Realszenario: Ein chinesisches TV-Team, ein Bus voller wissensdurstiger Senioren und eine Handvoll junger Instruktoren, die Better Place den Besuchern als "Religion" verkaufen. Dazu acht E-Laguna samt 300-Kilo-Batterie im Heck und kein Renault Fluence ZE weit und breit.

Ab 2011 sollen tausende Fluence ZE (!) vorwiegend in Israel und Dänemark zum Einsatz kommen, wobei zunächst Flottenbetreiber (Taxis) dafür begeistert werden sollen. Schaut man sich die Show an, existieren rasch 100 Wechselstationen in Israel, wohl in der Hoffnung, dass das niemand hinterfragt. Tatsächlich existiert in Tokio eine einzige "Battery-Switchstation", die täglich von drei Taxis frequentiert wird -und eine in Glilot zu Demonstrationszwecken. Es hat den Anschein, Agassis Show dient lediglich zur Befriedigung der Interessen seiner Risikokapitalgeber. Seine Apostel erzähl(t)en den Besuchern eine völlig andere Story über den Entwicklungsstand als zum Beispiel die für Fragen von AUTO&Wirtschaft speziell abgestellte Aya Achimeir.

Die Angabenüber Machbarkeit und Produktionszahlen mit Renault weisen erhebliche Differenzen auf. Option sollte nicht mit Bestellung verwechselt werden. Renault wartet immer noch auf den Großauftrag, bis 2016 "101.000" E-Fahrzeuge vom Typ Fluence für Better Place produzieren zu dürfen. Renault-Nissan-Präsident Carlos Ghosn ist dem Vernehmen nach auch schon beunruhigt. Auf der Pariser Motorshow war Agassis Wirken ihm kein besonderes Ausstellungsthema mehr wert.

Jedenfalls trägt die Vorgangsweise von Agassi wenig zur Verbesserung der Kundenwahrnehmung bei. Er hat zwar recht, dass die ökonomische und ökologische Notwendigkeit, E-Fahrzeuge und die erforderliche Infrastruktur einzusetzen, auf breiter Ebene verstanden und akzeptiert werden muss, aber seinen seit 2008 großspurig angekündigten Projekten fehlt bisher die Glaubwürdigkeit. Mit dem Model Bar Refaeli kann Agassi zwar medienwirksam Bilder vermarkten, mit diesem Ansatz das "Ende des Öls" nicht realisieren. Wechselstationen und Ladestationen außerhalb seines Testareals sind entgegen den Ankündigungen rar und in genügender Zahl nur im Werbespot, der nicht mitgefilmt werden darf, vorhanden.

Agassi bleibt dabei: Bis Ende 2011 sollen die ersten tausend Fluence ZE die Straßen Israels befahren. Gespeist mit Strom aus bis zu 15.000 Lithium-Ionen-Batterien via 100 Wechsel-und zigtausenden Ladestationen. Was konfus macht: Die Fahrzeuge bleiben im Besitz von Better Place, die gegenüber dem Kunden über ein Abo-Modell als Verkäufer von Mobilität auftreten. Dafür engagiert sich neuerdings auch General Electric (GE) mit seinem Kilometer-Abrechnungsmodell. Wie sie das machen, darüber hängt dichter Nebel, zumal ja der Gedanke mitschwingt, letztlich "mehr Kilometer" verkaufen zu wollen, als ökologisch sinnvoll ist. Eine gedankenverkehrte Welt ist das!

Die von GE bezeichnete "WattStation" soll zum Better-Place-Netzwerk kompatibel sein, sodass der Fahrer eines E-Autos problemlos von Ladepunkt zu Ladepunkt fahren kann. Wann das real der Fall sein wird, beantworten vielleicht die Chinesen, die sich in der Umsetzung von E-Mobilität kompromissloser verhalten. Und die ehrenwerten Besucher haben mit Agassis Segnungen ("Ich bin das Ende des Öls") einfach ihren Spaß. Die Show geht weiter.