Wer den "Megadenzel" in Wien-Erdberg besucht, sieht auf dem
Freigelände zahlreiche kleine Stadtflitzer: Es handelt sich um
Elektroautos des norwegischen Herstellers Think -erste Vorboten der
Elektroautowelle, die heuer voll losbrechen soll.
Der Mitsubishi
i-MiEV ist bereits erhältlich, die Schwestermodelle von Peugeot und
Citroën starten dieser Tage. Bei Renault, Nissan und einigen weiteren
Herstellern ist der Markteintritt ebenfalls nur mehr eine Frage von
Monaten.
Doch wie reagiert der Konsument? Bisher so gut wie gar nicht, meinen
jene 150 Entscheidungsträger, die wir für die aktuelle Ausgabe
unseres Branchenbarometers befragt haben. Ein Drittel von ihnen wurde
überhaupt noch nie, mehr als die Hälfte nur selten nach Elektroautos
gefragt.
Skeptische Kleinbetriebe
Knapp ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass ihr Unternehmen
auch im Jahr 2015 kein einziges Elektroauto verkaufen wird. 54
Prozent rechnen mit einem minimalen Absatzanteil von weniger als 5
Prozent. Dabei ist eines auffällig: Kleine Betriebe, die derzeit
weniger als 60 Autos pro Jahr vermarkten, beurteilen die Marktchancen
der Elektromobilität viel skeptischer als die größeren Händler.
Kopf im Sand?
Dass Leasingfirmen, Stromversorger und andere Dienstleister den
Autohäusern das Geschäft mit der Elektromobilität wegschnappen,
fürchtet nur knapp ein Viertel der Befragten. Die Entwicklung des
Servicegeschäfts, das laut vielen Experten parallel zur Verbreitung
der Elektrofahrzeuge signifikant zurückgehen wird, wird dagegen
überraschend positiv eingeschätzt:Nur ein Drittel der Betriebe
erwartet einen Rückgang, 5 Prozent rechnen gar mit einer Steigerung.
Steckt die Branche diesbezüglich den Kopf in den Sand?
Interesse an den CO2-Emissionen
Wenn es um andere alternative Antriebsformen geht, fällt das Urteil
der Autohändler eindeutig aus: 93 Prozent werden selten oder nie nach
Erdgas, Flüssiggas, Pflanzenöl, Ethanol&Co gefragt. Die
CO2-Emissionen haben sich dagegen zu einem durchaus relevanten
Kaufkriterium entwickelt: Nur ein Fünftel der Befragten wurde bisher
noch nie mit diesbezüglichen Fragen konfrontiert.
Große Worte, keine Taten
Eines macht dieses Stimmungsbild deutlich: Der Autohandel steht der
E-Mobilität bei Weitem nicht so optimistisch gegenüber wie manche
Medien. Am enthusiastischsten sind aber die Politiker:
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner spricht beispielsweise von
200.000 Elektroautos im Jahr 2020. Bezeichnend ist, dass er und seine
Ministerkollegen diesen vollmundigen Ankündigungen keine Taten in
Form konkreter Kaufanreize folgen lassen.
Niklas Haupt, Partner von puls Marktforschung
Selbst wenn der aktuelle Winter ernste Zweifel am Klimawandel
aufkommen lassen könnte: Das Thema Schadstoffe, Emissionen und
Energieressourcen wird die Autofahrer in den nächsten Jahren
zunehmend beschäftigen. Gleichzeitig stellt sich die Industrie diesen
Mobilitätsherausforderungen. Die Weichen werden aktuell in Richtung
Elektromobilität gestellt. Beispielsweise soll lautder deutschen
Bundesregierung bis zum Jahr 2020 bereits eine Million Elektromobile
auf deutschen Straßen fahren.
Der Handel muss sich auf zunehmende Fragen seiner Kunden zu den
Themen "Emissionswerte" oder "Antriebsformen" einstellen. Wer hier
frühzeitig fit ist und seine Verkaufsmannschaft darauf einstellt, hat
ein klares Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb - wenn schon nicht
heute, wird sich das zweifellos morgen und übermorgen bezahlt machen.
Michael Freund,Österreich-Manager von AutoScout24
Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass die CO2-Emissionen einmal
eine wichtige Rolle im Verkaufsgespräch spielen werden? Mittlerweile
zeichnet sich ein deutlicher Trend in diese Richtung ab.
Die Elektromobilität spielt dagegen eine noch viel geringere Rolle,
als uns manche Medien glauben machen. Für das Gebrauchtwagengeschäft
ist das zweifellos von Vorteil: Niemand muss fürchten, dass ein drei
oder vier Jahre altes Auto aufgrund der Begeisterung für "Stromer"
keinen Käufer mehr findet. Mit unserereuropaweiten Präsenz führen
wir Verkäufer und Interessenten grenzüberschreitend zueinander: Ein
Alleinstellungsmerkmal, das übrigens dann besonders hilfreich ist,
wenn sektorale Fahrverbote oder andere Umweltauflagen in gewissen
Regionen das Nachfrageverhalten massiv beeinflussen.