Vor einigen Jahren war die Gebrauchtwagenwelt noch einfach gestrickt: In der Stadt durfte man als Händler auf hohe Stückzahlen hoffen, doch die Preise waren konkurrenzbedingt niedrig. Am Land war die Situation umgekehrt. Das Internet hat diese starre Ordnung zu Fall gebracht: In Zeiten der allgemeinen Krise macht sich die neue Freiheit doppelt bezahlt.

Innovation für Zweiradhändler

"So angespannt die Situation im Neuwagenhandel sein mag, bei unseren Zugriffszahlen ist kaum eine Zurückhaltung zu spüren", berichtet Mag. Markus Auferbauer, Geschäftsführer von car4you. Der Marktführer unter den heimischen Onlinebörsen, seit Kurzem im neuen Layout, wird pro Monat von 300.000 Interessenten besucht. Über 1.200 Partnerhändler sorgen für ein Sortiment von rund 50.000 Fahrzeugen. Das neueste Projekt von Auferbauer und seinem zwölfköpfigen Team heißt bike4me. "Damit bieten wir dem Zweiradhandel eine exakt auf seine Zielgruppe zugeschnittene Verkaufsplattform", erklärt Auferbauer, selbst begeisterter Motorradfahrer. Dank vielfältiger Beschreibungsmöglichkeiten können selbst ausgefallene Custom Bikes aussagekräftig beworben werden, abgerundet wird die Plattform durch einen Teile-und Zubehörmarkt. Neben jenen Kunden, die ihre Zweiräder bislang in car4you eingestellt haben, sollen binnen der ersten 12 Monate 150 bis 200 weitere Händler von bike4me überzeugtwerden.

Immer mehr Partner

Ungebrochenes Interesse meldet auch gebrauchtwagen.at. Vor 3 Jahren gegründet, bringt es die Plattform mittlerweile auf 830 Partner aus dem Fahrzeughandel. Allein heuer konnten schon über 200 neue Kunden überzeugt werden, im nächsten Jahr nimmt man die Tausendergrenze ins Visier. Besonders auffällig: Neben Klein- und Mittelbetrieben entscheiden sich immer mehr große Autohäuser für gebrauchtwagen.at. Als jüngste Referenzen nennt Geschäftsführer Gernot Labudik die vor allem für Renault tätigen Händler Sonnleitner sowie Vogl +Co. "Für uns heißt Partnerschaft, dass es auch der Partner schafft", beschreibt Labudik augenzwinkernd seine Philosophie. Einerseits bedeute dies größtmögliche Seriosität, beispielsweise würden Inserate mit Nettopreisen umgehend gelöscht. Andererseits wolle man die Anbindung der Plattform an die diversen Dealer Management Systeme verbessern. Zu den fünf bereits verfügbaren Schnittstellen sollen demnächst zwei weitere hinzukommen. Außerdem bewirbt der fünfköpfige Außendienst, der in Kürze um einen sechsten Mitarbeiter aufgestockt wird, ein Baukastensystem für Firmenhomepages: Partnerhändler können damit kostenlos ihren Internetauftritt gestalten, Fahrzeuglisten lassen sich in individuellen Designs importieren.

Starker Start inÖsterreich

Rund ein Jahr nach der Rückkehr auf den österreichischen Markt kommt es bei A AutoScout24 zu einem Personalwechsel in führender Position: Peter Lorenzen, der auf Branchenerfahrung bei General Motors und Renault zurückblickt, ersetzt Vertriebsdirektor Manfred Seidel. Dieser wechselt zu einem deutschen Onlineunternehmenohne Autobezug. In Österreich kann Seidel eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen: Bislang wurden rund 300 Händler für eine Zusammenarbeit gewonnen. Diese profitieren von laufend aktualisierten Serviceleistungen wie einem neuen Tool zur Inseratsgestaltung, das eine noch bessere Unterscheidung von privat eingestellten Fahrzeugen ermöglicht. Darüber hinaus setzt AutoScout24 auf internationale Präsenz: 18 Sprachversionen und ein gutes Dutzend nationaler Seiten machen das Unternehmen zur größten europäischen Gebrauchtwagenplattform.

