Wer überlegt sich schon gerne, wie er mit einer hydraulischen Schere aus einem zerbeulten Fahrzeug geborgen werden kann?

Nun muss man aber objektiv anerkennen, dass gerade die Fortschritte im Fahrzeugbau und Rettungswesen hauptverantwortlich für die Verbesserung der Verkehrsunfallstatistik sind. Dem Zeitfaktor kommt bei der Bergung und Rettung sehr hohe Bedeutung zu. Leider stehen dabei einige Hindernisse im Weg, sodass sich die Bergung von Verletzten häufig als schwierige Angelegenheit erweist. Trotz des Einsatzes von Rettungshubschraubern und modernster Notfallmedizin dauert es oft mehr als 1 Stunde bis zum Abtransport.

Der moderne Fahrzeugbau bietet durch ausgefeilte Sicherheitstechnik - Airbags in allen Variationen, pyrotechnische Gurtstraffer (bis zu 2 pro Sitzplatz!) und hochfeste Fahrgastzellen - beste Voraussetzungen für eine Verringerung des Verletzungsrisikos. Im Zuge des Unfallgeschehens werden meist nicht alle Airbags aktiviert. Durch unrichtiges Vorgehen (wie etwa Durchtrennen von Kabelsträngen) können Explosionen zum falschen Zeitpunkt stattfinden und Unfallopfer wie Retter gefährden. Es kann aber auchvorkommen, dass Verstärkungen an der Karosserie Bergescheren kaputtgehen lassen.

Der Trend zum Hybridfahrzeug wird die Problematik sicher nicht kleiner werden lassen, denn dann kommen mit dem steigenden Spannungsniveau (bis 650 Volt!) noch elektrische Gefahrenquellen hinzu. Heikel sind ferner Fahrzeuge mit Gasantrieben. Oft fällt da schon die Entscheidung schwer, mit welchem Kraftstoff das jeweilige Fahrzeug überhaupt betrieben wird. An Wasserstoffantriebe wagt man gar nicht zu denken. Kein einfaches Unterfangen also!

Der deutsche VDA wird das Thema im Rahmen der IAA aufgreifen und ein Symposiumüber die Rettung von Personen aus Fahrzeugen veranstalten. In Zusammenarbeit mit den deutschen Herstellern wurden auch Rettungsdatenblätter erstellt, die für jedes Modell aus dem Internet abrufbar sind. Für professionelle Rettungskräfte mögen solche Unterlagen eine Hilfestellung sein, aber obunser System der freiwilligen Feuerwehren damit effizient arbeiten kann, darf infrage gestellt werden.

Den Feuerwehren wäre es natürlich am liebsten , wenn Farbmarkierungen an der Karosserie angebracht wären, die die Punkte für das Ansetzen der Scheren markieren. Der ÖAMTC dürfte hier realistischere Lösungsvorschläge bevorzugen. Man stellt sich Informationen vor, die seitens der Fahrzeughersteller auf einem A4 Blatt zur Verfügung gestellt werden und hinter der Sonnenblende mitgeführt werden können.

Die gegenwärtige Diskussion ist zu begrüßen, doch Notfallvorsorge sollte umfassender diskutiert werden. Normungsvorschläge müssen verhindern, dass unterschiedliche Darstellungsweisen gewählt werden und sich am Ende niemand mehr auskennt. Die Frage der Hardware darf nicht vergessen werden. Allgemein zugängliche Hauptschalter für die Elektrik und entsprechende Ventile an Versorgungsleitungen könnten die Sache stark vereinfachen. Verunfallte Fahrzeuge könnten per Handy geortet, Brände automatisch gelöscht werden. Auch verkehrstechnische Fragestellungen sind von Bedeutung: Schon lange wird die obligatorische Freihaltung eines Fahrstreifens bei Stau und Unfall, welche es den Rettungskräften überhaupt ermöglicht, zum Unfallort zu gelangen, gefordert. Was hilft die beste Bergeschere, wenn sie sich zuerst durch die Blechschlange vorarbeiten muss? Katastrophenpläne existieren vorwiegend in den Wahlreden der Politiker.

Die Idee von einfachen Notfalls- oder Rettungskarten, die im Fahrzeug mitgeführt werden können, wird nicht einmal bei Neufahrzeugen vollständig realisierbar sein. Wieweit außereuropäische Hersteller diese Daten anbieten können oder wollen, bleibt abzuwarten. Die Trägheit des Brüsseler Apparates zeigt sich wieder einmal deutlich. Aber auch von der nationalen Gesetzgebung ist nicht viel zu erwarten. Vorkehrungen für den Ernstfall hören da beim berühmten Verbandspäckchen, der Frage 1 jeder Polizeikontrolle, auf.