Das Recht auf Mehrmarkenvertrieb, der ungehinderte Weiterverkauf eines Mehrmarkenbetriebs, der Ersatz nicht amortisierter Investitionen und eine mindestens zweijährige Kündigungsfrist -diese Forderungen beschäftigen seit Jahren Jean-Paul Bailly, Präsident der CECRA, und seinen höchst engagierten Generaldirektor Bernard Lycke. Lediglich in Luxemburg und Österreich gibt es nationale Regelungen zum Händlerschutz, die darüber hinaus nicht vollständig sind. So fehlt in Österreich der verbriefte Anspruch auf den Mehrmarkenvertrieb.

Im Frühjahr schien ein Durchbruch zum Greifen nahe, denn die EU-Kommission forderte ultimativ einen "Code of Conduct" zwischen Herstellern und Händlern. Sollte dieser nicht bis Ende 2014 beschlossen werden, drohte sie eine gesetzliche Regelung an. Einige Monate später wurde die Formulierung jedoch abgeschwächt: Im aktuellen Entwurf für das Abschlussdokument der EU-Arbeitsgruppe "Cars 2020" behält sich die Kommission nur mehr "das Recht vor, einen Prozess mit dem Ziel eines Gesetzesvorschlags zur Regelung der Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren am automotiven Sektor einzuleiten". Trug das Lobbying der Autohersteller also Früchte?

Hoffnung auf GVO-Nachfolge

"Machen Sie sichüber die Wortwahl keine Sorgen. Unsere Einstellung ist genau die gleiche geblieben", beruhigte Carlo Pettinelli, in der Industriekommission unter anderem für die Autobranche verantwortlich, bei der am 24. und 25. September abgehaltenen Jahrestagung der CECRA. Eineinhalb Jahre nach dem Wegfall derKfz-GVO rückt damit ein neues Branchengesetz ein Stück näher: Die Hersteller machen nämlich nach wie vor keine Anstalten, einem freiwilligen Verhaltenskodex zuzustimmen.

Nicht aufgeben will die CECRA im Hinblick auf die Maßnahmen gegen "unfaire Vertriebspraktiken", die sich derzeit auf den Lebensmittelsektor beschränken- und das, obwohl zahlreiche Autohändler der EU ihre negativen Erfahrungen mitgeteilt hatten. Auch der ungehinderte Zugang zu technischen Daten sowie der europaweite Kampf gegen Tachobetrug beschäftigen derzeit Lycke und seine zwei (Teilzeit-)Mitarbeiter. Mit einem Minimalbudget von 500.000 Euro treten sie tapfer der millionenschweren Lobbying-Übermacht der Autokonzerne entgegen.

Im Interesse der Konsumenten

Zum Glück der Branche erhält die CE-CRA Rückendeckung von anderen, zweifellos finanziell besser ausgestatteten Interessenvertretungen. So führt man den Kampf um faire Vertriebspraktiken gemeinsam mit Zusammenschlüssen aus der Zuliefer-, Industrieteile- und Schmierstoffbranche. Auch die einflussreicheWeltautovereinigung FIA (ihr gehören unter anderem zahlreiche Autofahrerclubs an) versprach bei der CECRA-Tagung ihre Unterstützung. "Es muss eine wie auch immer geartete Nachfolgeregelung für die 2013 ausgelaufene Kfz-GVO geben", sagte die für Europa zuständige "Strategiechefin" Laurianne Krid: Nur auf diese Art und Weise könne man sicherstellen, dass "Mobilität leistbar bleibt und der Kunde weiterhin zwischen unterschiedlichen Anbietern wählen kann".