Auktionen im Trend

Inseratenbörsen sind nicht die einzige Möglichkeit, um im Internet mit Fahrzeugen zu handeln: Versteigerungen entwickeln sich zu einer immer beliebteren Initiative. "Das Auktionsprinzip wird vom Autohandel mittlerweile sehr gut angenommen", berichtet René Buzek. Der bisherige Vertriebsleiter löst Anfang Juli Markus Roller, der in die Selbstständigkeit wechselt, an der Spitze der österreichischen Tochter von A Autorola ab. Das aus Dänemark stammende Onlineauktionshaus kann rund 2.500 Anwender vorweisen, ein Drittel davon nützt regelmäßig die Plattform. Neben inländischen Privatfahrzeugen umfasst das Angebot vor allem internationale Leasingrückläufer. 2008 wurden in Österreich rund 4.000 Fahrzeuge vermarktet, heuer sollen es etwa 5.000 werden. "Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal ist unsere Manpower", unterstreicht Buzek: 10 Mitarbeiter kümmern sich um die Kunden von Autorola, wobei die Dienstleistungen von der technischen Beratung bis zur individuellen Nachverhandlung der Preise reichen.

Ost und West

Dass Gebrauchtwagen aus Westeuropa in den Osten exportiert werden, ist seit Jahren Routine. Bemerkenswert ist die jüngste Trendumkehr: "Zunehmend gibt es in Zentral-und Osteuropa Leasingrückläufer, die für die westlichen Märkte interessant sind", berichtet Marc Berger, Vorstand der Auktion&Markt AG. Neben den unter dem Namen A Autobid betriebenen Onlineversteigerungen verfügt das Unternehmen über neun deutsche Auktionszentren, dieser Tage kommt eines in Riga hinzu. "Hier werden Fahrzeuge aus Lettland und Estland, die in der Regel nicht älter als vier Jahre sind und einen sehr guten Zustand aufweisen, gesammelt", erklärt Berger. Via Internet werden die Autos nachWesten verkauft, Zielgruppe sind dabei auch österreichische Händler: Über 220 Betriebe haben sich seit dem Markteintritt im Vorjahr bei Autobid registriert. Seit Jahren stark in Osteuropa engagiert ist B BCA Autoauktionen. "Die Wirtschaftskrise wirkt sich in den einzelnen Staaten unterschiedlichstark aus", beobachtet Zentraleuropa-Direktor Michael Gareis. So habe man das Auktionszentrum in Bukarest schließen müssen, weil der rumänische Gebrauchtwagenmarkt weitgehend zusammengebrochen sei. Andererseits gebe es in Polen ebenso reges Interesse und in Ungarn greife man nach Jahren des Imports verstärkt auf Auktionen als Exportwerkzeug zurück. Einschließlich der zentralen Niederlassung in Wien geht Gareis heuer davon aus, erneut rund 10.000 Autos erfolgreich unter den Hammer zu bringen. Einziger Wermutstropfen: Österreichische Autohändler sind nach wie vor viel zögerlicher als ihre östlichen Kollegen, wenn es um eine Beteiligung an den Auktionen geht.

Eigeninitiative erforderlich

Als "einzigartiges System von Profis für Profis" positioniert sich die von Helmuth H. Lederer und car4you-Chef Auferbauer entwickelte Plattform für Auto-Profi-Auktionen, kurz P P-A-P-A: Das wissenschaftlich fundierte Konzept soll in Kombination mit einem konsequenten Clubgedanken seriöse Angebote und realistische Preise garantieren."Bei den ersten Auktionen konnten wir die technischen Grundlagen perfektionieren", erklärt Projektleiter Willi Walia. In den kommenden Monaten sollen bis zu 300 Kfz-Betriebe von der Plattform, die mit Werkzeugen wie einem weitgehend automatisierten Bieterassistenten punktet, überzeugt werden. Eines hat der zum Jahresbeginn gestartete Newcomer P-A-P-A mit all den anderen Onlineunternehmen gemeinsam: Eine gewisse Zahl an Anwendern ist Voraussetzung dafür, dass das Geschäftsmodell für Käufer und Verkäufer aufgeht. Das Internet hat dem Gebrauchtwagenhandel Freiheiten verschafft, die vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar waren: Damit sich diese Chancen in klingender Münze niederschlagen, müssen sie freilich auch aktiv wahrgenommen werden.