„Motivation in all unserem Tun ist, unsere Leserinnen und Leser mit verlässlichen, recherchierten Informationen im Tagesgeschäft zu begleiten. Das große Thema ist die Transformation und wir sehen im Wesentlichen 3 Aspekte, die die Branche beschäftigen: Der Wandel des Autos an sich, das zunehmend vernetzt, elektrisch angetrieben und schrittweise autonomer werden wird. Das beeinflusst natürlich die Wertschöpfung in der gesamten Branche. Weiters ist das Thema Digitalisierung ein großer Punkt, wo wir uns heuer auf das Thema Customer Journey konzentrieren wollen sowie die Veränderung der Vertriebsnetze", wie A&W-Geschäftsführer Stefan Binder in seinem Eröffnungsinterview mit Moderator Oliver Zeisberger erklärte.

Autohaus-Gruppe setzt auf Gebrauchtwagen

Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer fürs Unternehmertum startete Oliver Bohn die Vortragsreihe beim A&W-Tag. „Wir brauchen Zuversicht und unsere Hauptaufgabe als Unternehmer ist es, für gute Stimmung im Betrieb zu sorgen. Und das wird immer anstrengender“, so der Geschäftsführer des traditionsreichen Autohauses Kuhn+Witte mit mehreren Standorten im Raum Hamburg. Obwohl das Autohaus zahlreiche Marken wie VW, Audi, Seat sowie Cupra und seit kurzem auch XPeng vertreibt, setzt Bohn verstärkt auf Gebrauchtwagen. „Das ist unser Kerngeschäft und wird uns das Servicegeschäft der Zukunft sichern.“

Shift happens

„Markenbildung ist alles, eine starke Online-Präsenz ist dabei essenziell“, meint Alexander Reissigl, Head of Auto & Motor bei willhaben. Die Zahlen der willhaben-Umfrage sprechen eine deutliche Sprache. Denn die Kunden haben beim ersten Besuch im Autohaus durchschnittlich bereits 60 % der Customer Journey hinter sich: Gekauft wird das Fahrzeug zwar von 55,9 % im Kfz-Handel. Auch die unmittelbare Zukunft sieht noch rosig für das Autohaus aus: 56,6 % glauben, dass der stationäre Autohandel auch in den nächsten 5 Jahren eine wichtige Rolle spielen wird. Aber vor allem die wachsende Bedeutung von Online-Vertriebskanälen erfordert von den Händlern, sich zu eigenständigen Marken zu entwickeln.

Podium: Händlervertrag in der Transformation

Im ersten Podiumsgespräch des Tages, betonte Komm.-Rat Ing. Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, dass es wichtig sei, dass die Umstellung zu neuen Vertriebssystemen unter Einbindung der Händlerverbände erfolge: „Da muss Punkt für Punkt besprochen und vor allem die Kostenaufteilung vorab besprochen werden.“

„Hersteller sehen jetzt, was die Händler alles gemacht haben“, räumt auch Günther Kerle vom Arbeitskreis der Automobilimporteure ein. „Voriges Jahr hätte ich noch gesagt, dass in fünf Jahren alle europäischen Hersteller auf das Agentur-System umstellen." Mittlerweile seien eine Ernüchterung eingetreten, so Kerle.

Das Büchl-Urteil habe dazu geführt, dass nun die Regeln zwischen Herstellern und Händlern klarer geregelt seien, berichtet Rechtsanwalt Dr. Peter Thyri: „Die Hersteller können besser einschätzen, wie weit sie gehen können. Die Händler wissen genauer, was auf sie zukommt.“

Sicherheit und Kundenloyalität

Unter das Motto „Planbare Sicherheit“ stellte Herbert Michael Strasser, Country Manager Österreich bei CarGarantie, seine Präsentation auf der Bühne des A&W-Tags. Absicherung sei nötig, weil „wir erst im Rückblick wissen können, wie das Geschäft des abgelaufenen Jahres tatsächlich gelaufen ist.“ Dafür, so Strasser, ist die CarGarantie Experte. Mit 231.291 Neuwagen-Anschlussgarantien und 698.804 Gebrauchtwagen-Garantien nimmt der Versicherer dem Handel das Risiko ab und bietet ein wichtiges Instrument, um der wachsenden Unsicherheit der Kunden zu begegnen. Insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit seien Garantieprodukte wertvoll für den Handel, so Strasser, der dazu rät, Anschluss- bzw. GW-Garantien gegenüber dem Endkunden als Marketing-Instrument zu nutzen.

Castrol: 125 Jahre im Zeichen der Entwicklung

Über die Transformation von einem Mineralöl- zu einem integrierten Energieunternehmen berichteten Gerhard Wolf, Geschäftsführer von Castrol Austria, und Technikverantwortlicher Dipl.-Ing. Martin Huber. Castrol blickt auf eine 125-jährige Historie zurück und diese war auch geprägt von Veränderungen – im Hinblick auf Technik, Organisation und Personal.

