Mehrmals haben wir in den vergangenen Monatenüber den Versuch von
Peugeot berichtet, überfallsartig den Vertrieb in Innsbruck und
Salzburg in eigene Hände zu nehmen. Für Händlervertreter ist dies
schlichtweg eine "Schweinerei", für den Importeur könnte es sich als
teurer Fehlgriff erweisen.
Wie bei einigen anderen Marken, gab es auch bei Peugeot ursprünglich
mehrere Importeure: Die Firma Leischko beherrschte von Linz aus die
Mitte Österreichs, Jeschek beackerte Ostösterreich, Robinson von Graz
aus den Süden, Frey hatte von Salzburg aus den Westen unter den
Fittichen. Mitte der 80er-Jahre wurden die vier Großhändler auf den
Einzelhandel zurückgestutzt, das Peugeot-Marketingbüro in Wien
mauserte sich zum Importeursmonopolisten.
Nach dem Tod von Joschi Walter entschloss sich der Konzern mit dem
Kauf von Jeschek in Wien zum ersten Einstieg in den Einzelhandel.
Nach zähen Verhandlungen mit Leischko folgte Jahre später Linz diesem
Muster. Die nackten Zahlen zeigen jedoch, dass die bisherigen Erfolge
der Konzernfilialen kein Grund wären, dieses Modell auf weitere
Landeshauptstädte auszudehnen.
Markterfolg dank Kurzzulassungen?
Ing. Helmut Destalles, Vizeobmann des VerbandesÖsterreichischer
Kraftfahrzeugbetriebe (VÖK) hat sich die Verkaufsergebnisse der
letzten drei Jahre näher angesehen. So erreichte Peugeot in Wien 2009
einen Marktanteil von 5,05 Prozent, steigerte sich 2010 auf 5,77
Prozent und kam im ersten Halbjahr 2011 auf beachtliche 6,98 Prozent.
Zieht man davon jedoch die Kurzzulassungen bis 120 Tage (2010: 1.359
Stück) ab und reduziert diese auf das in einem Autohaus übliche
Niveau von 10 Prozent, errechnet Destalles für 2009 einen Wiener
Marktanteil von brustschwachen 1,14 Prozent, der 2011 auf 2,45
Prozent gesteigert werden konnte. In Wien-Umgebung, wo es keine
derartigen konzerngesteuerten Kurzzulassungen gibt, beträgt der
Marktanteil konstant rund 4,7 Prozent.
Im Bereich Linz-Stadt, wo es seit derÜbersiedlung der Konzernfiliale
nach Linz-Leonding kaum mehr Kurzzulassungen gibt, sank der
Marktanteil von 3,55 Prozent (2009) auf 2,38 Prozent (2010) und
zuletzt auf 1,93 Prozent. Dafür schnellte er in Linz-Land von 5,02
Prozent auf 7,68 Prozent. Reduziert man die dort von Peugeot
getätigten Kurzzulassungen auf das für "normale" Händler
wirtschaftlich vertretbare Niveau, sinkt der Marktanteil auf zuletzt
4,07 Prozent.
In Salzburg-Stadt, wo die Firma Brötzner bei den Zulassungszahlen mit
der Konkurrenz diverser Importzentralen zu kämpfen hat und keine
derartige Kurzzulassungspolitik betreibt, ist der Marktanteil von
3,03 Prozent (2009) auf 2,03 Prozent (2011) gesunken, liegt damit
aber immer noch über dem Niveau von Linz-Stadt. Dafür kommt derBetrieb in Salzburg-Wals -mit lediglich 15 Kurzzulassungen pro Jahr
-auf 4,72 Prozent. Das entspricht den Verkaufsergebnissen von Wien
Umgebung.
Ähnliche Befunde
Wie Brötzner in Salzburg war auch die Firma Marchhart in St.Pölten
nicht bereit, die Peugeot-Marktanteile mit Kurzzulassungen zu
sponsern. In der Stadt St. Pölten kam man zuletzt auf 3,28 Prozent.
Im Umkreis von St. Pölten konnte Peugeot aufgrund einer extrem hohen
Händlerdichte den Marktanteil von 8,31 Prozent (2009) auf 9,86
Prozent (2011) steigern.
