Wie schnell sich die politische Landschaft verändern kann, zeigten
die jüngsten Kommunalwahlen in Graz, wo die KPÖ, die sich mit dem
Thema "Wohnen" profilierte, als großer Wahlsieger hervorging. Könnten
Parteien, die sich gegen restriktive Maßnahmen betreffend den
Individualverkehr in urbanen Gebieten aussprechen, bei den Wählern
punkten?
Bürger würden Engagement belohnen
"Ich glaube, dass es betroffene Bürger sehr wohl schätzen würden,
wenn sich eine Partei des Themas und der Einschränkungen der
individuellen Mobilität ernsthaft annehmen würde", sagt Josef
Nußbaumer, Geschäftsführer von Schmidt Automobile in Salzburg. Viele
Menschen seien auch beruflich vom Automobil abhängig, weshalb vondieser Gruppe bei entsprechendem Engagement vermutlich auch einige
Stimmen zu holen wären. "Grundsätzlich glaube ich, dass von der
Politik ein vernünftiges Maß gefunden werden muss, mit dem alle
halbwegs gut leben können."
Im Ländle noch kein großes Thema
"In Vorarlberg sind restriktive Maßnahmen gegen den Individualverkehr
noch kein großes Thema", sagt Gottfried Koch, Chef des Autohauses
Koch in Feldkirch. Weshalb darüber auch noch keine politische
Diskussion entbrannt sei. "Wenn aber Maßnahmen wie Umweltzonen oder
andere Einschränkungen des Individualverkehrs beschlossen und per
Gesetz in Kraft treten würden, könnte ich mir durchaus vorstellen,
dass dies auch Auswirkungen im Wahlverhalten der Bewohner haben
könnte, weil hierzulande auch viele Menschen auf ihr Fahrzeug
angewiesen sind."
Wink mit dem Zaunpfahl
"Das Grazer Wahlergebnis ist für die etablierten Parteien ein Wink
mit dem Zaunpfahl", ist Jürgen Schuster, Inhaber von Sport-&Classiccars in Zipf,überzeugt. Er hat eine Menge Kunden in Graz, die
sich von der geübten Politik gegängelt fühlen und auf diese Weise
protestieren. "Die Autoindustrie hat bereits eine Menge für die
Umwelt getan: Bei Ferrari zum Beispiel wurde der CO2 Ausstoß von 420
auf 320 Gramm gesenkt. Sollte das Graz-Signalignoriert werden, wird
sich das im Bundestrend fortsetzen. Der Übertreibung werden Grenzen
gesetzt."
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
"Von denösterreichischen Autofahrern wären viele Stimmen zu holen,
wenn das Thema glaubwürdig besetzt werden könnte", sagt Günther
Kerle, Geschäftsführer Mazda Österreich. Ob das den alteingesessen
Parteien -egal welcher Couleur - auch gelingen könnte, sei allerdings
zu bezweifeln. Wie sich am Beispiel Graz gezeigt habe, könnten
Parteien, die bis dato kaum in Erscheinung getreten seien, mit
Themen, die die Menschen bewegten, Erfolg haben. Wobei die Ideologie
offensichtlich nur eine Nebenrolle gespielt habe. "Frische Kräfte,
die im Stande sind, das Thema individuelle Mobilität entsprechendzu
kommunizieren, könnten auch punkten", glaubt Kerle.
Auswirkungen durchaus vorstellbar
"Bei uns in Tirol sind die Einschränkungen der individuellen
Mobilität noch nicht so spürbar wie in anderen österreichischen
Regionen, auch Vorschlägen wie die generelle Einführung von Tempo 100
auf Tiroler Autobahnen hat die Landesregierung bis dato eine Abfuhr
erteilt", sagt Markus Meisinger, Geschäftsführer von Auto Meisinger
in Völs. "Allerdings glaube ich schon, dass im Falle restriktiver
Maßnahmen gegen den Individualverkehr, wenn sie von den politisch
Verantwortlichen gesetzt würden, Auswirkungen auf das Verhalten der
Wähler hätten."
Schwierig, mit diesem Thema zu punkten
"Meiner Meinung nach wissen die Bürger, die sich vor allem in den
urbanen Gebieten mit dem Pkw bewegen, sehr genau, dass es bei
gewissen Maßnahmen zur Regulierung des Verkehrs wenig Alternativen
gibt und andere Lösungen auch nicht zum gewünschten Erfolg führen
würden", sagt Walter Grohmann, Geschäftsführer von Fragner Kfz in
Langenlois. "Weshalb ich auch glaube, dass es für Parteien schwer
wäre, mit diesem Thema zu punkten und damit ungewöhnlich viele
Stimmen von verärgerten Autofahrerinnen und Autofahrern auf ihrem
Konto zu verbuchen." In diesem Fall könnten die Vertreter von
Parteien, die sich dieses Themas annähmen, mehr versprechen, als sie
dann letztendlich halten könnten.
Hat Einfluss auf Wahlverhalten
"Ich glaube, dass eine weitere Einschränkung der individuellen
Mobilität sehr wohl Einfluss auf das Wahlverhalten der Bürgerinnen
und Bürger haben könnte", sagt Ing. Peter Schweighofer,
Geschäftsführer des Autohauses Schweighofer in Deutschlandsberg.
Gerade das Beispiel Graz habe das bereits vor der Wahl gezeigt, da
die Mehrheitder Bewohner auch die geplante Einführung der Umweltzone
klar abgelehnt habe. "Es sollte nicht außer acht gelassen werden,
dass einige aus der jüngeren Generation in urbanen Gebieten einen
anderen Zugang zum Thema Mobilität haben. Bei diesen wird dem Besitz
eines eigenen Fahrzeugs eine geringereBedeutung zugemessen."
Kaum Aussicht auf Erfolg in Wien
"Das Thema individuelle Mobilität spielt sicher eine große Rolle,
allerdings gibt in einer Großstadt wie Wien mit fast 2 Millionen
Einwohnern viele Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und
Zugängen", sagt Michael Röck, Director Marketing&Sales bei der
Alcar-Gruppe. Röck glaubt nicht, dass eine Partei in Wien dadurch
extrem punkten könnte. "Der KPÖ-Erfolg in Graz wurde mit dem Thema
Wohnen erzielt, ein Thema das alle gleichermaßen betrifft. Im Bereich
der individuellen Mobilität und deren Beschränkung herrschen in Wien
sehr unterschiedliche Meinungen, weshalb es hier auch viel
schwieriger wäre, damit Erfolge zu erzielen", so Röck.
Chancen dort, wo sich breiter Widerstand formiert
"Anhand des Beispiels Wiens, wo durch Maßnahmen wie die
Parkraumbewirtschaftung, die auch viele burgenländische Pendler hart
trifft, gewaltige Einschränkungen für den Individualverkehr erlassen
wurden, zeigt sich, dass sich dagegen auch breiter Widerstand
formieren kann", sagt Mag. Werner Weintritt, Geschäftsführer des
Autohauses Weintritt in Eisenstadt. "Im Burgenland sind derartige
Maßnahmen im Augenblick kein Thema. Grundsätzlich kann ich mir aber
vorstellen, dass Parteien, die sich im Zuge einschneidender Maßnahmen
für Autofahrer engagieren, politisch profitieren können."