Mit Bangen wartet die ungarische Autobranche jeden Monat auf die frischen Neuzulassungszahlen. Der Automarkt im Land der Magyaren steckt in einer tiefen Krise. In den ersten sieben Monaten 2009 wurden nur 43.419 Pkws neu zugelassen, um 54,7 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2009. Im Vergleich mit anderen Automärkten Ostmitteleuropas bildet Ungarn damit das Schlusslicht.

Der niedrigste Rückgang wurde heuer im März verzeichnet, den bisherigen Negativrekord gab es mit 3.806 Autos und einem Rückgang um 72,7 Prozent im Juli. Ford lag im Juli um "nur" 47,3 Prozent hinter dem Ergebnis des Vorjahresmonats, alle anderen Marken der Top Ten weisen für diesen Monat ein Minus von mehr als70 oder gar 80 Prozent aus. Laut Györgyi Horváth, ungarische Verkaufsmanagerin des Datendienstleisters JATO Dynamics, hat neben der schlechten Wirtschaftslage und dem immer schwierigeren Zugang der Ungarn zur Finanzierung bei Neuwagenkauf auch die zum 1. Juli erfolgte Erhöhung der Mehrwertsteuerzum besonders schlechten Ergebnis beigetragen.

Wechsel an der Spitze

Die Krise hat Ungarn auch einen neuen Marktführer beschert. Nach 12 Jahren, in welchen Suzuki die klare Nummer 1 war, liegt heuer Ford an der Spitze. Die Krise hat Menschen mit niedrigerem Einkommen, die oft Suzuki-Autos gekauft haben, stärker getroffen. Die früher beim Kauf von Suzuki-Neuwagen angebotene besonders günstige Finanzierung ist heute nicht verfügbar. Während Suzuki im Vorjahr mit einem Abstand von mehreren tausend Autos vor Opel und Ford lag, hat sich nun die frühere Nummer 3 mit 5.735 Einheiten vor Suzuki (5.264) und Opel (4.998) geschoben.

Die ungarische Bestsellerliste hat sich ebenfalls geändert. Während im Vorjahr die im Land gebauten Suzuki SX4 und Splash die beliebtesten Modelle der Ungarn waren, hat Ford auch in der Einzelwertung die Führung übernommen. Zwischen Jänner und Juli war der Focus mit 2.486 Einheiten das meistverkaufte Modell, gefolgt vom Opel Astra (1.929) und dem Suzuki-Trio SX4 (1.826), Swift (1.717) und Splash (1.511).

Produktionskürzung in Esztergom

Auch wegen der katastrophalen Absatzzahlen auf dem heimischen Markt hat das Autowerk Magyar Suzuki das Produktionsziel für 2009 erneut reduziert. Während Anfang 2009 noch mit rund 210.000 Autos gerechnet wurde, wurde die Planung später nach den Worten von Hisashi Takeuchi, CEO von Magyar Suzuki, auf 190.000 bis 200.000 Autos nach unten revidiert.

Belebung erhofft man sich in Esztergom vom Swift-Nachfolger. Der Produktionsanlauf des neuen Modells mit der internen Bezeichnung YP6 ist für Mai 2010 vorgesehen.

Händler in Schwierigkeiten

Eine baldige Belebung des ungarischen Automarkts wird nicht erwartet. Horváth rechnet gar mit einer weiteren Verschärfung in den letzten Monaten des Jahres, wenn die Heizkosten den finanziellen Spielraum vieler Ungarn weiter einengen werden. "Für das Gesamtjahr rechnen wir mit einem Rückgang von 55 bis 60 Prozent", erklärt die JATO-Managerin. Das würde einem Gesamtmarkt von 75.000 bis 80.000 Pkws entsprechen.

Der drastische Absatzrückgang stellt viele Händler vor große finanzielle Probleme. "Wir erwarten, dass bis Ende des Jahres rund 20 Prozent der Händlerbetriebe das Geschäft aufgeben werden", entwirft Horváth ein düsteres Szenario.