Die neuen Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft nahm der Vorsitzende und Organisator der Veranstaltung Dr. Hans Peter Lenz in seine Begrüßungsrede auf und erklärte, dass "durch Wirtschaftskrise und Schweinegrippe" die Motoreningenieure ihre Arbeit noch perfekter ausüben müssten. Obwohl die Autoindustrie nicht für die Krise verantwortlich gemacht werden könne, müsse sie diese zu einem nicht unwesentlichen Teil ausbaden.

Verbrennungsmotor: ja, aber

In seiner Festrede zum dreißigjährigen Veranstaltungsjubiläum unterstrich der serbisch-österreichische Wissenschafter Dr. Dusan Gruden den Glauben an den Verbrennungsmotor. Überhaupt lautete der Grundtenor vieler Vorträge, dass Otto- und Dieselmotor mindestens die nächsten 10 bis 15 Jahre überstehen würden: Dabei werde aber der Elektrifizierungsanteil ständig größer.

Sobald rein elektrisch gefahren wird, müssen 100 Prozent der Energie im Auto mitgeführt werden. Solange jedoch Verbrennungsmotoren verwendet werden, kommen auf 1 kg Benzin immerhin fast 15 kg Luft, welche vom Ansaugsystem überall gratis bezogen werden können. Dieser Speichervorteil, so die Wissenschafter, sei nicht der einzige Vorteil des Verbrennungsmotors gegenüber dem elektrischen Antrieb. Auch nach weit mehr als 100 Jahren Entwicklungsgeschichte gebe es noch Ideen, wie Otto-und Dieselmotoren weiter verbessert werden könnten. Der Kraftstoffverbrauch könne voraussichtlich noch um ca. ein Drittel vermindert werden, wenn alle Möglichkeiten am Markt auch wirtschaftlich umgesetzt werden könnten. Dafür sei der Benzinpreis aber zum Teil noch zu niedrig.

Weniger Geld?

Durch die zunehmend eingeschränkten finanziellen Mittel, welche der Automobilindustrie zur Verfügung stehen, wird es ungemein spannend zu beobachten, für welche Forschungsfelder in Zukunft Geld bereitgestellt wird. Dr. Uwe Dieter Grebe von GM Powertrain Germany und Dr. Wolfgang Steiger, Leiter der Konzernforschung Antriebe der Volkswagen AG, erklärten in Pausendiskussionen übereinstimmend, dass die Budgetanträge sehr exakt diskutiert würden, dass aber wesentliche Forschungsprojekte nicht behindert, sondern im Gegenteil eher beschleunigt würden. Die beschleunigten Projekte richten ihren Fokus wahrscheinlich auf energiesparende oder elektrifizierende Technologien. Die beiden namhaften Motorenbauer sind auch der Meinung, dass das sinnvolle Weiterbetreiben der Forschungen und Entwicklungen im Powertrainbereich immer direkt zielführend sei und sich in Verbrauchs- bzw. CO 2-Einsparungen bemerkbar machen würde.

Weit reichende Entscheidungen

Dr. Karl-Thomas Neumann, Vorstandsvorsitzender der Continental AG, erklärte, dass die anstehenden technischen Entscheidungen, in welche Richtung sich die Automobilindustrie weiterbewegen solle, in seinen Augen zu den weitreichendsten und schwerwiegendsten Entscheidungen unserer Generation gehörten. Er verknüpfte in diesen Überlegungen nicht nur die Wirtschaftskriseund die ökologische Problematik, er versuchte sie auch mit unternehmerischen und produktionsrelevanten Argumenten zu stützen und zu bekräftigen.

Natürlich wäre es möglich, auf den Verbrennungsmotor zu setzen und diesem das gesamte Entwicklungspotenzial zur Verfügung zu stellen. Man könnte ihn aber auch fallen lassen, zum alten Eisen zählen und sich nur noch auf alternative, sprich elektrische Antriebe konzentrieren. So extrem ausgelegt, wären beide Ansätze falsch und zum Scheitern verurteilt. Deshalb ist es wichtig, dass der Verbrennungsmotor weiterentwickelt wird, die Hilfeleistungen durch elektrische Maschinen jedoch ausgebaut werden. So können mit der Zeit über die verschiedenen Hybridisierungsvarianten bis zum vollständigenElektroauto alle Fahrzeuge angeboten werden.

Teure Batterien

Ganz klar scheitert das elektrisch betriebene Fahrzeug bis heute noch an der Speicherproblematik. Die Nickel-Metallhydrid- und die Lithium-Ionen-Technologie sind schon oder werden gerade serienreif.

Die Kosten für eine Lithium-Ionen-Batterie für einen Vollhybrid sind aber noch so hoch, dass sie kaum auf den Fahrzeugpreis abgewälzt werden könnten. Deshalb baut Mercedes-Benz beim neuen Modell S 400 BlueHybrid mit einer Parallel-Hybrid-Ausrüstung und einer elektrischen Leistung von 15 kW den ersten Li-Ionen-Akku ein, während in den Full-Hybrid-Fahrzeugen (ML 450 BlueHybrid) noch immer die bewährte Ni-MH-Batterie zum Einsatz kommt. BMW agiert bei beiden Hybrid-Fahrzeugen mit der Ni-MH-Batterie.

Zuwarten als Devise

VW-Vorstand Dr. Martin Winterkorn betonte in seinem abschließenden Referat, dass das Umsetzen von Mikrohybrid-Technologien, also Start-Stopp-Einrichtungen und Riemen-Starter-Generatoren zur Bremsenergierückgewinnung im Volkswagenkonzern schon bald für die ganze Palette zur Standardausrüstung gehören soll. Daneben sieht er im Moment keinen weiteren Handlungsbedarf und ist überzeugt, mit der forcierten Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors gerade CO 2-mäßig absolut mit den elektrisch betriebenen Fahrzeugen mithalten zu können. Bei diesen müsse man immer beachten, wie in dem entsprechenden Land die elektrische Energie produziert werde. Allenfalls könne ein Elektrofahrzeug gegenüber einem Auto mit Verbrennungsmotor bezüglich den CO 2-Emissionen sogar schlechter dastehen.

Neun Marken unter einem Dach

Auf die wirtschaftliche Problematik angesprochen, erklärte Winterkorn, in dem neun Marken umfassenden Konzern habe man die Plattformtechnologie jetzt konsequent weiterentwickelt und könne mit den modularen Bauweisen trotz der großen Modellvielfalt den Kostenrahmen einhalten. In Zukunft will er die Fahrzeugpalette gezielt weiter ausbauen, er will sich aber auch in den Regionen der Absatzmärkte nach dem Motto "Autos aus der Region für die Region" engagieren und vor allem die Synergien durch noch konsequentere Zusammenarbeit innerhalb des Konzerns fördern.

Winterkorn istüberzeugt, mit dieser Strategie den richtigen Weg durch die Krise zu gehen. Sein klares, auch in Wien wieder betontes Ziel: Spätestens 2018 sollen die Wolfsburger die Nummer 1 in der weltweiten Autoindustrie sein.