Ab 1. September wird daher der durchschnittliche österreichische Pkw mit mindestens 3 Klebern (§-57a-Pickerl, Vignette und Abgasplakette) an der Windschutzscheibe verziert sein. Das Bild kann durch ausländische Kleber ähnlicher Art weiter verschönert werden.

Irgendwo beschleicht einen das Gefühl, dass Politiker sämtlicher Couleurs im Auto das geeignete Objekt für ihre eingeschränkte Handlungsfreiheit entdeckt haben. Gehandelt wird ohne jegliche Sachkenntnis auf Basis von populistischen Motiven. Was soll mit der jetzigen Klebeaktion eigentlich erreicht werden? Warum wurde nicht auf die auch aus Umweltüberlegungen grün oder weiß gefärbten §-57a-Kleber (die den Vorteil einer Kontrolle des tatsächlichen Erhaltungszustandes haben) zurückgegriffen? Offensichtlich, weil der Umweltminister seiner lieben Amtskollegin im Verkehrsministerium zeigen will, dass er es noch besser kann. Oder möchte er ihr den schwarzen Peter der Umsetzung zuschieben.

Mit dem fünf verschiedenen Farben der Plaketten soll den Landeshauptleuten die Möglichkeit geboten werden, zeitlich und räumlich begrenzte Umweltbeeinflussungsmaßnahmen zu setzen, also zum Beispiel bestimmte Fahrzeuge aus sensiblen Zonen auszuschließen. Interessant ist, dass das Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) bereits von einer Klasse 6 spricht, aber die Verordnung mangels Verfügbarkeit solcher Fahrzeuge nur bis Klasse 5 einteilen kann.

Was die Sache besonders pikant macht, ist der Umstand, dass es die wunderschön definierten Euro-Klassen (gilt vor allem für Pkw) nur in der Theorie gibt. Die Zulassungspapiere weisen zwar die jeweilige EU-Richtlinie mit ihrer Veröffentlichungsnummer aus, aber keine Hinweise auf bestimmte Euro-Klassen. Wir sprechen hier von in Europa genehmigten Fahrzeugen, bei Fahrzeugenaus Übersee wird es überhaupt nur Rätselraten geben. Nicht einmal die Landesprüfstellen werden in der Lage sein, solche Fahrzeuge rasch zuzuordnen. Wie soll dann eine normale §-57a-Werkstätte solche Einteilungen vornehmen? Hier werden Gesetze ohne jegliche Kenntnis der Materie geschaffen, ausbaden und bezahlen können es andere. Ich weiß genau, wovon ich hier spreche, habe ich doch jahrelang im BMVIT im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen mit derartigen Zuordnungen zu tun gehabt.

Stellt sich schon eine prinzipielle Frage: Warum sollte man ein Auto mit einer Plakette der schlechteren Klassen kennzeichnen, wenn man es nach einem riesigen bürokratischen Aufwand für die Zuordnung im Falle eines Verbots nicht verwenden kann? Schon das IG-L gibt mit seinen Ausnahmen von zeitlichen und räumlichen Beschränkungen des Verkehrs eine klare Richtung vor. Selbst für wichtige Personengruppen wie Ärzte, Personenbeförderungsunternehmen oderim Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs sind für generelle Ausnahmen Fahrzeuge der Abgasstufe 5 erforderlich.

Wie es sich für einen Umweltminister mit landwirtschaftlichen Wurzeln gehört, sind neben Einsatzfahrzeugen und solchen im öffentlichen Interesse Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft ausgenommen. Bei hybrid-elektrischen Fahrzeugen muss eine Reichweite von mindestens 50 km gegeben sein, was ebenfalls in keiner einzigen Datenbank enthalten ist. Übrigens wird in der Verordnung eine "Abgasklassifizierungsdatenbank" beschrieben, ohne dass es eine solche auch nur im Ansatz geben würde. Auch in der Genehmigungsdatenbank sind Euro-Klassen nach Aussagen von Landesbeamten in der Regel nicht enthalten.

Die Kundmachung von Fahrbeschränkungen sollte in der Regel mit Verkehrszeichen erfolgen. Als einmaliges Novum soll bei unverhältnismäßig hohem Aufwand die Veröffentlichung im Landesgesetzblatt plus Internetseite des Landes genügen. Das kann ja lustig werden!

Bleibt die abschließende Frage, wer von den Landeshauptleuten als Erster in die Umweltgeschichte eingehen wird. Mein Tipp geht in Richtung Ballungsraum Linz, wo man mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage schon Vorarbeit geleistet hat.