Die neue Tankstellenverordnung könnte Bewegung in den Markt für
Autogas bringen.
Bisher war Flüssiggas das hässliche Entlein unter den alternativen
Kraftstoffen: Gerade einmal 17 Pkws mit "Autogas" als Treibstoff
wurden laut Statistik Austria bis Ende Juli in Österreich neu
zugelassen. Auch das Tankstellennetz ist mit 16 Stationen mehr als
überschaubar. Doch das könnte sich nun ändern:"Alles steht und fällt
mit der neuen Flüssiggastankstellenverordnung", sagt Gerhard
Ölsinger, Vertriebs- und Marketingleiter von Flaga. Der bislang
"wahnsinnig komplizierte" Tankstellenbau könne damit wesentlich
einfacher werden. Tatsächlich ging die Begutachtungsfrist der
Verordnung vor Kurzem zu Ende, ohne dass Einsprüche erfolgt wären.
Noch heuer könnten vereinfachte Richtlinien in Kraft treten. Flaga
will die neue Verordnung nützen, um ein bis zu 40 Standorte
umfassendes Tankstellennetz aufzubauen. Das als Lieferant von
Haushalten, Gewerbebetrieben und der Gastronomie seit Jahrzehnten
etablierte Unternehmen würde die Stationen aber nicht unter eigenem
Namen betreiben, sondern mit Mineralölketten kooperieren. "Die
Verträge mit einigen Partnern liegen bereits fix und fertig am
Tisch", erzählt Ölsinger.
Einbaupartner gesucht
Auch G Autogas setzt große Hoffnungen in die Tankstellenverordnung.
Die aus dem deutschen Göttingen stammende Firma errichtet zwar keine
Stationen, bietet aber Umrüstsätze für Benzinfahrzeuge an. Diese
werde über Partnerwerkstätten vertrieben. Hierzulande gebe es bereits
rund 30 dieser Betriebe, erklärt Österreich-Chef Robert Gramm:
"Mittelfristig wollen wir unbedingt auf zumindest 50 Standorte
kommen."
Um Einbaupartner zu werden, müssen interessierte Autohäuser einen
Kfz-Meister und einen Gesellen zu einer einwöchigen Schulung
entsenden. Die Kosten belaufen sich, einschließlich des ersten
Umrüstsatzes, auf rund 3.300 Euro. In der Praxis würden die Betriebe
derzeit zwischen 10 und 45 Umbauten pro Jahr durchführen, meintGramm: "Das hängt vom Vermarktungsgeschick, vor allem aber auch von
der Nähe zu einer Gastankstelle ab."
Deutschland als Vorbild
Dass sich mit dem Gasantrieb schon jetzt interessante Zusatzerträge
erwirtschaften lassen, beweist das Autohaus Lutz in Tulln. Roland
Bergmann, Assistent der Geschäftsführung, gilt als "Autogasprofi":
Gemeinsam mit G Autogas führt er auch die Einstiegsschulungen für
österreichische Interessenten durch. In den letzten eineinhalb Jahren
konnten Bergmann undsein dreißigköpfiges Team rund 50 Autos
umrüsten, wobei die Endkundenpreise je nach Art des Basismotors
zwischen 2.500 und maximal 5.000 Euro liegen. Der Sprit kommt aus
einer eigenen Gastankstelle auf dem Gelände des Honda- und
Hyundai-Autohauses. Dort soll das Geschäft bald wieder anziehen,
nachdem die vorübergehend gesunkenen Benzinpreise das Interesse an
Autogas gedämpft haben: "Mittlerweile kostet Benzin aber wieder mehr
als 1 Euro, Flüssiggas nur 61 Cent pro Kilo", sagt Bergmann. Diese
Schere werde noch weiter auseinander gehen, wenn mit dem Ende der
Wirtschaftskrise die internationalen Treibstoffpreise endgültig
anziehen.
Verheißungsvolle Referenz für Bergmann und die anderen
Autogaspioniere ist der deutsche Markt: Dort gibt es über 340.000
Flüssiggasfahrzeuge, denen 5.200 öffentlich zugängliche und 1.200
gewerbliche Tankstellen zur Verfügung stehen. Beim "großen Nachbarn"
hat sich Autogas vom ungeliebten Entlein längst zum stolzen Schwan
der Alternativantriebe gemausert.