Der indische Konzern Apollo greift mit technologischer Hilfe von
Vredestein nach den Sternen und will rasch zum Globalplayer
aufsteigen.
Onkar S. Kanwar, Chairman von Apollo Tyres Ltd. und von Artemis
Health Sciences und nächstens auch Investor von Energieprojekten in
Indien, hat große Pläne. Als Indiens Marktführer in der
Radialreifentechnologie stellte er innerhalb von 14 Monaten in
Chennai eine neue Fabrik auf die grüne Wiese, um die nahezu
explodierende Landesnachfrage zu befriedigen, aber auch der
Infiltration der globalen Marktriesen mit seiner Gegenstrategie,
deren Märkte in Europa und Asien zu bedienen, entgegen zu wirken.
Bridgestone, Michelin, Goodyear, Continental, Pirelli gieren nach
Indien und auch der inländische Anbieterblock verstärkt sich -auch
der Erstausrüstung wegen -rund um Chennai ("das indische Detroit")
mit entsprechenden Produktionsausweitungen. Zur raschen Erfüllung der
internationalen Qualitätsstandards hat Kanwar 2009 die
niederländische Vredestein erworben. Eine feine Fabrik inEnschede,
die 5,5 Millionen Reifen im Jahr produziert. Nach dem unmittelbar
geplanten Ausbau soll mit der Premiummarke Vredestein und dem
Schweizer Brand Maloya auf 6,5 Millionen Einheiten gesteigert werden.
Knowhow-Transfer Kanwar
verfolgt das Ziel, "auf oberem Level für die Erstausrüstung"
produzieren zu können. Entsprechende Gespräche mit nahezu allen
namhaften Automobilherstellern laufen darauf hinaus. Zur Realisierung
beitragen soll eine schlagkräftige Forschungs-und
Entwicklungsabteilung, die nach neuen Technologien und Materialien
sucht. Mit Peter Becker steht ein Reifenentwickler aus der legendären
Schule von Ex-Dunlop-Entwicklungsleiter Manfred Gerresheim in
Diensten der Inder, der neben Enschede und Baroda (Indien) in Chennai
entsprechende Strukturen schafft. Die enormen Entwicklungskosten für
Greentire, E-Mobilität usw. will Becker mit Simulationstechnik in den
Griff bekommen. "Das Unterscheidungsmerkmal neben der Qualität bleibt
die Forschung", erklärt Apollo-Vredestein-Europa-Chef Rob Oudshoorn,
der seine Vredestein-Breitreifen von Giugiaro gestalten lässt -ein
Sonderstellungsmerkmal der Extraklasse im Markt.
Wie sicher sich die Inder auf ihrem Weg zum Globalplayer sind, zeigte
ihr Auftritt mit der Marke Apollo in Europa auf der Reifenmesse in
Essen 2010, wo sie dem Wettbewerb die Schau stahlen. In vier Ländern
(NL, GB, D, I) läuft zurzeit die Bewährungsprobe im Handel.
Österreich kann ab 2011/2012 beliefert werden, verlautbart dazu
Globalmarketingchef Marc Luyten.
Immer einen Deut schneller
Nach dem raschen Ausbau der Produktionskapazitäten sollen später auch
Lkw-Reifen der Marke Apollo exportiert werden. Der in Südafrika
firmeneigene Brand Dunlop wird in Europa nicht angeboten, ebenso
wenig die Marke Kaizen. Anders könnte die Strategie mit der Lkw-Marke
Regal verlaufen, die Inder lassen jedoch die Antwort darauf noch
offen.
Eines fällt auf in der Geschäftspolitik von Apollo, sie laufen immer
um einen Deut schneller als der etablierte Mitbewerb. Dieses
Grundvertrauen in eigene Stärken deklariert Kanwar mit seiner
Vorliebe für Innovationen. Der Energiesektor soll sein drittes
Standbein werden.
Zunächst lässt er den vom heftigen Wettbewerb geprägten europäischen
Reifenmarkt nicht aus den Augen. Unter die Welt-Top-Ten der
Reifenhersteller aufzusteigen, ist im derzeitigen Hype der Märkte in
Indien, China, Brasilien erklärtes Ziel.Das lässt die Antwort auf die
Frage nach einem weiteren Produktionsstandort in Südosteuropa offen.
Im Gegensatz zu JK-Tyre und Konsorten hat Apollo mit Vredestein satt
seinen Fuß in der Tür. Der Export der Pkw-Reifen für den Ersatzbedarf
wird auch Europa umfassen. Wie schnell der Schritt erfolgen wird,
hängt vom Marktraum Asien ab, der zurzeit alle Kräfte bindet. Lässt
der Druck in Indien nach, dann werden auf den Pfaden von Apollo rasch
die Marken Regal, Kaizen etc.ihre Wege auch nach Europa finden: zu
wettbewerbsattraktiven Preisen, versteht sich!