Jeder putzt sich an ihr ab, ohne dass sie sich wehren kann. Dabei kann sie gar nichts dafür, dass es sie überhaupt gibt.

In guten Zeiten prahlten die Manager mit ihren Erfolgen. Für Fehler hatte ein smarter Konzernritter stets seine Knappen als Sündenbock zur Hand. Manchmal war dann ein derartiges Bauernopfer nicht mehr ausreichend. Dann mussten mit internationalen Rochaden die Wogen geglättet werden.

In manchen Importeurszentralen wechselten die Führungskräfte häufiger als anderswo Leute ihre Hemden. In den seltensten Fällen fiel der verantwortliche Manager die Karriereleiter runter. In neuen Ländern und Märkten konnte er unbefleckt von seiner getrübten Vergangenheit wieder von Neuem mit angeblichen Erfolgen hausieren gehen. Mit Verkaufszahlen und Händlern, die angeblich voll Begeisterung hinter der Marke und deren Führungsriege gestanden sind.

Jetzt ist die Blase geplatzt. Und schuld ist nur die Krise. Nicht das Management, das jahrelang Mist gebaut und diesen Mist gut vertuscht hat. Mit Presseabteilungen, die den Auftrag hatten, den Lobgesang für ihre Führung zu intonieren. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing - basta.

Statt rechtzeitig für echte Nachfrage zu sorgen, werden jetzt reihenweise Produktionslinien still gelegt. Und Mitarbeiter rausgeschmissen, die für das Missmanagement am wenigsten dafür können. Gefeuert von Managern, die dank getürkter Zahlen hohe Bonifikationen in ihre Taschen wirtschafteten und sich jetzt erdreisten, als "Sanierer" neue Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Rückendeckung bekommen sie von ihren Aufsichtsräten - vornehmlich aus den Banketagen. Dort sitzen wiederum jene Verantwortlichen, die all die Jahre ahnungslos dem Geschäft zugeschaut haben. Mit dem Argument, dass sie nur dem Shareholdervalue verantwortlich sind: reine Profitgier, nur verbal eleganter verpackt.

Quartalszahlen bestimmten die globale Weltwirtschaft. Daran wurden Bonifikationen gekoppelt, von denen die normalen Mitarbeiter nicht einmal träumen konnten. Und die Presseabteilungen bekamen den Auftrag, nicht die Automodelle, sondern die künftigen Marktaussichten hochzujubeln. Zur Pflege der Aktienkurse, die wichtiger als Händler und Kunden wurden. Jetzt fällt uns das allen auf den Kopf. Die Kurse sind in den Keller gerasselt. Und schuld daran ist nur die Krise, das arme Schwein. Angesichts der angeschlagenen Wirtschaftslage amerikanischer Autobauer handelt es sich nicht um normale Schweine. Es sind kapitale Riesensäue, die sich da entwickelt haben. Deren Züchter sitzen noch immer am Ruder oder erheben den Anspruch erheben, mit Millionen aus ihren Verträgen abgefertigt zu werden.

In der katholischen Tugendlehre gibt es den Begriff des "justum pretium", des gerechten Lohnes. Nicht den im Jenseits, sondern den beim ganz profanen Erdenwandel. Ziel ist ein sinnvolles Augenmaß zwischen dem höchsten Einkommen ganz oben und dem geringsten ganz unten. Dieses sollte - um des sozialen Friedens willen - nicht aus dem Auge verloren werden. Sonst müssen die da oben fürchten, mit Aufständen und Revolutionen aus ihren Burgen und Schlössern gefegt zu werden. Die letzten beiden Jahrhunderte haben gezeigt, dass so etwas jederzeit passieren kann. Mit höchst unangenehmen kriegerischen Nebengeräuschen und Millionen Toten. Dieses Augenmaß ist dank sinnloser Geldgier - und Gier nach immer mehr Macht - in letzter Zeit augenscheinlich verloren gegangen. An den Folgen soll jetzt die Krise schuld sein - das arme Riesenferkel. Vielleicht wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, den Schweinestall auszumisten, die aufgeblähten Hierarchien abzubauen und die Entlohnung der Führungsebenen auf den "gerechten Lohn" zurückzuführen.

Ein Weg dazu wäre die Entlohnung der Verantwortlichen entsprechend der Kundenzufriedenheit, der Zufriedenheit der Händler - als Kunden der Konzerne - mit den Importorganisationen. Der deutsche Citroën-Händlerverband ist da mit gutem Beispiel vorangegangen. Auch in Belgien ermitteln die Marktforscher im Auftrag der Händlerverbände ganz genau, wie es mit dieser "Kundenzufriedenheit" aussieht. Zufriedene Kunden bringen zufriedenstellende Geschäfte. Bei denen gibt es dann auch keine Krise: jene arme Sau, die viele derzeit für ihre eigene Inkompetenz verantwortlich machen möchten.