Ähnlich sieht es in Graz aus: Auch hier verzichtet das Autohaus
Edelsbrunner darauf, zulasten des Ertrages Kurzzulassungen zu
produzieren. In Graz-Stadt erreichte Peugeot damit zuletzt 4,63
Prozent, in Graz-Umgebung 6,53 Prozent. Auch das Autohaus Moriggl mit
zwei Betrieben in Innsbruck hat bis zuletzt auf Kurzzulassungen
verzichtet. Insgesamt kommt man damit in Stadt und Land in den
letzten Jahren auf knapp über 3 Prozent.
Mit zweierlei Maß
Peugeot lässt sich den Kauf von Marktanteilen mittels Kurzzulassungen
einiges kosten. Die für Wien und Linz zuständige Retail-Tochter
schreibt seit Jahren Verluste, die von der Muttergesellschaft
bilanziell ausgeglichen werden. Der bisherige Höhepunkt wurde 2009
mit einem Minus von 4,4 Millionen Euro erreicht, neuere Bilanzen
scheinen im Firmenbuch noch nicht auf. Selbstständige Peugeot-Händler
können sich einen derartigen Luxus nicht leisten, zumal der Konzern
den Händlern Eigenkapitalerfordernisse vorschreibt, die auch von
alteingesessenen Autohäusern schon lange nicht mehr erreicht werden.Diese dienten dem Importeur als Vorwand, einigen Händlern -allen
voran Brötzner, Moriggl und Marchhart -mit Juni 2011 keine neuen
Händlerverträge anzubieten: Unabhängig davon, wie lange sie für
Peugeot tätig gewesen sind und was sie in diese Marke investiert
haben.
Vor die Tür gesetzt
Wie etwa die Familie Lantos, deren Autohaus Moriggl seit 59 Jahren in
Tirol Peugeot verkauft. Erst vor fünf Jahren wurde um 2,3 Millionen
Euro ein zusätzlicher Betrieb errichtet, der allen Vorgaben von
Peugeot entspricht. Mit 40 Mitarbeitern kommen die beiden
Musterbetriebe auf einen Umsatz von 11,5 Millionen Euro. "Ende April
hat man uns vorgeschlagen, wir sollen diese an einen von Peugeot
ausgewählten Interessenten verpachten", hat Geschäftsführer Philipp
Lantos dieses Ansinnen ebenso abgelehnt wie den Vorschlag, als
weisungsgebundener Verkaufsagent im Vertriebsnetz zu verbleiben.
"Durch den Nichtabschluss eines Vertriebspartnervertrages trifft die
klagende Partei ein Mitverschulden an dem bei ihr allenfalls
eintretenden Schaden", lehnt Peugeot alle aus der Vertragsbeendigung
resultierenden Forderungen des Autohauses Moriggl -eingeklagt sind
2,5 Millionen Euro -vehement ab.
Offene Forderungen
Ähnlich war die Vorgangsweise in Salzburg. Hier hatte man bereits
zuvor dem Autohaus Brötzner die im Land verteilten B-Händler
abgeworben. Nach den Konzernvorstellungen sollte das Unternehmen
nunmehr den eigenen Betrieb im Zentrum von Salzburg billig an
Peugeot-Linz verpachten und mit den übrigen drei Standorten für Linz
als "Vertriebspartner" weiter arbeiten. Die Familie Brötzner war
jedoch nicht bereit, auf diesen Vorschlag einzugehen und drängte auf
den Abschluss eines Händlervertrages. Daraufhin wurde mit 1. Juni
2011 die Belieferung mit Neuwagen eingestellt, was Brötzner letztlich
zwang, die bisherige Selbstständigkeit aufzugeben und doch als
Vertriebspartner für Peugeot-Linz tätig zu werden. Über die Höhe der
aus dem Vertragsende resultierenden Forderungen wird ebenfalls das
Handelsgericht Wien zu entscheiden haben.
Fassungslose Händler
Nicht ganz so weit ließ man es in St. Pölten kommen. Hier einigte
sich Helmut Marchhart mit Peugeot auf eine -streng geheime -
Abschlagszahlung, die Zahl der für Peugeot Linz tätigen
Peugeot-Händlern ist mit dem niederösterreichischen Unternehmen auf
33 angewachsen.
Die Peugeot-Händler schauen diesem Treiben fassungslos zu.
Außenstehende, die nicht vom Wohlwollen der französischen
Konzernherren abhängig sind, geben sich nicht so zurückhaltend. So
ist für den VÖK-Kämpfer Destalles die Vorgangsweise, wie Peugeot mit
seinen Partnern umspringt, schlicht und einfach "eine Schweinerei".
Und für den ehemaligen Peugeot-Importeur Heinz P. Robinson ist es
"unglaublich, was da jetzt passiert".