privatkunden
"Wir sind schon seit Jahren in diesem Bereich sehr erfolgreich", sagt er: Stets wurden binnen 12 Monaten deutlich mehr als 100 Autos mit CNG-Antrieb abgesetzt. Der bisher erfolgreichste Monat war der März dieses Jahres, als 35 CNG-Kaufverträge unterzeichnet wurden. Dabei habe es sich nicht um einen Mega-Abschluss eines großen Fuhrparkbetreibers gehandelt, wie man vielleicht vermuten würde, sagt Nössig -und auch im vergangenen Jahr sei dies so gewesen: "Der größte Abschluss waren 4 Erdgasautos für eine Baufirma."
Vielmehr handelt es sich dabeiüberwiegend um Privatkunden aller Altersstufen und gesellschaftlichen Schichten, die Erdgasautos im Autohaus Lüftner kaufen. Es sei vor allem das große Angebot bei Fiat, das die Kunden locke: "Allein in Italien sind mehr als eine halbe Million Fiat-CNG-Autos unterwegs. Auch bei uns gibt es 5 Modellreihen mit Erdgasantrieb; wenn man die Nutzfahrzeuge hinzuzählt, sind es sogar 8, die meisten mit modernsten Erdgas-Turbomotoren. Die fahren sich wirklich exzellent."
Käufer wollen vor allem sparen
Ein Großteil der Kunden sei extrem preisbewusst und versorgten Nössig sogar mit Excel-Tabellen, in denen sie angeben, wie wenig sie verbrauchten. "Das sind oft sogar längere Reichweiten, als wir uns zu sagen trauen."
Freilich ist auch beim Tiroler Erdgaspionier vielÜberzeugungsarbeit notwendig, um den Kunden die Vorteile der CNG-Autos zu vermitteln: "Die wenigsten Leute kommen und sagen, dass sie ein Erdgasauto möchten." Vielmehr stelle sich im Gespräch heraus, dass Erdgas "die richtige Antwort zu einem vernünftigen Preis" sei, sagt Nössig. Am besten verkaufen sich Dobló und Panda.
Nicht zuletzt sind auch die attraktiven Förderungen in Tirol ausschlaggebend: Zumindest bis Mitte des Jahres gibt es 1.310 Euro Zuschuss. Das seien bei einem Panda rund 10 Prozent des Kaufpreises, sagt Nössig: "Und daher amortisiert sich so ein Auto schon beim Kauf."
Außerdem ist das Tankstellennetz in Tirol seit 1999, als Nössig mit dem Multipla unterwegs war, von 1 auf 28 gewachsen: "Die TIGAS ist extrem motiviert." Außerdem lässt man sich auch sonst noch Einiges einfallen: Im Sommer 2014 beispielsweise den österreichweit ersten Erdgasauto-Informationstag,den man mit der Landesregierung, TIGAS und ÖAMTC direkt bei Fiat Lüftner ausrichtete. Oder eigene Eco-Trainings für Erdgasfahrzeuge, ebenfalls in Kooperation mit dem ÖAMTC. "Da können auch langjährige Erdgasfahrer noch viel lernen."
Ausreden gibt es keine mehr
Dass esüberall anders nicht so gut läuft mit dem Verkauf der sparsamen Autos, wundert Nössig: "Ich frage mich schon, warum meine Markenkollegen und die Händler anderer Hersteller so wenig zusammenbringen." Nössig wäre froh, wenn auch andere Hersteller und Händler den CNG-Bereich stärker forcieren würden: "Das würde das ganze Thema beflügeln."
Denn Ausreden, warum man sich kein Erdgasauto kauft, hätte man vor ein paar Jahren vielleicht noch gelten lassen. Doch jetzt wird es immer schwieriger.
VW-Konzern forciert das Angebot
Ein durchaus ansehnliches Angebot an Erdgasfahrzeugen hat der Volkswagen-Konzern, ganz egal ob es sich um kostengünstige Autos wie den Skoda Citigo, teurere Modelle wie den Audi A3 Sportback oder Familienautos wie den VW Touran handelt.
Dass ein Verkauf manchmal auch an der (Nicht-)Verfügbarkeit von Vorführfahrzeugen mit Erdgasantrieb scheitert, weiß man auch beim Marktführer. Laut Richard Mieling, Chef der Öffentlichkeitsarbeit bei der Porsche Holding in Salzburg, gibt es derzeit in der gesamten Organisation 70 bis 75 Stück; darin enthalten sind neben den Händlerautos auchdie Fahrzeuge der einzelnen Importeure (also VW, Audi, Seat und Skoda). Man müsse aber verstehen, dass nicht jeder Händler ein solches Auto für seine Kunden zugelassen habe: Diese müssten ja später auch wieder als Gebrauchtwagen in den -durchaus nicht sehr großen -Markt abfließen. Laut Mieling sind auch die Verkäufer gut geschult. Natürlich ist es einfacher, ein Fahrzeug mit Dieselmotor zu verkaufen. Doch wenn Verkäufer und Kunde genau analysieren, für welchen Einsatzbereich man das Auto benötigt, gibt es auch für alternativ betriebene Autos entsprechende Argumente. Die Reichweite kann jedenfalls nicht gelten: Diese liegt dank des zusätzlichen Benzintanks bei den meisten Modellen bei rund 1.000 Kilometern; auch die Zahl der Tankstellen (180) ist durchaus ausreichend.
Unterschiedliche Förderungen
Nichtsdestotrotz wurden 2014österreichweit nur 793 Erdgasautos neu zugelassen, das sind nicht einmal 0,3 Prozent aller neuen Pkws (siehe Tabelle). Die unterschiedlichen Zulassungszahlen in den einzelnen Bundesländern sind auch dadurch erklärbar, dass es unterschiedliche Förderungen gibt. In Kärnten sind die Geldflüsse für Privatkunden gleich null, in Tirol am höchsten. Alle anderen Bundesländer liegen irgendwo dazwischen, teilweise erhalten die Kunden auch Gutscheine für Erdgas vom Versorger. Bei gewerblichen Kunden sieht es wieder anders aus -mit den höchsten Förderungen (3.000 Euro für Taxis) in Wien.
Ehrgeizige Ziele bis zum Jahr 2020
Daher hofft auch Peter Jurik vom Fachverband Gas/Wärme in der Wirtschaftskammer auf weitere positive Tendenzen. Er glaubt an ein langsames Umdenken bei den Kunden und Herstellern. Ziel sei es, bis zum Jahr 2020 etwa 100.000 Erdgasautos auf Österreichs Straßen zu bringen. Derzeit sind es allerdings erst 9.500.
Vielleicht müsste man den Verkäufern in den Autohäusern höhere Prämien zahlen? Schließlich müssen sie ja meist auch doppelt so lang argumentieren, wenn sie ein Erdgasauto verkaufen
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