Karl-Heinz Wegrath, 44, betreut seit 10 Jahren als federführender Autor des Redaktionsteams den für die wiederkehrende Begutachtung gemäß §57a KFG geltenden Mängelkatalog. Das Redaktionsteam besteht aus Vertretern der einschlägigen Fachorganisationen der Wirtschaftskammer, den beiden Autofahrerklubs ARBÖ und ÖAMTC und weiteren Fachexperten u .a.auch aus den Reihen der Behörden. Jede Neuauflage wird vom Verkehrsministerium approbiert und somit zum offiziellen Gebrauch freigegeben.

Herr Wegrath, vor dem Gesetz gilt die Prüf-und Begutachtungsstellenverordnung. Ist der Mängelkatalog Voraussetzung für den zur Durchführung der §-57a-Begutachtung ermächtigten Prüfer?

Entgegen einiger Aussagen, der Mängelkatalog habe keine rechtlich verankerte Relevanz für die§-57a-Begutachtung, stellt dieser sehr wohl eine Voraussetzung für die praktische Durchführung der Begutachtung für den Prüfer dar. Dies ist eindeutig im §10 Absatz 4 PBStV (Prüf-und Begutachtungsstellenverordnung in der derzeit geltenden Fassung BGBl II 2008/240) geregelt: "Die Fahrzeugbegutachtung hat entsprechend einem vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalog zu erfolgen. Dieser Mängelkatalog ist entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik zu ergänzen. Die Beurteilung derfestgestellten Mängel hat jedoch nach Anlage 6 zu erfolgen." Im Klartext heißt dies, dass ein aktueller Mängelkatalog zur Durchführung der Begutachtung in der Praxis als unterstützender Fachkommentar und die - als Basisbestimmungen ebenfalls im Mängelkatalog enthaltenen -gesetzlichen Regelungen der PBStV hinsichtlich der konkreten Mängelbeurteilung heranzuziehen sind.

In welchem Kontext zum Mängelkatalog steht eigentlich die elektronische Begutachtungsverwaltung (EBV) der Fa. Mesensky, die nunmehr im Eigentum des Österreichischen Wirtschaftsverlags steht. Ist das in irgendeiner Form vom Gesetzgeber vorgeschrieben?

Der Mängelkatalog dient als Fachkommentar zur Durchführung der Begutachtung in der Praxis, die elektronische Begutachtungsverwaltung zur Erfassung der einzelnen Prüfergebnisse und letztendlich zur Erstellung und elektronischen Aufbewahrung des amtlichen Gutachtens. Das eine ergänzt somit das andere.Bereits seit einigen Jahren ist der Mängelkatalog -neben der Druckausgabe -EDV-mäßig auch direkt in der EBV integriert. Auch die verpflichtende Verwendung eines "automationsunterstützten Programms zur Erstellung des Begutachtungsformblattes" ist im Gesetz konkret vorgeschrieben. Die EBV als Produktmarke selbst ist nicht erwähnt. Weiters verankert ist, dass der Hersteller der Begutachtungsplakette in einem angemessenen Zeitraum den ermächtigten Stellen kostenlos eine Software zur Erfassung der Daten des Begutachtungsformblattes zur Verfügung zu stellen und für erforderliche Anpassungenund Aktualisierungen dieser Software zu sorgen hat.

... in Druckform oder elektronisch?

Nicht konkret gesetzlich festgelegt ist, ob der Mängelkatalog in der Begutachtungsstelle als Druckwerk oder in elektronischer Form oder beides gleichzeitig vorhanden sein muss. Somit wurde bis jetzt der Mängelkatalog zumindest in einer der genannten Ausführungen als ausreichend angesehen. Eine verpflichtende Integration des Mängelkatalogs in das automationsunterstützte Programm zur Erstellung des Begutachtungsformblattes ist derzeit gesetzlich nicht vorgesehen.

In welcher Form -rechtlich wie finanziell - partizipiert die Bundesinnung der Fahrzeugtechniker vom Konstrukt Mängelkatalog?

Diese Frage berührt bereits seit einigen Jahren eine äußerst heikle Situation in der Branche. Mündlich überliefert ist, dass der Mängelkatalog in seiner Urversion vom ÖAMTC erstellt und in weiterer Folge an den Österreichischen Wirtschaftsverlag verkauft wurde. Konkrete schriftliche Verträge dazu sind meines Wissens nicht bekannt. Tatsache ist jedoch, dass die Bundesinnung der Kraftfahrzeugtechniker am Deckblatt des Mängelkatalogs als Herausgeber geführt wird. Soweit ich es beurteilen kann, handelt es sich bei der Herausgeberschaft der Bundesinnung der Kraftfahrzeugtechniker um einen "Titel ohne Mittel". In den letzten Jahren wurde daher immer öfter der Wunsch der Bundesinnung laut, den "Mängelkatalog" selbst in die Hand zu nehmen. Vor ca. 2 Jahren wurde auch ein eigenständiger Expertenkreis ins Leben gerufen. Was diese Herausgeberschaft gegenüber dem Österreichischen Wirtschaftsverlagals Verleger nun tatsächlich bedeutet, konnte mir bisher keiner der Beteiligten konkret erläutern.

Wo liegen für den ermächtigten Kfz-Betrieb die Vorteile des aktuellen Mängelkatalogs?

Der Gesetzgeber hat in der Anlage 6 der Prüfund Begutachtungsstellenverordnung lediglich die einzelnen Prüfpositionen und (bis auf einige konkrete Messwerte) in groben Zügen die damit verbundenen Mängeleinstufungen vorgesehen. Der Mängelkatalog beinhaltet dazu die einzelnen konkreten Prüfvorschriften und eine ausführliche Hilfestellung für den Prüfer als Fachkommentar bezüglich dessen, welcher Mangel an einem Fahrzeug nun tatsächlich wie im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen im Gutachten zu beurteilen ist.

Rechtfertigt die Neudefinition des kombinierten Gesamtpaketes diese Preissteigerung?

Das Offert desÖWV ist in der vorliegenden Aufmachung -"entspricht 1.000 Euro Ersparnis" - aufgrund zahlreicher Aussagen vielen unverständlich. Was bisher neben der Loseblatt-Sammlung als elektronische Version 165 Euro pro Jahr und Ausgabe gekostet hat, wird jetzt in Verbindung mit einigen anderen Tools als "Mängelkatalog um 395 Euro offeriert. Das ist beim Herausgeber Bundesinnung bereits auf erheblichen Unmut gestoßen.

Könnte den Mängelkatalog auch eine andere Institution als der ÖWV anbieten?

Prinzipiell ja, das Gesetz sieht nichts dem Widersprechendes vor. Damit ist aber auch eine alles entscheidende Auflage verbunden. Nur wer es künftig zuwege bringt, zur inhaltlichen Bearbeitung und Festlegung der Bestimmungen die dafür relevanten Experten aus dem Kreise der Wirtschaftskammer, der Industrie, Autofahrerklubs und aus dem Rechts-und Sachverständigenbereich zu vereinen, wird dies schaffen. Im Gegensatz zu irgendeinem Kommentar muss der Mängelkatalog bekanntlich vom BMVIT genehmigt werden und das wird bezüglich dieser Auflage wohl geprüft werden.