Was passiert, wenn die Kosten für eine Bremsenreparatur zu hoch
ausgefallen sind? Wie reagiert eine Werkstätte sinnvollerweise auf
eine derartige Kundenreklamation? Wie kann sie einem riskanten
Prozess ausweichen? Mit diesen Fragen hatte sich das Bezirksgericht
Melk auseinanderzusetzen. <br /><br />Gestritten wurdeüber eine Rechnung in der Höhe von 866,81 € für die
Reparatur von Citroën-Bremsen.
Darin inkludiert war der Austausch der
bei der Bremsenreparatur zerstörten Radlager und das "Pickerl". Der
Kunde hatte anschließend für eine derartige Reparatur den
Kostenvoranschlag einer Citroën-Vertragswerkstätte eingeholt. Dort
wurde die Reparatur um 370,76€ angeboten, was ihn veranlasste, die
Rückzahlung der Hälfte der schon bezahlten 800 € einzuklagen.
Der vom Gericht bestellte Sachverständige ermittelte angemessene
Kosten von 480 €. Bei starker Verrostung wäre der Aufwand bei 560
€gelegen. Beim Kostenvoranschlag über 370,76 €scheint es sich somit
um ein Reparaturschnäppchen gehandelt zu haben.
Das Gericht kam anhand des Gutachtens zum Ergebnis, dass die
Werkstätte bereits beim Zerlegen der Bremsanlage hätte erkennen
müssen, dass dafür ein -nicht zur Verfügung stehendes
-Spezialwerkzeug erforderlich ist. Mit diesem wäre die Erneuerung der
Radlager nicht erforderlich gewesen. Der Beklagte war daher für
diesen Mehraufwand verantwortlich, weshalb demKläger von den
verlangten 400 € der Differenzbetrag von 240€ zugesprochen wurde.
Da der streitbare Kunde nur zu 60 Prozent obsiegte und der Gegner zu
40 Prozent, sprach ihm das Gericht von seinen Verfahrenskosten in der
Höhe von 1.340,70 € nur 20 Prozent seiner Anwaltskosten und 60
Prozent seiner Barauslagen als Kostenersatz zu. Die Werkstätte hatte
somit neben den 240 €und den eigenen Prozesskosten noch zusätzlich
531,24 €zu tragen. Der Kläger blieb seinerseits auf 809,46 €sitzen.
Sein Sieg hätte ihn also 569,46 €gekostet.
Das Landesgericht St. Pölten (21R 20/08m) hat die Kostenentscheidung
im Sinne eines vollen Kostenersatzes abgeändert -allerdings bloß auf
der Streitwertbasis der tatsächlich ersiegten 240€. Der Kunde konnte
vor Klagsführung das Ausmaß der tatsächlich erforderlichen
Reparaturkosten nicht kennen. Die Ermittlung derfiktiven
angemessenen Reparaturkosten war erst durch den vom Gericht
bestellten Sachverständigen möglich. Dieser hat dafür drei Varianten
erarbeitet, und die Entscheidung war vom richterlichen Ermessen
abhängig. Da sich der Kläger bereits vorprozessual um einen
Kostenvoranschlag für die angemessenen Reparaturkosten bemüht hat,
durfte ihm die letztlich eingetretene Überklagung kostenmäßig nicht
angelastet werden.
Eines ist klar: Ein derartiger -dem Grunde nach berechtigter -Prozess
führt ohne Rechtsschutzversicherung zwangsläufig zu einem Pyrrhussieg
des von der Werkstätte leicht übertölpelten Kunden. Der Betrieb
wiederum sollte keine Reparatur übernehmen, wenn er nicht das nötige
Spezialwerkzeug hat.
Eine kurze Vorkalkulation bei der Reparaturannahme kann bei
Fremdfabrikaten nie schaden -ebenso der Blick in die
Herstellervorgaben, da die Vertragswerkstätten vertraglich
verpflichtet wurden, diese Werte (auch außerhalb von
Garantiearbeiten) einzuhalten. Selbstverständlich ist eine
ungebundene Werkstätte an diese Arbeitszeitvorgaben nicht gebunden.
Sie geben aber einen Hinweis, ob man mit der eigenen Kalkulation in
einer vertretbaren Bandbreiteliegt.
Nachher ist natürlich jeder gscheiter. Aber aus Fehlern soll man
schließlich lernen. Spätestens bei der Kundenreklamation wäre eine
neutrale Überprüfung des in Rechnung gestellten Aufwands sinnvoll
gewesen. Schließlich macht im Streitfall auch ein Richter nichts
anderes, als einen Sachverständigen mit derÜberprüfung der
Rechtslage zu betreuen. Dieser bestimmt letztlich den Prozessausgang.
Da alle mit dem gleichen Audatex-Programm kalkulieren, hätte sich die
Werkstätte somit vorprozessual leicht über das voraussichtliche
Prozessurteil informieren können -und mit einem geschickten
Reklamationsmanagement die ganze Sache mit einem Bruchteil des
Aufwandes rechtzeitig abbiegen können.