Der aktuelle vomÖWV verlegte und zum Verkauf angebotene
"Mängelkatalog 2009" sorgt in der Preisgestaltung, vor allem
bezüglich des ausschließlich im Kombipaket des Produkts
Mängelkatalog+ erhältlichen elektronischen Mängelkatalogs, bei den
Betreibern der Begutachtungsstellen für Aufregung. Vermehrt werden
Stimmen laut, die diesbezüglich eine Änderung fordern.
Karl-Heinz Wegrath, 44, betreut seit 10 Jahren als federführender
Autor des Redaktionsteams den für die wiederkehrende Begutachtung
gemäß §57a KFG geltenden Mängelkatalog. Das Redaktionsteam besteht
aus Vertretern der einschlägigen Fachorganisationen der
Wirtschaftskammer, den beiden Autofahrerklubs ARBÖ und ÖAMTC und
weiteren Fachexperten u .a.auch aus den Reihen der Behörden. Jede
Neuauflage wird vom Verkehrsministerium approbiert und somit zum
offiziellen Gebrauch freigegeben.
Herr Wegrath, vor dem Gesetz gilt die Prüf-und
Begutachtungsstellenverordnung. Ist der Mängelkatalog Voraussetzung
für den zur Durchführung der §-57a-Begutachtung ermächtigten Prüfer?
Entgegen einiger Aussagen, der Mängelkatalog habe keine rechtlich
verankerte Relevanz für die§-57a-Begutachtung, stellt dieser sehr
wohl eine Voraussetzung für die praktische Durchführung der
Begutachtung für den Prüfer dar. Dies ist eindeutig im §10 Absatz 4
PBStV (Prüf-und Begutachtungsstellenverordnung in der derzeit
geltenden Fassung BGBl II 2008/240) geregelt: "Die
Fahrzeugbegutachtung hat entsprechend einem vom Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalog zu
erfolgen. Dieser Mängelkatalog ist entsprechend dem jeweiligen Stand
der Technik zu ergänzen. Die Beurteilung derfestgestellten Mängel
hat jedoch nach Anlage 6 zu erfolgen." Im Klartext heißt dies, dass
ein aktueller Mängelkatalog zur Durchführung der Begutachtung in der
Praxis als unterstützender Fachkommentar und die - als
Basisbestimmungen ebenfalls im Mängelkatalog enthaltenen
-gesetzlichen Regelungen der PBStV hinsichtlich der konkreten
Mängelbeurteilung heranzuziehen sind.
In welchem Kontext zum Mängelkatalog steht eigentlich die
elektronische Begutachtungsverwaltung (EBV) der Fa. Mesensky, die
nunmehr im Eigentum des Österreichischen Wirtschaftsverlags steht.
Ist das in irgendeiner Form vom Gesetzgeber vorgeschrieben?
Der Mängelkatalog dient als Fachkommentar zur Durchführung der
Begutachtung in der Praxis, die elektronische Begutachtungsverwaltung
zur Erfassung der einzelnen Prüfergebnisse und letztendlich zur
Erstellung und elektronischen Aufbewahrung des amtlichen Gutachtens.
Das eine ergänzt somit das andere.Bereits seit einigen Jahren ist
der Mängelkatalog -neben der Druckausgabe -EDV-mäßig auch direkt in
der EBV integriert. Auch die verpflichtende Verwendung eines
"automationsunterstützten Programms zur Erstellung des
Begutachtungsformblattes" ist im Gesetz konkret vorgeschrieben. Die
EBV als Produktmarke selbst ist nicht erwähnt. Weiters verankert ist,
dass der Hersteller der Begutachtungsplakette in einem angemessenen
Zeitraum den ermächtigten Stellen kostenlos eine Software zur
Erfassung der Daten des Begutachtungsformblattes zur Verfügung zu
stellen und für erforderliche Anpassungenund Aktualisierungen dieser
Software zu sorgen hat.
... in Druckform oder elektronisch?
