Der freie Teilehandel ist nicht zu beneiden: Einerseits engen die
Autobauer seinen Markt ein, andererseits behindern ideologische
Autogegner die individuelle Mobilität. Dies wurde auch bei der
diesjährigen Bundestagung deutlich.
Rund 120 Personen folgten der Einladung zu der im Rahmen der Vienna
Autoshow abgehaltenen Tagung. Der ungewöhnlichste Gast war zweifellos
Mag. Christoph Chorherr, grüner Planungsstadtrat von Wien: Er machte
kein Hehl daraus, dass er das Branchentreffen als "Auswärtsspiel"
betrachtete -und zudem als eine überholte Veranstaltung, denn das
Auto habe seinen Zenit längst hinter sich: "Ich glaube, dass wir in
20 oder 30 Jahren mit der Hälfte des Autobestandes oder noch weniger
auskommen."
Mangelnde politische Verantwortung?
In den Augen des Grünpolitikers geht der Trend zu Carsharing und Co.
Derartige Alternativen zu entwickeln, sei aber nicht Aufgabe einer
Stadtregierung: "Die Wirtschaft muss uns Angebote machen."
Gleichermaßen fühlt sich Chorherr nicht für die Arbeitsplätze
verantwortlich, die mit einer Demotorisierung verloren gehen würden:
"Die Wirtschaft wird sich eben anpassen müssen."
Kein Verständnis für Autothemen
"Der klassische Autofahrer ist ganz eindeutig kein Auslaufmodell",
hielt dagegen Politikwissenschaftler Dr. Peter Filzmaier fest. Dies
werde von der Politik aber nicht ausreichend erkannt. Beispielsweise
seien 86 Prozent der Unternehmer und 83 Prozent der Angestellten der
Meinung, dass sich Politiker kaum um Verkehrsthemen kümmerten.
Gegen die "links-grüne Indoktrination"
Hartmut Röhl, Präsident der europäischen Teilehändlervereinigung
FIGIEFA, sieht ebenfalls keinerlei Anzeichen für eine Abkehr von der
individuellen Mobilität: "Es gab in den letzten Jahren den Versuch
einer links-grünen Indoktrination, laut der die jungen Leute gar
nicht mehr am Auto interessiert sind. Das stimmt aber nachweislich
nicht." Zur Untermauerung seiner These präsentierte Röhl
Studienergebnisse, wonach sich weniger als 7 Prozent aller Bürger
vorstellen können, auf ein eigenes Fahrzeug komplett zu verzichten.
Eine Bedrohung für den Teilehandel sind laut Röhl eher die
"Flatrates" der Autohersteller, die Kunden für immer längere
Zeiträume an die Markenwerkstätten binden. Zudem seien viele
Hersteller säumig, wenn es um den Zugang zu Reparaturinformationen
oder die Weitergabe von Teiledaten gehe.
Wahlfreiheit für den Kunden
"Die Hersteller wollen den Konsumenten vom Kauf bis zur Verschrottung
des Wagens an sich und die Vertragswerkstätten binden", kritisierte
bei der Bundestagung auch Gastgeber Walter-Michael Jordan. Diese
Gefahr werde angesichts neuer Telematiksysteme noch größer: Umso
wichtiger seien "offene Plattformen", bei denen die Autofahrer
weiterhin die freie Wahl darüber hätten, wer mit welchen Teilen an
ihrem Fahrzeug arbeite.
Freilich kamen bei der Bundestagung auch die gemeinsamen Interessen
von markengebundenen und unabhängigen Firmen zur Sprache. Diese
Aspekte betonten unter anderem Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann
des Fahrzeughandels, und der von ihm engagierte Lobbyist Wolfgang
Rosam. Ihr Anliegen: Die Branche sollte zumindest nach außen "mit
einer Zunge sprechen".