An der Triester Straße predigt "Harley-Papst" Ferdinand Fischer von großer Freiheit, nietenbesetzten Lederjacken und endlich erfüllten Jugendträumen. Seit 1992 vertritt er die Kultmarke, gerade erst hat er eine 700.000 Euro teure Runderneuerung seines Betriebs abgeschlossen. Von der Wirtschaftskrise, erzählt der Fünfzigjährige, sei wenig zu bemerken.

In Graz ist von der Krise ebenfalls keine Rede. Unter dem Namen "Clocktower" machen sich Patrick Unterhuber, Peter Weitzer und Roland Herzog mit dem "größten Harley-Standort südlich von Frankfurt" selbstständig. 3,5 Millionen Euro fließen in den Vorzeigebetrieb, der sogar einen Motorradparkplatz am Dach bietet.

Langfristige Geschäfte

Ist es nicht unverantwortlich, in Zeiten wie diesen so viel Geld in den Zweiradhandel zu stecken?"Wenn wir beim Grazer Beispiel bleiben, dann wird sich das wahrscheinlich nicht in fünf Jahren rechnen, aber ganz sicher in zehn", sagt Dr. Christian Arnezeder, Geschäftsführer der für Deutschland und Österreich zuständigen Importniederlassung von Harley-Davidson. "Unseren Händlern und uns geht es darum, langfristig Geschäfte zu machen."

Aufgrund derüberdurchschnittlichen Rentabilität seien die Händler gerne zu Investitionen bereit, erzählt Arnezeder: "Im Autohandel liegt die Umsatzrendite im Schnitt unter 1 Prozent, manche Motorradhändler retten sich gerade auf 0 bis 2 Prozent. Der Harley-Händler liegt deutlich darüber." Dazu trägt dergroße Bestand von knapp 12.000 Motorrädern bei. Die Wiederverkaufswerte drei bis vier Jahre alter Harleys betragen je nach Modell bei 80 bis 84 Prozent des Neupreises: Davon kann die Konkurrenz nur träumen.

Jeder zweite Händler in Gefahr?

Generell ist derösterreichische Zweiradhandel freilich in einer wenig beneidenswerten Situation. Während Harley-Davidson heuer eine Steigerung von 703 auf 760 Neuzulassungen plant,

dürfte der Gesamtmarkt über 650 cm 3 um mehr als 1.000 Stück auf knapp 7.700 Motorräder zurückgehen. Alle Zweiradklassen zusammen genommen, rechnet Arnezeder "realistischerweise" mit einem Marktminus von 5 Prozent. Es ist nicht nur die Wirtschaftskrise, die dem Obmann der Importeursvereinigung Arge Zweirad zu denken gibt: "Bei den Jugendlichen ist es derzeit einfach nicht "in", Motorrad zu fahren."

Zum schrumpfenden Markt kommt eine teils katastrophale Ertragslage. Kleine Händler mit mangelnder Eigenkapitalstruktur, die unter dem Stückzahldruck der Importeure und immer niedrigeren Margen leiden: Diese Krankheit des Autohandels diagnostiziert Arnezeder auch in der Zweiradbranche. "30 bis 50 Prozent der Händler könnten ins Schleudern kommen", befürchtet er eine drastische Marktbereinigung.

"Rückkehr zur Vernunft"

Mittelfristig sieht Arnezeder wieder bessere Zeiten auf den Zweiradhandel zukommen:. Die Krise werde auch eine "Rückkehr zur Vernunft" mit sich bringen - zumindest bei jenen Betrieben, die sie überleben.

Harley-Davidson selbst ist von den Turbulenzen ohnehin wenig betroffen. Nachdem man in Tirol den letzten "weißen Fleck" geschlossen hat, will man die Absatzzahlen bis 2012 auf rund 1.100 Stück steigern. Die Kontinuität in der Zusammenarbeit mit dem Vertriebsnetz werde dabei gewahrt bleiben, versichert Arnezeder. Das passt zur Philosophie einer Marke, die gegenüber dem Endkunden ebenfalls mit zeitlosenWerten argumentiert. Um es in den Worten von Harley-Papst Fischer zu sagen: "Harley-Davidson ist eine der letzten Möglichkeiten, in einer immer schnelllebiger werdenden Zeit den Rockzipfel der Ewigkeit zu erhaschen."