Das Unternehmen setzt sich zum Ziel, bis 2050 oder früher CO2-Neutralität zu erreichen. Dazu fokussiert Castrol unter anderem auf erneuerbare Energieträger (Wind, Solar, Wasserstoff), die Installation von 100.000 E-Ladepunkten im bestehenden Tankstellennetz der bp-Gruppe und die nachhaltige Aufstellung des traditionellen Öl- und Gasgeschäfts.

  

Der Weg des Kunden

Zum Thema Customer Journey referierte Dr.in Kristina Kampfer, Professorin für Marketing Management an der FH Kufstein-Tirol. „Der Autokauf ist wie eine Achterbahnfahrt. Wir müssen wissen, wo die Achterbahn knirscht und wo die Pain Points liegen, damit wir dem Kunden richtig begegnen können.“ Besagte Pain Points sind zum Beispiel mangelhafte Kommunikation, wo vor allem die KI künftig Abhilfe schaffen könnte. Die Unterstützung ist ein weiterer Punkt, der für den Kunden vor allem in der Phase nach dem Kauf wichtig ist. Auch hier sieht Kampfer Vorteile durch die Nutzung von KI: „Wenn der Kunde anruft, kann die KI anhand der Daten die sie von ihm hat dem Kundenservice oder Verkäufer bereits vor dem Abheben sagen, was der Kunde wohl will."

Personalisierung ist ein weiterer wichtiger Punkt für den Kunden, hier geht es vor allem um die Phase vor dem Kauf: „Durch personalisierbare Filter und Kriterien beim Autokauf, hat der Kunde schneller das Fahrzeug, welches er möchte und welches zu ihm passt. Und zusätzlich kann sie ihm auch gleich eine passende Finanzierung anbieten. Und das alles am Wochenende, noch bevor am Montag der erste Mitarbeiter ins Büro kommt.“ Und diese KI-Nutzung soll dann vor allem die Zeit für die Mitarbeiter freispielen: „Denn dann können sie die Zeit dafür nutzen, mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen und ihm das persönliche empathische Gefühl zu geben, welches auch heute noch wichtig ist.“

Podium: Daten, junge Generation & Finanzierung

Zum selben Thema diskutierten im Anschluss an den Vortrag Philipp Posselt, CEO von Veact, Dominic Krb, Vertriebsleiter von Carplus und Andreas Handl, Head of Cooperations & Stock Finance bei der Santander Consumer Bank. 

Posselt sieht in den Autodaten die Basis für künftige Kundenkommunikation: „Wir sehen da eine große Änderung im Aftersales-Marketing. Für den Handel kommt da die große Herausforderung, es dem Kunden einfach zu machen, weil ich weiß: ‚Hey, dein Fahrzeug braucht neue Bremsen‘. Ich verkürze also die gesamte Diskussion und kann dem Kunden auch schneller helfen."

Laut Dominic Krb sieht man, dass „die Customer Journey zwar so gut wie immer digital beginnt, aber immer noch persönlich im Autohaus endet. Und da wollen wir mit unseren Produkten sowohl den Verkäufer als auch den Kunden unterstützen.“

Für Andreas Handl ist vor allem die Zukunft spannend: „Die jüngeren Generationen sind informierter und kritischer und haben höhere Serviceansprüche. Und genau hier wollen wir die Finanzierung so aufstellen, dass diese Ansprüche erfüllt sind.“

Österreich ist mehr Mobilitäts- als Tourismusland 

Dr. Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, gab in seinem spannenden Vortrag erstmals öffentliche Einblicke in jene Zahlen und Fakten, die er auch beim Autogipfel im Juni 2024 erläuterte. Für einen Aha-Moment sorgte die Gegenüberstellung der direkten Bruttowertschöpfung der Automobilwirtschaft mit dem Tourismus, den die Automobilwirtschaft mit 25,1 zu 19 Mrd. Euro für sich entscheidet. Wichtig sei, eine Innovationsdynamik zu schaffen, Österreich liege bei automotiven Patenten weltweit auf Rang 5. Das Emissionsziel 2030 sei lt. Helmenstein erreichbar, man müsste nur die Beimischung von Biokraftstoffen auf 13,5 Prozent erhöhen.

DAT: Know-how in Bewertung und Kalkulation

Die umfangreiche Expertise bei Fahrzeugbewertung und Schadenkalkulation rückte Nils Weber, MSc, seit Juni neuer Geschäftsführer von DAT Austria, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Besonders im Bereich Schadenkalkulation ist man mit neuen, durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützten Tools auf dem Markt präsent. Das Angebot reicht hier vom KI-Chatbot „Silvie“ über entsprechende Bilderkennungs-Software bis hin zu einem Portalscanner. Auch wenn die DAT Austria hierzulande stärker in der Reparaturkostenkalkulation verankert ist, soll auch das Know-how in der Marktbeobachtung nicht unerwähnt bleiben. Hier würden Technologiesprünge, unter anderem neue Dashboards, für eine weitere (Daten-)Qualitätssteigerung sorgen, so Weber.