Nicht konkret gesetzlich festgelegt ist, ob der Mängelkatalog in der
Begutachtungsstelle als Druckwerk oder in elektronischer Form oder
beides gleichzeitig vorhanden sein muss. Somit wurde bis jetzt der
Mängelkatalog zumindest in einer der genannten Ausführungen als
ausreichend angesehen. Eine verpflichtende Integration des
Mängelkatalogs in das automationsunterstützte Programm zur Erstellung
des Begutachtungsformblattes ist derzeit gesetzlich nicht vorgesehen.
In welcher Form -rechtlich wie finanziell - partizipiert die
Bundesinnung der Fahrzeugtechniker vom Konstrukt Mängelkatalog?
Diese Frage berührt bereits seit einigen Jahren eine äußerst heikle
Situation in der Branche. Mündlich überliefert ist, dass der
Mängelkatalog in seiner Urversion vom ÖAMTC erstellt und in weiterer
Folge an den Österreichischen Wirtschaftsverlag verkauft wurde.
Konkrete schriftliche Verträge dazu sind meines Wissens nicht
bekannt. Tatsache ist jedoch, dass die Bundesinnung der
Kraftfahrzeugtechniker am Deckblatt des Mängelkatalogs als
Herausgeber geführt wird. Soweit ich es beurteilen kann, handelt es
sich bei der Herausgeberschaft der Bundesinnung der
Kraftfahrzeugtechniker um einen "Titel ohne Mittel". In den letzten
Jahren wurde daher immer öfter der Wunsch der Bundesinnung laut, den
"Mängelkatalog" selbst in die Hand zu nehmen. Vor ca. 2 Jahren wurde
auch ein eigenständiger Expertenkreis ins Leben gerufen. Was diese
Herausgeberschaft gegenüber dem Österreichischen Wirtschaftsverlagals Verleger nun tatsächlich bedeutet, konnte mir bisher keiner der
Beteiligten konkret erläutern.
Wo liegen für den ermächtigten Kfz-Betrieb die Vorteile des aktuellen
Mängelkatalogs?
Der Gesetzgeber hat in der Anlage 6 der Prüfund
Begutachtungsstellenverordnung lediglich die einzelnen Prüfpositionen
und (bis auf einige konkrete Messwerte) in groben Zügen die damit
verbundenen Mängeleinstufungen vorgesehen. Der Mängelkatalog
beinhaltet dazu die einzelnen konkreten Prüfvorschriften und eine
ausführliche Hilfestellung für den Prüfer als Fachkommentar bezüglich
dessen, welcher Mangel an einem Fahrzeug nun tatsächlich wie im
Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen im Gutachten zu beurteilen ist.
Rechtfertigt die Neudefinition des kombinierten Gesamtpaketes diese
Preissteigerung?
Das Offert desÖWV ist in der vorliegenden Aufmachung -"entspricht
1.000 Euro Ersparnis" - aufgrund zahlreicher Aussagen vielen
unverständlich. Was bisher neben der Loseblatt-Sammlung als
elektronische Version 165 Euro pro Jahr und Ausgabe gekostet hat,
wird jetzt in Verbindung mit einigen anderen Tools als "Mängelkatalog
um 395 Euro offeriert. Das ist beim Herausgeber Bundesinnung bereits
auf erheblichen Unmut gestoßen.
Könnte den Mängelkatalog auch eine andere Institution als der ÖWV
anbieten?
Prinzipiell ja, das Gesetz sieht nichts dem Widersprechendes vor.
Damit ist aber auch eine alles entscheidende Auflage verbunden. Nur
wer es künftig zuwege bringt, zur inhaltlichen Bearbeitung und
Festlegung der Bestimmungen die dafür relevanten Experten aus dem
Kreise der Wirtschaftskammer, der Industrie, Autofahrerklubs und aus
dem Rechts-und Sachverständigenbereich zu vereinen, wird dies
schaffen. Im Gegensatz zu irgendeinem Kommentar muss der
Mängelkatalog bekanntlich vom BMVIT genehmigt werden und das wird
bezüglich dieser Auflage wohl geprüft werden.