Teuer, PS-stark und benzindurstig: Die Eintauschwagen, die kaum ein
Autohändler will, sind für Peter Strobl Goldes wert. Mit Netcar hat
der Steirer eine internationale Vermarktungsplattform aufgebaut, die
sich als Partner traditioneller Autohäuser empfiehlt.
Wir verkaufen nicht, wir verteilen", sagt Strobl. Das klingt wie die
nostalgischen Anekdoten, die manch Seniorchef aus den Anfangszeiten
der Massenmotorisierung erzählt. Doch es stimmt: Netcar werden die
virtuellen Türen eingelaufen. 2008 wurden über 1.500 Autos verkauft -
und das von fünf Mitarbeitern, von denen noch dazu drei auf
selbstständiger Basis tätig sind. Schlanker können Betriebsstrukturen
kaum ausfallen. Das Geschäftsmodell der Zukunft?
Partner statt Konkurrent
Auf jeden Fall, erklärt Strobl, soll seine Firmenphilosophie auch
anderen Autohäusern zugute kommen: "Wir verstehen uns keineswegs nur
als Konkurrenz", sagt der Dreißigjährige, der aus einer
alteingesessenen Autohändlerfamilie stammt. In Feldbach führt sein
Vater einen Skoda-Betrieb, im einige Kilometer entfernten Ort
Bierbaum er selbst ein Kia- und Nissan-Autohaus. Von seinen
Händlerkollegen weiß er, wie unangenehm die Hereinnahme eines
hochpreisigen Oberklassefahrzeugs, eines Geländewagens oder eines
großvolumigen Vans sein kann. Viele Autohändler schrecken überhaupt
davor zurück. Nicht so Strobl:Er hat sich mit seiner Online-Sparte
ein internationales Kundennetz für exklusive, starke und teure
Gebrauchtwagen aufgebaut.
Pionier im Netz
Der lebhafte Steirer, dessen Handy im Minutentakt läutet, ist ein
Internetpionier der ersten Stunde: Schon als Maturant versuchte er
sich mit einem virtuellen Autohaus. Doch das Projekt kam um Jahre zu
früh: Nachdem einige zehntausend Schilling in den Sand gesetzt worden
waren, zog der Vater 1998 die Notbremse. Drei Jahre später wagte
Strobl denzweiten Anlauf - und konnte im ersten Jahr 300 Autos
verkaufen. Heute stehen in einer 1.000 m 2 großen Lagerhalle und am
angrenzenden Freigelände Fahrzeuge im Wert von zwei Mio. Euro. Für
das kommende Jahr ist der nächste Erweiterungsbau geplant.
Kompromisslose Philosophie
Mit Netcar setzt Strobl ein Vertriebskonzept um, das sich von seinen
konventionellen Autohäusern kaum stärker unterscheiden könnte: Zu den
schlanken Strukturen kommt der bewusste Verzicht auf jeden optischen
Firlefanz. "Unseren Kunden ist es vollkommen egal, ob sie ihre Autos
im Marmorpalast oder in der Leichtbauhalle kaufen", ist Strobl
überzeugt. "Was zählt, sind Seriosität und Preis." Weiterer
Grundsatz: Gewerbekunden sind, da tendenziell weniger
beratungsaufwändig und vom Gewährleistungsrecht entbunden, viel eher
willkommen als private Käufer. Und, am wichtigsten: Je schneller ein
Fahrzeug verkauft wird, desto besser. Um seine Finanzierungskosten
möglichst niedrig zuhalten, nimmt Strobl punktuell auch Verluste in
Kauf: "Alles, das länger als vier Wochen auf Lager ist, gilt als
Langsteher. Da wird so lange am Preis gedreht, bis das Auto weg ist."
Dass diese Philosophie nicht jedermanns Sache sein kann, ist Strobl
bewusst. Doch man muss nicht seinen Weg gehen, um von der
kompromisslosen Spezialisierung des dynamischen Unternehmers zu
profitieren: Eine unverbindliche Partnerschaft zur Verwertung
vermeintlich schwer verkäuflicher Gebrauchtwagen ermöglicht es
Strobl, sein Geschäftsfeld weiter auszubauen. Der klassische
Autohändler sichert sich damit einen zuverlässigen, schnellen
Absatzkanal - und kann endlich Neuwagengeschäfte machen, die er
bisher ablehnen musste: Eine Win-win-Situation, von der Old und NewEconomy gleichermaßen profitieren.