Der Neuwagen-Musterkaufvertrag hat einen illustren Stammbaum: Ausgearbeitet wurde er von den Konsumentenschützern des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit den Autofahrerclubs, dem Bundesgremium des Fahrzeughandels, der Industriellenvereinigung und dem Verein für Konsumenteninformation. Kein Einvernehmen gab es dagegen mit der Arbeiterkammer,die sich über Jahre dagegen quer legte.

Umstrittene Klausel

Stein des Anstoßes war folgende Preisgleitklausel in den formularmäßig vorgegebenen Vertragsbedingungen: "Der Kaufpreis wird für die Dauer von zwei Monaten garantiert. In diesem Zeitraum kann sich der Kaufpreis nur durch folgende, nicht vom Willen des Verkäufers abhängende Umstände ändern (erhöhen oder senken): Änderung von Zöllen, Änderung oder Neueinführung von Abgaben, Ausstattungsänderungen aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften. Nach Ablauf dieser Frist kann sich der Kaufpreis nicht nur aus den oben genannten Umständen, sondern auch dann ändern (erhöhen oder senken), wenn sich der Einstandspreis für den Verkäufer ändert. Der Käufer kann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer bis zur Lieferung eine Preiserhöhung von mehr als 5 Prozent des Kaufpreises vornimmt." Im Verkaufsalltag, hört man zumindest aus der Autobranche, kam diese Klausel nie zum Tragen. Das hinderte die Wiener Arbeiterkammer jedoch nicht, in einem Musterprozess im Jahr 2005 die Autohandelsgröße Mazda Rainer auf Unterlassung zu klagen. Der Erfolg gab ihr Recht -sie blieb in allen drei Instanzen siegreich. Burkhard Ernst, Chef von Mazda Rainer und Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, blieb nichts anderes über, als das Urteil zu akzeptieren -verbunden mit satten Kosten.

VergeblicheÄnderung

Aufgrund der Abmahnung durch die Arbeiterkammer hatte Mazda Rainer bereits eine Abänderung der strittigen Vertragsklausel vorgenommen und dieser entsprechend eine Unterlassungserklärung abgegeben. In der neuen Fassung der AGB wurde eine Zustimmungserklärung des Käufers zu Preiserhöhungen eingebaut: "Von dieser Preiserhöhung hat der Verkäufer den Käufer nachweislich mit der Aufforderung zu verständigen, innerhalb der angemessenen Frist von zehn Tagen ausdrücklich zu erklären, ob er vom Vertrag zurücktritt. In dieser Verständigung ist der Käufer darauf hinzuweisen, dass die Kaufpreiserhöhung von ihm als genehmigt gilt, wenn er innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung abgibt." Für die Abwehr der Unterlassungsklage war dies jedoch nicht ausreichend. Bei einer zusammenhängenden Klausel muss für den ganzen Text eine Unterlassungserklärung abgegeben werden, nicht nur für einzelne Teile. Nicht im einzelnen ausgehandelte Vertragsbestimmungen, nach denen dem Unternehmer für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zustehe, sind danach unzulässig.

Händler in der Zwickmühle

Der Oberste Gerichtshof kritisierte die "generalklauselhafte" Festlegung der Preiserhöhungsgründe. Diese habe er bei seiner Beurteilung im "kundenfeindlichsten" Sinne auszulegen. Die dem Händler eingeräumte Preisänderungsbefugnis sei nicht transparent genug dargelegt. Sie ermögliche dem Händler eine Preiserhöhung selbst dann, wenn er selbst mit seiner Lieferung schuldhaft imVerzug war. Damit besteht die Gefahr, dass der Kunde "gröblich benachteiligt" wird. In der Folge wurde heftig um eine Neuformulierung der Klausel gefeilscht. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des Gremiums an der Front ergab: Die Händler können auf eine derartige Regelung nicht verzichten. Schließlich steht in allen Händlerverträgen, dass der Importeur zwischenzeitige Preiserhöhungen an den Einzelhändler durchreichen kann, wobei er als Großhändler bei seinen Vertragsklauseln nur das Handelsrecht zu berücksichtigen braucht. Da sind intransparente Klauseln an der Tagesordnung. DieHändler selbst müssen -zumindest bei Kaufverträgen mit Letztverbrauchern - die zwingenden Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes beachten. Damit befinden sie sich bei Preiserhöhungen in der Zwickmühle -und bleiben auf diesen letztlich sitzen.

Schlechterstellung für die Branche?

In Kürze soll ein neuer Musterkaufvertrag für Neufahrzeuge erscheinen -mit einer entschärften Preisgleitklausel, die den Erwägungen des OGH in seiner Entscheidung 2 Ob 142/06f Rechnung trägt. "Für den Fahrzeughandel bedeutet das eine Verschlechterung", verweist Ernst auf die schwierige Mittlerposition der Branche. Doch immerhin: Der gewährende, eine gewisse Einheitlichkeit garantierende Mustervertrag wird weiterleben. Mittelfristig, denkt Ernst weiter, könnte sogar eine Zusammenführung der bisher getrennten Musterkaufverträge für Neuund Gebrauchtwagen sinnvoll sein.

Arbeiterkammer wartet ab

Ob die Arbeiterkammer dem neuen Vertragsentwurf zustimmen wird, ist offen. "Uns sind die neuen Verträge noch nicht bekannt", erklärt Anja Mayer, Referentin bei der AK Wien. Sie hatte für die Konsumentenschützer den Kampf gegen die "alten" Musterverträge geführt. In der Autobranche beurteilt man den Kundennutzen durch die neuen Verträge jedenfalls eher skeptisch: Angesichts der allerorten auf Käufer harrenden Autohalden sei kaum zu befürchten, dass Käufer mittels langer Lieferfristen preislich über den Tisch gezogen würden.