Friedrich Nagl (60) will am Ende einer langen Funktionärskarriere
nochmals seine ganze Energie in die Marke Kfz-Innung investieren.
Dahinter lauert eine ernste Frage: Wie gut sind die
Zukunftsaussichten dieser Institution überhaupt?
Das Stimmungsbild bei den Landesinnungen scheint schlechter zu sein,
als das beim neuen Bundesinnungsmeister angekommen ist. Seine Wahl
selber geriet nämlich zum Durchmarsch: 10 von 17 Stimmzetteln trugen
seinen Namen. Martin Gertl (Tirol) und Manfred Fuchs (Oberösterreich)
landeten im geschlagenen Feld. Bei der Wahl zu Nagls Stellvertreter
reüssierte Josef Wiener aus dem Burgenland mit 11 zu 6 Stimmen,
worauf Gertl sein Stellvertretermandat hinschmiss wie ein paar Tage
später auch Fuchs. Damit steht Nagl mit Wiener zunächst nur ein
Stellvertreter zur Verfügung und die Gefahr einer Spaltung in Ost-und
Westinteressen ist vorhanden. Nagls Gegner wollen bis zu im März 2010
stattfindenden regulären Neuwahlen ihre Positionen besetzen unddann
einen Neubeginn wagen. Nagl trauen sie diesen Schnitt nämlich nicht
so recht zu.
Nagl, der im Vorwahlkampf quasi alle Pfeile auf sich zog, verspürt,
so der Kfz-Sachverständige und Ex-Opel-Händler aus Klosterneuburg,
zumindest vom Bundesinnungsausschuss her breite Zustimmung zur
Renaissance der Innungskultur: "Ich werde meine ganze Kraft
verwenden, der Innung für meine Nachfolger ein modernes Antlitz zu
geben."
Nachwuchssorgen
Dass es der Meisterklasse im Berufsstand Kfz-Techniker an kreativem
Nachwuchs mangelt, wird kaum bestritten. "Ich werde im ersten Schritt
mit allen Ländervertretern reden." Ein Verdacht liegt nahe: Manche
Innungsfunktionäre versuchen, von eigenen Unzulänglichkeiten
abzulenken. "Aber nur lustvoll von einer schlechten Nachricht zur
anderen zu taumeln, versperre ich mich", gibt sich Nagl resolut.
Dieser Definitionsansatz hat AUTO&Wirtschaft, oft genug Kritiker des
nunmehrigen Bundesinnungsmeisters, dazu verleitet, in der Schlagzeile
den "Nagl neu!" vorauszuschicken. Derüber die Grenzen hinaus für
sein hemdsärmeliges Engagement bekannte Funktionär ist jetzt von
seinen Getreuen (?) beauftragt, mit den Großen aus Wirtschaft und
Politik ebenso zu verhandeln wie Altlasten aus dunklen Zeiten des
Proporzes zu entsorgen und für eine neue Qualität in der
Innungsarbeit zu sorgen. "Gute Verbindungen in einer allgemeinen
Krisenstimmung sind dabei das Wichtigste", lächelt das Urgestein.
Nagl wird sein Programm präsentieren, wenn er weiß, wer aller hinter
seinen Erneuerungsplänen steht. Wiener zum Beispiel, den er in Linz
sogleich zu seinem Nachfolgekandidatenerklärt hat. Der
burgenländische Opel-Händler sieht die Krise als Chance, mit Nagl die
Zukunft der Standesvertretung neu zu planen.
100 Tage Zeit soll er haben, um erfolgreich in das Reputationskapital
der Bundes- und Landesinnungen investieren zu können. Die
Voraussetzung für Nagl, um offensiv zu agieren. (LUS)