Rund 80 Prozent ihrer Umsätze - umgerechnet 12,38 Milliarden Euro, davon knapp 6 Milliarden Euro in Europa - macht die Automotivsparte von Johnson Controls mit Sitzsystemen. Zirka 35 Prozent Marktanteil ("in China noch mehr") habe der Konzern weltweit, sagt Dr. Detlef Jürss, als Vice President Product Development, Sales&Innovation auch für den Vertrieb von Metallkomponenten zuständig. "Die Einkaufsentscheidung für die Metallstruktur wird ein Jahr vor der für den Komplettsitz getroffen", betont Jürss die strategische Bedeutung. Johnson Controls gehe nach der Übernahme des französischen Stoffherstellers Michel Thierry mit derbeschlossenen Akquisition und vertikalen Integration des Sitzstrukturspezialisten CRH/C. Rob. Hammerstein, der hochwertige Längsversteller hat, auch in Richtung Premiumhersteller. Die beliefert nicht zuletzt das österreichische Schaumwerk Mandling, das als Kompetenzzentrum für hochwertige Schäume, die sich in Porsche oder Audi finden, fungiert.

Das gesamte Portfolio bedienen

Johnson Controls ist unter anderem Just-in-time-Sitzlieferant bei Magna in Graz, aber auch für Tata Nano und für chinesische Autohersteller. "Man muss das gesamte Portfolio bedienen", sagt Jürss überzeugt: Es gehe darum, in allen Geschäftsbereichen konkurrenzfähig zu sein - nicht zuletzt, weil die Autohersteller für den Gesamtsitz unterschiedliche Zulieferer beschäftigen oder sogarbestimmte Firmen vorschreiben. In der Europazentrale von Johnson Controls Automotive Experience in Burscheid laufen nicht nur alle Fäden zusammen. Hier entwickelt der Konzern für praktisch alle Hersteller die neuen Produkte. Dazu gehört, basierend auf Erkenntnissen von Unfallforschern und Biomechanikern, die Vermeidung von Unfallfolgen bereits mit der Konstruktion der Sitzstruktur.

riACT fährt die Komfort-Kopfstütze aus

Die aktive Kopfstütze riACT ist ein typisches Beispiel dafür, dass Komfortanspruch Aufwand und Forschung erfordert: Sie fährt die Kopfstütze vor und stellt mittels Mechanik in der Rückenlehne, genauer im Hüftbereich, sicher, dass beim Heckaufprall kein Raum zwischen Kopf und Kopfstütze bleibt, um die Wirbelsäule zu überdehnen. Dies ließe sich sonst nur durch eine unbequeme, eng anliegende starre Kopfstütze erreichen, die den Kopf nach vorn beugt: Auf diese sollen Autofahrer in den USA reagiert haben, indem sie die Kopfstützen ausbauten und "verkehrt" wieder einsetzten.

Auf die harte Tour

In Burscheid testet Johnson Controls seine Erzeugnisse nicht nur auf Qualitäts-und Gesetzeskonformität. Armaturentafeln oder Airbags (da wird rund 16 Mal am Tag "geschossen") werden mit Gewalt auf die Probe gestellt. Mit den beiden Schlittenanlagen sind Crash-Simulationen -sowohl Front-als auch Seiten-wie Heckaufprall - möglich. Die neue, als "rear-impact-Anlage" bezeichnet, wird bei bis zu fünf Heck-Crashs pro Tag herangezogen. Bisher mussten die 1.600 Versuche pro Jahr auf einer Anlage im Zweischichtbetrieb gefahren werden. Nun sollen die Versuche aufgeteilt und nur noch am Tag gecrasht werden.