Alain Visser ist nicht zu beneiden. Mit dem neuen Astra hätte der Markenchef von Opel das passende Modell, um bei der IAA den Aufbruch in eine glücklichere Ära zu verkünden. Stattdessen nehmen die Verhandlungen rund um den Opel-Verkauf kein Ende. "Bis zum Start der IAA am 17. September muss klar sein, wer uns übernimmt", forderte Visser schon vor Wochen. Sein Wunsch scheint jedoch ungehört zu verhallen. Auch der österreichische Händlersprecher Helmut Günther fürchtet, dass das Verwirrspiel rund um Magna, RHJ und General Motors dem ab November in Österreich erhältlichen Astra die Show stehlen wird -selbst dann, wenn kurz vor der Messe eine Entscheidung in letzter Minute fällt: "Die Hinhaltetaktik von GM ist daher umso unverständlicher."

Brisante Fragen

Nicht nur die Opel-Diskussion könnte in Frankfurt das polierte Blech in den Hintergrund drängen. Auch sonst beschäftigen handfeste wirtschaftliche Fragen die Branchenkenner: Wie wird sich die spektakuläre Integration von VW und Porsche auswirken? Wie wirken sich die von Toyota geplanten Produktionskürzungen, laut Medienberichten bis zu eine Million Autos pro Jahr, auf die Lieferfähigkeit und die europäischen Werke aus? Wann kommt Daimler wieder in die schwarzen Zahlen? Und am wichtigsten: Wie wird sich der europäische Automarkt, der Ende Juli 8,5 Prozent hinter dem Vorjahr lag, im Herbst entwickeln?

Dunkle Prognose

Die Perspektiven sind düster. Dass das Minus bisher nicht größer war, ist nämlich beinahe ausschließlich auf die um ein gutes Viertel gestiegenen Neuwagenverkäufe in Deutschland zurückzuführen. Doch dort dürfte die auf 2 Millionen Fahrzeuge beschränkte Abwrackprämie rund um die IAA auslaufen. Auf den Rausch folgt der Kater, ist sich Branchenexperte Dr. Ferdinand Dudenhöffer sicher: "Die Krise ist ins nächste Jahr verschoben, wenn viele Werkstätten und Händler schließen müssen." Nach Einschätzung von Dudenhöffer könnte 2010 jedes vierte deutsche Autohaus zum Zusperren gezwungen sein. Allein 4.000Markenhändlern drohe das Aus. Dass damit auch tausende Arbeitsplätze verloren gehen würden, liegt auf der Hand. Die Einschätzung von Carlos Ghosn wirkt im Vergleich dazu beinahe optimistisch: "2010 werden wir auf dem Niveau von 2009 bleiben, mit Höhen und Tiefen", meint der Konzernchef von Renault Nissan. Selbst dieses weniger alarmierende Szenario würde eine Fortsetzung der Krise, doch -im Gegensatz zu den Prognosen für den amerikanischen Markt - noch keine Erholung bedeuten. Gut möglich also, dass die potenziellen Autokäufer rund um die IAA heuer nicht glänzende Karossen, sondern wesentlich ernstere Gedanken im Kopf haben werden.