Castrol hat eine Initiative gestartet, um der Kfz-Branche neue
Geschäftsmöglichkeiten nahezubringen. In diesem Rahmen diskutieren
die Geschäftsführer Peter Spatzierer (Castrol) und Gerhard Lustig
(A&W Verlag)über eine Nische, die die Obsoleszenz der Produkte
eröffnet.
Es gehört zu den erprobten Methoden der Industrieproduktion, für
künstlichen Verschleiß zu sorgen, um den Bedarf nicht durch
langlebige oder dauerhaft haltbare Produkte zu beeinträchtigen. Im
Alltag begegnet man dem Phänomen laufend: Die Glühbirne brennt durch,
der Laserdrucker gibt den Geist auf oder das Getriebe eines Autos
geht bereits fünf Jahre nach der Erstanmeldung kaputt.
Kartell für kürzere Haltedauer
In Kalifornien hängt in einer Feuerwache die älteste Glühbirne der
Welt. Sie brennt seit dem Jahr 1901, hat zwei Webcams überlebt und
stammt aus der Zeit, als das einschlägige Kartell noch nicht dafür
gesorgt hat, dass keine Lampe mehr als 1.000 Betriebsstunden hält.
Mittlerweile sorgt auch die Erscheinung des "moralischen
Verschleißes" dafür, dass die Wegwerfgesellschaft ihren Namen
verdient. Die fortlaufende modische Neuinszenierung nicht nur von
Kleidung, sondern Produkten aller Art bewirkt, dass der Konsum
angekurbelt wird, obwohl ständig von Nachhaltigkeit die Rede ist und
Rohstoffkrisen an die Wand gemalt werden.
Teiletausch statt Reparatur
Ein kritischer Blick auf die Automobilwirtschaftüberzeugt davon,
dass Obsoleszenz auch in dieser Branche massiv gelandet ist. Am
deutlichsten wird das am zunehmenden Einsatz von Elektrik und
Elektronik der in den Fahrzeugen verbauten Systeme. Mechanische Teile
werden durch elektronische Komponenten ersetzt. Die früheren
Reparaturbetriebe, die die Hauptarbeitszeit für
Instandsetzungsarbeiten aufgewendet haben, haben sich zu
Teiletauschstationen gewandelt, in denen am meisten Zeit für die
Diagnose verbraucht wird, um anschließend Alt- durch Neuteile zu
ersetzen.
Das entspricht demüblichen Bild der Marktwirtschaft, das vorsieht,
dass die Wirtschaft ständig wächst und jedes Autohaus jedes Jahr mehr
Fahrzeuge verkauft. Angeblich verkauft am meisten Autos der
Hersteller, der aus Sicht der Kunden den höchsten Kundennutzen (z. B.
optimales Preis-Leistungs-Verhältnis) bietet.Angesichts der
krisenhaften Entwicklung - insbesondere in Europa bei massiv
rückläufigen Masseneinkommen - fragt man sich langsam, aber sicher,
worin dieses Optimum beim Kundennutzen besteht. In der Praxis zeigt
sich, dass es zu einer immer stärkeren Fragmentierung des Marktes
kommt. Während einerseits die steigende Zahl von Reichen und
Superreichen dem Markt für Luxus-und Oberklassemodellen zugute kommt,
gibt es andererseits immer mehr Menschen, die statt Neuwagen zu
kaufen, ihre Gebrauchten so lange wie möglich über die Runden zu
bringen
Statistisch erwiesen ist, dass die Behaltedauer von Pkws stark
zunimmt. Immer mehr Menschen bringen sich aus Vernunftgründen für
Nachhaltigkeit und gemeinsame Verantwortung für die Gesellschaft ein
und werfen den Wachstumszwang über Bord. Kurbelt die
Automobilwirtschaft den Markt weiter mit geplanter Obsoleszenz an,
wird sie am Ende gegen die Wand fahren. Castrol setzt längst nicht
mehr auf Menge, sondern die Zukunftsfähigkeit der Partner. Auf
lokaler Ebene sind Gegenmodelle im Entstehen: etwa die gekonnte
Reparatur von Elektronikteilen, die bisher - zu hohen Preisen - nur
getauscht werden. Um die Kundschaft in den Kfz-Werkstätten zu halten,
die über ältere Gebrauchtwagen mit elaborierter Elektronik verfügen,
werden Netzwerke erforderlich, die derartige Teile zu reparieren in
der Lage sind: ein Geschäftsmodell mit Zukunft! (LHO)
Obsoleszenz: Die geplante Obsoleszenz ist Teil einer
Produktstrategie. Im Herstellprozess werden bewusst Schwachstellen
eingebaut, Lösungen mit absehbarer Haltbarkeit oder Rohstoffe von
schlechter Qualität eingesetzt. Das Produkt wird schnell schad- oder
fehlerhaft, kann nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden.
Nächste Veranstaltung am 9. Mai um 18 Uhr in Villach