Das Stimmungsbild bei den Landesinnungen scheint schlechter zu sein, als das beim neuen Bundesinnungsmeister angekommen ist. Seine Wahl selber geriet nämlich zum Durchmarsch: 10 von 17 Stimmzetteln trugen seinen Namen. Martin Gertl (Tirol) und Manfred Fuchs (Oberösterreich) landeten im geschlagenen Feld. Bei der Wahl zu Nagls Stellvertreter reüssierte Josef Wiener aus dem Burgenland mit 11 zu 6 Stimmen, worauf Gertl sein Stellvertretermandat hinschmiss wie ein paar Tage später auch Fuchs. Damit steht Nagl mit Wiener zunächst nur ein Stellvertreter zur Verfügung und die Gefahr einer Spaltung in Ost-und Westinteressen ist vorhanden. Nagls Gegner wollen bis zu im März 2010 stattfindenden regulären Neuwahlen ihre Positionen besetzen unddann einen Neubeginn wagen. Nagl trauen sie diesen Schnitt nämlich nicht so recht zu.

Nagl, der im Vorwahlkampf quasi alle Pfeile auf sich zog, verspürt, so der Kfz-Sachverständige und Ex-Opel-Händler aus Klosterneuburg, zumindest vom Bundesinnungsausschuss her breite Zustimmung zur Renaissance der Innungskultur: "Ich werde meine ganze Kraft verwenden, der Innung für meine Nachfolger ein modernes Antlitz zu geben."

Nachwuchssorgen

Dass es der Meisterklasse im Berufsstand Kfz-Techniker an kreativem Nachwuchs mangelt, wird kaum bestritten. "Ich werde im ersten Schritt mit allen Ländervertretern reden." Ein Verdacht liegt nahe: Manche Innungsfunktionäre versuchen, von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. "Aber nur lustvoll von einer schlechten Nachricht zur anderen zu taumeln, versperre ich mich", gibt sich Nagl resolut.

Dieser Definitionsansatz hat AUTO&Wirtschaft, oft genug Kritiker des nunmehrigen Bundesinnungsmeisters, dazu verleitet, in der Schlagzeile den "Nagl neu!" vorauszuschicken. Derüber die Grenzen hinaus für sein hemdsärmeliges Engagement bekannte Funktionär ist jetzt von seinen Getreuen (?) beauftragt, mit den Großen aus Wirtschaft und Politik ebenso zu verhandeln wie Altlasten aus dunklen Zeiten des Proporzes zu entsorgen und für eine neue Qualität in der Innungsarbeit zu sorgen. "Gute Verbindungen in einer allgemeinen Krisenstimmung sind dabei das Wichtigste", lächelt das Urgestein. Nagl wird sein Programm präsentieren, wenn er weiß, wer aller hinter seinen Erneuerungsplänen steht. Wiener zum Beispiel, den er in Linz sogleich zu seinem Nachfolgekandidatenerklärt hat. Der burgenländische Opel-Händler sieht die Krise als Chance, mit Nagl die Zukunft der Standesvertretung neu zu planen.

100 Tage Zeit soll er haben, um erfolgreich in das Reputationskapital der Bundes- und Landesinnungen investieren zu können. Die Voraussetzung für Nagl, um offensiv zu agieren. (LUS)